Konzert:Akustische und visuelle Erleuchtung

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Bei der Aufführung im Stadtsaal werden Bach-Chor und Bach-Orchester raffiniert illuminiert

Von Klaus Mohr, Fürstenfeldbruck

Maria spielt als die Mutter Jesu im christlichen Glauben eine bedeutende Rolle. Im "Magnificat", dessen Text am Beginn des Lukas-Evangeliums steht, preist Maria Gott und wird dadurch zur Vorbeterin für alle Gläubigen. Eine große Zahl an Komponisten hat den Text des Magnificat vertont, darunter Johann Sebastian Bach und sein Sohn Carl Philipp Emanuel. Beide Werke brachten Bach-Chor und Bach-Orchester unter Leitung von Gerd Guglhör am Samstag im ausverkauften Stadtsaal zur Aufführung. Sie ergänzten das Programm um die erste Kantate aus dem Weihnachtsoratorium des Thomaskantors Bach. Die Werke waren insofern chronologisch angeordnet, als die beiden Kompositionen des Vaters vor der seines Sohnes erklangen. Vom inhaltlichen Geschehen war es die umgekehrte Reihenfolge, weil die Geburtsszene vor den Lobpreis der schwangeren Maria gesetzt war. Als Solisten waren Monika Mauch (Sopran), Ulrike Malotta (Alt), Michael Mogl (Tenor) und Sebastian Myrus (Bass) zu hören. An ausgewählten Stellen ergänzte eine simultane Lichtinstallation von Detlef Hartung und Georg Trenz die Aufführung.

Begegnung zweier Künste: Das Orchester unter Leitung von Gerd Guglhör trifft im Stadtsaalauf fliegende Leuchtschrift. (Foto: Günther Reger)

Bevor die vertrauten Klänge des Eingangschores aus dem Weihnachtsoratorium "Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage" erklangen, wechselte der Bühnenhintergrund auf blaue Farbe, das Licht im Saal und auf der Bühne wurde allmählich gelöscht. Nur die kleinen Lampen an den Noten der Musiker setzten Lichtpunkte. Dadurch entstand eine Stimmung, die an die Heilige Nacht erinnerte. Mit den ersten Tönen flogen Buchstaben wie Sterne über die Wände, die sich dann zu vertikalen Worten zusammenfanden, die aus dem Text stammten. Hier drängte sich die Assoziation auf, dass auch die Entstehung von Leben auf Keimzellen zurückgeht. Diese Wortlinien verschoben sich in unterschiedlicher Geschwindigkeit horizontal und überkreuzten sich. Der divergierende Grundschlag zwischen optischen Impulsen und Metrum der Musik führte zu Spannungen in der Wahrnehmung für das Publikum. Die Bewertung, ob der Gesamteindruck eine Verstärkung des Erlebnisses bewirkte oder eher störend im Hinblick auf die Musik war, dürfte sehr unterschiedlich ausfallen. Dass hier zwei Kunstrichtungen Schnittmengen hatten, aber doch eigenständig und nicht synchronisiert agierten, unterstrich die künstlerische Unabhängigkeit. Eine Steigerung erfuhr der Beginn im Schlussteil des Magnificats von Carl Philipp Emanuel Bach: Hier gab es horizontale Buchstaben- und Textbänder, die Amplituden nachzeichneten und als optische Reaktion auf die bewegte Melodie und die differenzierte Dynamik wahrgenommen werden konnten. Eine andere Art der Paraphrasierung prägte den Beginn beider Magnificat-Vertonungen: Hier wurde der Text im Halbkreis auf den roten Hintergrund als stehendes Bild projiziert.

Den prachtvollen Klanggestus des Weihnachtsoratoriums führte Gerd Guglhör direkt in das Magnificat weiter, indem er dessen Eingangschor nahtlos an die Kantate anschloss. Hier erwies sich die Sopranistin Monika Mauch als interpretatorischer Glücksfall: Ihre weiche, wunderschön timbrierte und mit einem ganz natürlichen Vibrato ausgestattete Stimme vermittelte mütterliche Geborgenheit, am schönsten vielleicht im "Quia respexit humilitatem" des ersten Magnificats. Hervorragend in ihrer technischen Bewältigung und überzeugend in der musikalischen Präsenz gelangen, sowohl im Bach-Chor als auch im Orchester, die Fugen in den beiden Magnificat-Vertonungen.

Die Solisten Michael Mogl und Ulrike Malotta. (Foto: Günther Reger)

Das Magnificat des Sohnes wirkte in seiner vibrierenden Kompaktheit des Klangs und den oft sehr raschen Tempi wie die Entfesselung barocker Strenge. Der stete Wechsel der Dynamik, die zu Bögen gerundeten Kantilenen und der homophone Satz entwickelten mitreißende Qualitäten für "Kenner und Liebhaber". Am Schluss gab es stürmischen Beifall, der mit dem Eingangschor aus dem zweiten Magnificat als Zugabe beantwortet wurde.

© SZ vom 10.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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