Kindesmissbrauch:Mehr Geld für mehr Kindeswohl

Lesezeit: 1 min

Ein Mann hat in Moosach versucht, ein kleines Mädchen in sein Auto zu locken. (Foto: Thomas Imo/photothek.net/imago)

Eine Therapie könnte Männern helfen, bevor es zu sexuellem Missbrauch an Kindern kommt. Doch es gibt nur wenige Plätze.

Kommentar von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Für Außenstehende mag es paradox klingen, wenn nicht gar verstörend. Aber unter Psychologen und anderen Fachleuten ist das Phänomen der Wiederholung hinlänglich bekannt: Menschen neigen dazu, als Erwachsene Erlebnisse aus der Kindheit zu wiederholen - selbst wenn das, was die Person wieder erlebt, objektiv betrachtet eine schreckliche Erfahrung war. Es gibt dieses Phänomen nicht nur nur bei sexuellem Kindesmissbrauch. Auch Personen, die als Kinder Gewalt erfahren haben, weisen als Erwachsene häufig ebenfalls eine Tendenz zu aggressivem Verhalten auf. Experten zufolge reagieren Menschen unterschiedlich auf solche Erlebnisse: manche mit Vermeidung, andere mit Wiederholung.

Diese Neigung zur Wiederholung wohnt allen Menschen inne. Sie ist ein häufiger, meist unbewusster psychologischer Prozess. Und solange es um positive Erlebnisse geht, ist dieser Prozess auch schön und gut. Aber für negative Erfahrungen wie Gewalt oder gar sexuellen Kindesmissbrauch - und deren Wiederholung über Generationen - muss das Ziel all jener sein, die die Rahmenbedingungen dafür schaffen, die unselige Schleife negativer Erfahrungen zu durchbrechen.

Was es dazu braucht, sagt der Leiter des Münchner Informationszentrums für Männer, Andreas Schmiedel, ganz klar: mehr Geld. Damit könnten weitere Stellen und somit mehr Kapazitäten für Therapieplätze geschaffen werden. Die Nachfrage wäre da, die Wartelisten für die Angebote des MIM sind lang. Und das Geld wäre gut investiert. Eine wissenschaftliche Untersuchung des Angebots "Man(n) sprich-t", das das Thema sexualisierte Gewalt an Kindern bearbeitet, ergab eine Rückfallwahrscheinlichkeit von nur acht Prozent. Deshalb wäre es wünschenswert, dass möglichst alle Männer, die zu Tätern werden könnten, dort oder bei einer vergleichbaren Einrichtung einen Therapieplatz bekommen. Und zwar ohne lange Wartezeiten. Denn häufig gibt es eine gewisse Dynamik: Bevor es zu Gewalttaten kommt, konsumieren die Männer kinderpornografische Bilder und Filme. Es wäre also an der Zeit, die Rahmenbedingungen zu verbessern - zum Wohl der Kinder.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Sexualisierte Gewalt gegen Kinder
:"Aus der Familie kann sich ein Kind nicht alleine befreien"

Für eine Studie schildern Opfer sexualisierter Gewalt, wie das Missbrauchssystem funktionierte, wer die Täter und manchmal auch Täterinnen waren - und wer lieber wegschaute, anstatt zu helfen.

Von Henrike Roßbach

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: