Fürstenfeldbruck:Auf verschlungenen Pfaden zur Zweisamkeit

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Wechseln gekonnt von gespieltem Temperament zu gespielter Verletzlichkeit und wieder zurück und lassen somit die Luft in der Neuen Bühne Bruck förmlich knistern: Kerstin Krefft und René Oltmanns. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Bei der Premiere der Komödie "Die Tür nebenan" in der Neuen Bühne Bruck gibt es viel Applaus für die Regisseurin und die beiden glänzenden Schauspieler.

Von Leonard Rosch, Fürstenfeldbruck

Eine Frau und ein Mann, grundverschieden, beide Single, sind Nachbarn auf derselben Etage im selben Haus. Sie Psychologin, fast immer gestresst, wortgewandt, schlagfertig, liest gerne Bücher und verlässt das Haus selten. Er vertreibt eine Joghurtmarke, ist in seiner Art unbekümmert, immer bester Stimmung und hört gerne mal laut Musik. Auf den ersten Blick würde man sagen: Unterschiedlicher können Menschen nicht sein.

Doch beim ersten Blick bleibt es nicht in "Die Tür nebenan". Das Theaterstück von Fabrice Roger-Lacan hat am Freitag an der Neuen Bühne Bruck Premiere gefeiert. Für Regisseurin Petra Wintersteller sowie Kerstin Krefft und René Oltmanns gab es viel Applaus.

Durch die Wohnsituation ist natürlich Konfliktpotenzial programmiert. Das lässt sie ihn auch zu Beginn des Stückes sofort spüren, als er die ganze Etage mit Bruckners siebter Symphonie beschallt. Sie hämmert gegen seine Tür und brüllt, ob er denn nicht wisse, dass Bruckner nach Wagner Hitlers Lieblingskomponist gewesen sei. Und somit das, was er da höre, Nazimusik sei. Er kann ihr nicht ganz folgen und erklärt peinlich berührt, dass es die Hintergrundmusik eines neuen Joghurt-Werbe-Spots werden solle. Natürlich flippt Sie nun erst recht aus.

Genau diese charakterlichen Gegensätze machen ja in der Regel solch eine Figurenkonstellation interessant und bieten reichlich Platz für Komik. Das gelingt dem Ensemble in der Premiere auch nahezu perfekt. Und wie sagt man so schön? Gegensätze ziehen sich an. Natürlich auch in Roger-Lacans Stück. Liebe entsteheht aus anfänglicher gegenseitiger Abneigung und täglichem Streit. Das wurde schon oft literarisch durchgekaut und wirkt auf den ersten Blick ein wenig plump. Doch die Inszenierung von Regisseurin Petra Wintersteller, das Schauspiel der großartigen Darsteller Kerstin Krefft und René Oltmanns und der Text an sich, der mit viel Witz und guten Dialogen gespickt ist, machen das Thema spannend und greifbar. Es fesselt das Publikum, wenn sich die beiden Figuren streiten, ihre Abscheu zum Ausdruck bringen, gleichsam aber zu sehen ist, dass sich diese beiden einsamen Menschen insgeheim nach Nähe sehnen und in gewisser Weise darum betteln, vom Gegenüber gesehen zu werden.

Gegensätze ziehen sich an? Wohl richtig. Bis es aber so weit ist, gilt es viele Hürden zu überwinden. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Liebe wird in "Die Tür nebenan" modern gedacht, und deswegen dürfen Dating-Apps nicht fehlen. Häufig werden diese als Motiv der Ablenkung eingesetzt und sollen dem Weg zur Liebe ein paar Wendungen mehr geben. Die beiden Figuren in Roger-Lacans Komödie suchen nach etwas Tiefgründigem und hoffen, dies im Internet zu finden. Die Zuschauer scheinen während der von Krefft und Oltmanns grandios vorgetragenen Dating-App-Monologen zu merken, dass die beiden keine tiefgründige Beziehung im Netz finden werden. Dafür jedoch möglicherweise in der Wohnung nebenan.

Petra Winterstellers Inszenierung setzt den Konflikt, der zwischen den beiden Figuren herrscht, perfekt in Szene. Dabei sind die im Bühnenbild optisch voneinander getrennten Wohnungen, die doch in irgendeiner Weise verbunden sind, genauso gut inszeniert wie der Flur des Mehrfamilienhauses, in dem das Stück wichtige Wendungen nimmt. Nachdem sich beide nachts unfreiwillig ausgesperrt haben, geht sie noch allein spazieren. Als dies erneut passiert, ist die Beziehung schon ein wenig weiter. Die Anziehung des jeweils anderen spürend, entscheiden sie sich endlich, sich gemeinsam den Gefühlen hinzugeben, die bis dahin nie wirklich kommuniziert wurden.

Die Umsetzung der Komödie ist Regisseurin Petra Wintersteller zu hundert Prozent gelungen. Die schauspielerische Leistung von Kerstin Krefft und Rene Oltmanns, die knapp zwei Stunden zu zweit mit einer umwerfenden Energie die Bühne bespielen, ist bemerkenswert. Die Schauspieler wechseln gekonnt von gespieltem Temperament zu gespielter Verletzlichkeit und wieder zurück und lassen somit die Luft in der Neuen Bühne Bruck förmlich knistern. Die gelungene Premiere macht Lust auf mehr.

"Die Tür nebenan", Neue Bühne Bruck, Regie von Petra Wintersteller. Nächste Vorstellungen: Freitag, 20. Oktober, und Samstag, 21. Oktober, jeweils 20 Uhr. Bis zum Freitag, 1. Dezember, immer an den Wochenenden. Karten unter www.buehne-bruck.de reservierbar.

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