Kommunalwahl in Fürstenfeldbruck:Eine Chance für den politischen Nachwuchs

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Über alle Parteien hinweg engagieren sich junge Menschen für ihre Heimat. Einige von ihnen zieht es deshalb in die Stadt- und Gemeinderäte. Und mancher will sogar gleich Bürgermeister werden

Von Florian J. Haamann

Braune getäfelte Holzwand, auf der in großen grauen Buchstaben "Stadt Germering" prangt, dazu das bunte Logo. Davor ein runder weißer Tisch, an dem bei den Stadtratssitzungen der Oberbürgermeister und neben einigen CSU-Stadträten auch die Grünen sitzen. Genau hier möchte künftig auch David Kulbe Platz nehmen. "Wir haben in der zweiten Klasse das Rathaus besucht und waren auch im Sitzungssaal. Damals habe ich mir geschworen, dass ich hier auch einmal sitzen will", erzählt der 19-Jährige, der mit Listenplatz vier für die Grünen gute Chancen hat, nach dem 15. März dem Gremium anzugehören. Kulbe ist einer von zahlreichen jungen Menschen, die überall im Landkreis bei den Kommunalwahlen antreten, um zumindest für die nächsten Jahre die Geschicke ihrer Heimat mitzugestalten.

Einer, der diese Arbeit schon kennt, ist der 31-jährige Alexander Rasch, der seit 2014 für die Dorfgemeinschaft Hörbach-Althegnenberg im Gemeinderat sitzt und diesmal auf Listenplatz eins steht. Er findet, dass ausreichend junge Menschen auf den Listen stehen, sowohl im westlichen als auch im östlichen Landkreis. "Natürlich haben sie nicht die Oberhand", sagt er. Aber das Engagement sei erkennbar. "Eigentlich auf jeder Liste findet man mindestens drei, vier junge Leute. Aber erfahrungsgemäß wählen die Leute doch eher die erfahrenen Kandidaten nach vorne, die, die sie schon kennen." Deshalb fänden sich in den Gremien schließlich weniger junge Menschen, als es sein könnten.

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(Foto: Matthias Ferdinand Döring)

Einig sind sich die jungen Politiker in ihrer Motivation: Sie wollen ihre eigene Gemeinde mitgestalten. Alexander Rasch,...

...David Kulbe,...

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(Foto: Carmen Voxbrunner)

...Tina Jäger (links)...

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(Foto: Günther Reger)

...und Wolfgang Vogt (Mitte) kämpfen um politische Ämter.

Auch Tina Jäger, stellvertretende Kreisvorsitzende der Jusos, und Wolfgang Vogt, JU-Kreisvorsitzender, sehen den Nachwuchs gut in der Kommunalpolitik vertreten. Allerdings berichten beide auch von sinkenden Mitgliederzahlen. "Es werden zwar weniger, aber die, die zu uns kommen, sind dafür umso engagierter. Aber wir merken schon, dass die Parteipolitik immer weniger attraktiv wird, obwohl die jungen Menschen wieder politischer werden", sagt Jäger, die auf Platz zwei für die SPD in Fürstenfeldbruck kandidiert und auf Platz 36 der Kreistagsliste steht.

Der Schwerpunkt bei den Neumitgliedern der Jungen Union liege auf jeden Fall im östlichen Landkreis, erzählt Wolfgang Vogt, der für die CSU in Moorenweis und für den Kreistag antritt, auf den Plätzen acht und 21. Das liege aber auch daran, dass im Westen der Weg oft direkt in die CSU führe. "In meinen Augen ist im ländlicheren Bereich bei den jungen Menschen noch ein größeres Bewusstsein dafür da, dass man sich, wenn man etwas verändern will, in einer Partei einbringen muss", sagt der 24-Jährige. Deshalb sei dort das politische Engagement auch nachhaltiger. Das deckt sich mit Jägers Einschätzung, dass sich junge Menschen in städtischen Strukturen zwar politisch äußerten, etwa bei Demos, dann aber kein langfristiges Engagement suchten.

(Foto: oh)

Der 19-jährige Kulbe aus Germering ist da das Gegenteil. Er ist aktiv bei "Fridays for Future" engagiert, hat aus diesem Einsatz entschieden, einer Partei beizutreten. "Ich wollte eigentlich erst einmal nur eintreten und hatte noch gar nicht geplant, gleich groß aktiv zu werden. Aber als ich dann gefragt wurde, ob ich auf die Liste möchte, habe ich mir gedacht, das ist doch eine gute Gelegenheit", sagt er mit Blick auf seinen Kindheitswunsch. Aber auch er berichtet, dass von den jungen Leuten, die er bei "Fridays for Future" kennen gelernt habe, nur wenige den Weg in die Politik suchten. "Es ist schon eine Minderheit. Und da gibt es zwei Typen. Die einen, die sagen, sie wollen vor Ort aktiv sein, indem sie bei Veranstaltungen mitmachen; und die anderen, die sich gezwungen sehen, in die Politik zu gehen, wenn sie etwas ändern wollen."

Aber nicht nur auf den Stadt- und Gemeinderatslisten finden sich im Landkreis junge Bewerber. In Adelshofen tritt Robert Bals als jüngster Bürgermeisterkandidat an. Der Ingenieur ist gerade einmal 27 Jahre alt, bisher sitzt er noch nicht einmal im Gemeinderat. Und trotzdem wird er mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die Nachfolge von Amtsinhaber Michael Raith antreten, der aus Altersgründen nicht mehr antritt - denn Bals ist der einzige Kandidat. Für die Adelshofener ist er trotzdem kein Unbekannter. Bis vor kurzem war er Vorsitzender des Burschenvereins, ist in der Feuerwehr und im Fußballverein aktiv. "Dadurch bin ich eigentlich jedem ein Begriff und habe einen breiten Rückhalt", sagt Bals. Wahlkampf betreibt er trotzdem. "Ich möchte eine möglichst große Wahlbeteiligung erreichen." Außerdem kandidiert er für die Unabhängigen Bürgervereinigungen auf Platz sechs der Kreistagsliste.

"Ich bin schon immer an der Gestaltung der Gemeinde interessiert und würde mich als heimatverbunden beschreiben. Durch das Engagement in den Vereinen bin ich ja schon immer in die Kommunalpolitik mit eingebunden", sagt der 27-Jährige. Grundsätzlich sieht er im ländlichen Bereich ein größeres Engagement junger Menschen in der Politik. Durch die Mitgliedschaften und Aktivitäten in Vereinen und anderen Organisationen wachse man quasi natürlich in die Mitgestaltung der eigenen Kommune hinein. Ein politisches Amt ist da oft die logische Konsequenz. Dadurch, dass man auch immer wieder mit den anderen zusammenarbeite, sei außerdem der Zugang leichter. "Ich sehe bei der nachwachsenden Generation auf jeden Fall wieder einen positiveren Trend, nachdem es scheinbar eine Zeit lang eher ein Desinteresse an der Politik gegeben zu haben scheint."

Für sich selbst sei gerade der ideale Zeitpunkt, um in die Politik einzusteigen. Er sei noch ungebunden, habe keine Familie und sei auch nicht durch etwa durch einen Hausbau zeitlich belastet. "So kann ich viel meiner Zeit und meiner Energie für das Amt investieren. Zumal es ja ein ehrenamtlicher Bürgermeisterposten ist. Das ist schon eine Herausforderung. Mit Familie wäre das wahrscheinlich nur schwer zu leisten", sagt Bals, der in Fürstenfeldbruck als Entwicklungsingenieur bei Schleifring arbeitet. Bei einer Amtszeit als Bürgermeister will er es nicht belassen. "Ich finde schon, dass man so ein Amt längerfristig planen sollte. Mein Ziel ist es unter anderem, das Amt attraktiver zu gestalten, damit die Bürger beim nächsten Mal ein größeres Angebot haben".

Über ihre persönlichen Motive sich zu engagieren sind sich alle Kandidaten, mit denen man spricht, einig: der Wille, die eigene Gemeinde mitzugestalten. Und alle sehen sich vor allem in der Kommunalpolitik, die größere Bühne reizt sie (noch) nicht. "Ich bin in Fürstenfeldbruck geboren und aufgewachsen und war auch immer wie die meisten Jugendlichen, die lieber nach München fahren und sich beschweren, dass es hier so langweilig ist", erzählt Tina Jäger, aber ich war schon immer der Überzeugung, dass immer nur meckern nichts bringt und man einfach selbst was machen muss". Der JU-Vorsitzende Wolfgang Vogt sagt von sich selbst, dass er über den klassischen Weg in die Politik gefunden habe: Schülersprecher, Interesse an seiner Umwelt, mit 16 dann direkt Eintritt in die CSU in Moorenweis. "Ich bin dann gleich entsprechend gefördert worden, war 2014 auf Listenplatz zwei und mit 18 schon stellvertretender Ortsvorsitzender."

Ihr Alter, berichten die jungen Kandidaten übereinstimmend, sei zwar im Wahlkampf immer wieder ein Thema, meist aber eher positiv. "Natürlich ist das immer wieder ein Thema. Aber eher, weil die Menschen sich freuen, wenn sich junge Leute engagieren. Einige sagen, dass sie selbst in der Jugend zu wenig gemacht haben. Dieser Zuspruch motiviert mich zusätzlich", erzählt etwa der junge Grüne David Kulbe aus Germering.

© SZ vom 15.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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