Handwerk:Metzger unter Strom

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Die Verkaufstheke der Metzgerei muss gekühlt werden, die Fleisch- und Wurstwaren werden energieintensiv hergestellt. (Foto: Leonhard Simon)

Andreas Jais möchte auf seinem Betrieb in Luttenwang eine große PV-Anlage in Betrieb nehmen, um Geld zu sparen. Doch das Netz ist darauf noch nicht vorbereitet.

Von Erich C. Setzwein, Adelshofen

Es ist bei Versammlungen der Metzger-Innung im Landkreis eher selten, dass es hoch hergeht. Man hat sich unter den Handwerkern damit abgefunden, dass es immer weniger Betriebe gibt - aktuell sind es nur noch 14 -, dass sich Schulabsolventen nicht mehr für eine Berufsausbildung interessieren - momentan nur ein Lehrling - und dass sich das Konsumverhalten geändert hat. Doch die enorm gestiegenen Energiepreise seit dem vergangenen Jahr haben die Metzger schwer verärgert. Und so hatte ein Vertriebsmitarbeiter der Stadtwerke Fürstenfeldbruck einen schweren Stand, als er sich "in der Höhle der Löwen", wie Obermeister Bernhard Huber die Versammlung am Dienstag nannte, wagte, um Rede und Antwort zu stehen.

Innungsobermeister Bernhard Huber bereitet in seiner Metzgerei Hähnchenschenkel im Ofen zu. (Foto: Leonhard Simon)

Wer sich als treuer Privatkunde seines Energieversorgers die neuen Abschlagsrechnungen ansieht, wird schlucken, aber sich in sein Schicksal fügen. Bei Metzgern wie dem Luttenwanger Andreas Jais, der bislang 1500 bis 1700 Euro Stromkosten pro Monat hatte und nun 5000 bis 7000 Euro dafür bezahlen muss, entsteht so eine gewisse Existenzangst. Denn die Fleisch verarbeitende Industrie produziert mit deutlich billigerem Strom, und Handwerksbetriebe, das sagen sie zumindest bei der Metzger-Innung, könnten die Kosten nicht an die Kunden weiterreichen. Also entschloss sich Jais, die Produktion seines Stroms selbst zu übernehmen und ließ sich eine Photovoltaikanlage bauen. 100 Kilowattstunden in der Spitze (KW/p) soll die Anlage auf zwei Dächern in Luttenwang liefern, und damit möchte Jais auch zur Energiewende beitragen. Was ihn zusätzlich verärgert, ist die Haltung der Stadtwerke, die ihn nur die Hälfte des Stroms produzieren lassen wollen. Denn so viel, wie die Anlage von Jais liefern soll, passt gar nicht ins öffentliche Netz. Das müsste dafür ertüchtigt werden.

Pit Rottländer, Vertriebsprofi früher beim Stromkonzern Eon und nun bei den Brucker Stadtwerken, musste sich die Klagen von Jais und seinen Kollegen anhören. Eine emotionsgeladene Debatte, in der er einen schweren Stand hat, aber mit Fakten versucht, die Gesamtsituation zu erklären. Dass der Strompreis nicht zwischen Verbraucher und Stadtwerken individuell ausgehandelt werden könne, sondern an der Strombörse entstehe, dass die Energiekosten mittlerweile höher seien als die Steuern und Abgaben darauf und dass der Strompreis sich an der teuersten Erzeugungsart - in diesem Fall Gas - orientiere. Rottländer bestätigt, dass der gesamte Netzausbau hinterherhinke und dass es vorkomme, dass Photovoltaikanlagen mit einer gewissen Größe vom Netz genommen würden, wenn zu viel Strom produziert werde. Wie etwa am Pfingstwochenende, an dem Windkraftanlagen stillstehen mussten und PV-Anlagen abgeschaltet wurden, um das Netz zu stabilisieren.

Produktion von vier bis 13 Uhr

Die Innungsmetzger hören das alles, verstehen auch, was Rottländer ihnen erklärt, aber sie sind gefangen in ihrer Angst, "kaputt gemacht zu werden", wie es an einem Tisch heißt. "Die wollen uns zerstören", entfährt es Hermann Eberle in der hitzigen Debatte. "Die", das ist für sie die Ampelregierung, personifiziert im grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck. Die Deckelung des Energiepreises bringe ihm gar nichts, schimpft Andreas Jais, der im vergangenen Jahr die Geschäftsführung der Landmetzgerei in Luttenwang übernommen hat. Wenn in der Produktionszeit zwischen vier Uhr früh und 13 Uhr der große Cutter rotiert, der Raucherzeuger in Betrieb ist und die Kühlung läuft, dann summiert sich der Stromverbrauch nach seiner Berechnung auf 80 bis 100 Kilowatt pro Stunde. Diesen Spitzenwert möchte er, nachdem sein Strompreis 2022 auf 25 Cent pro Kilowattstunde gestiegen war, mit eigenem PV-Strom erreichen. Sein Gesamtjahresverbrauch im Betrieb liege bei 149 000 Kilowattstunden. Nach der Planung der PV-Anlage mit 99,68 Kilowatt/Peak-Spitzenleistung soll sie nun gebaut werden, auch wenn ihm die Stadtwerke mitgeteilt hätten, dass die Anlagenleistung auf 48,5 Kilowattstunden gedrosselt werde.

Die Stadtwerke Fürstenfeldbruck erklärten dazu auf Anfrage, dass die PV-Anlage von Andreas Jais vor der Genehmigung durch den Netzbetreiber installiert worden sei. "Im Fall Jais konnte nach Durchführung der netztechnischen Prüfung am vorhandenen Netzanschluss nur eine begrenzte Einspeiseleistung genehmigt werden, da der vorhandene Netzverknüpfungspunkt nicht in der Lage war, die Leistung einer knapp 100 KWp-Anlage aufzunehmen." Um die gewünschte Leistung einspeisen zu können, sei ein neuer Netzverknüpfungspunkt zur Verfügung gestellt worden. Die Leitung dafür solle er selbst legen, sagt Jais, die Kosten beliefen sich auf etwa 15 000 Euro. "Grund hierfür ist eine verursachergerechte Umlegung der Kosten, um die Netzentgelte nicht zusätzlich zu belasten, so die Stadtwerke, "ein Angebot wurde diesbezüglich von Herrn Jais nicht verlangt".

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