Nach Recherchen des Altbürgermeisters:Ein Stolperstein für Mammendorf

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Das Kriegerdenkmal an der Augsburger Straße in Mammendorf. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Am Kriegerdenkmal soll künftig eines Sinto gedacht werden, der in Auschwitz ums Leben kam, sowie eines Gefallenen des Deutsch-Französischen Krieges.

Von Manfred Amann, Mammendorf

Der Veteranen- und Kameradenverein Mammendorf feiert in Kürze seine Gründung vor 150 Jahren und möchte vorher am Kriegerdenkmal am Friedensweg in der Ortsmitte Veränderungen vornehmen lassen, um das Gedenken zu erweitern. Am Denkmal soll eine Platte angebracht werden, die an einen Gefallenen erinnert, der im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 sein Leben ließ. Und vor dem Denkmal wünscht sich der Festausschuss unter Leitung von Josef Blum, dass für einen Sinto, der in Mammendorf lebte und im Konzentrationslager Ausschwitz ums Leben kam, in den Plattenbelag ein Stolperstein eingelassen wird. Vom Gemeinderat wurde der Antrag einstimmig befürwortet und die Gemeindeverwaltung wurde beauftragt, entsprechende Steinmetzangebote einzuholen. An welcher Stelle die Gedenkplatte angebracht werden soll, soll ebenso der Volksfest- und Kulturausschuss festlegen wie den Platz für den Stolperstein.

Im Zuge der Vorbereitungen auf das Gründungsjubiläum war Altbürgermeister Johann Thurner bei Recherchen für eine Festschrift darauf gestoßen, dass im Krieg gegen Frankreich nur ein Soldat gefallen war. Nach intensiver Suche, wer der Tote gewesen sein könnte, fand er heraus, dass es Johann Baptist Seemüller war, der am 23. März 1843 zur Welt kam, in Mammendorf lebte und am 9. November 1870 im Krieg ums Leben kam. "Wir regen an, auf dem Kriegerdenkmal eine Platte mit Gravur anzubringen, die an diesen Gefallenen erinnert", heißt es im Antrag. Der Veteranen- und Kameradenverein Mammendorf sei 1873 gegründet worden, um zum Frieden zu mahnen und der Toten des Deutsch-Französischen Krieges zu gedenken. Daher sollte auf dem Kriegerdenkmal, auf dem die Gefallenen der beiden Weltkriege aufgelistet sind, auch an diesen Kriegstoten namentlich erinnert werden.

Thuner fand auch heraus, dass in der Zeit des Nationalsozialismus Josef Winter, der von Beruf Händler war und der Volksgruppe der Sinti angehörte, im KZ Auschwitz starb. Winter lebte seit März 1938 in Mammendorf, Hausnummer 127, und bei ihm wohnten Ehefrau Karolina, Geburtsname Christ, und sein Enkelsohn Josef Winter, der im Mai 1920 in Eggenfelden zur Welt gekommen war. Im März/April 1943 wurde Winter zusammen mit seinem Enkelsohn von München aus mit anderen Sinti und Roma nach Auschwitz ins KZ deportiert. Während Winter (der ältere), der im Mai 1866 in Bissingen als uneheliches Kind zur Welt gekommen war, am 7. Mai 1943 im KZ laut Sterbeurkunde an Altersschwäche starb, überlebte sein Enkel das KZ und kehrte am 20. November für kurze Zeit nach Mammendorf zurück, übersiedelte dann aber nach Niederbayern. Nach Ansicht des Festausschusses soll zum Gedenken an Winter ein Stolperstein verlegt werden, eine Form der Erinnerung, wie zum Beispiel in Schöngeising der jüdischen Malerin Johanna Oppenheimer gedacht wird, die im KZ Theresienstadt ums Leben kam.

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