Amtsgericht:"Ich schäme mich fürchterlich"

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Vor dem Amtsgericht Fürstenfeldbruck wird der Falal verhandelt. (Foto: Jana Islinger)

Weil er kinder- und jugendpornografische Inhalte auf einer Festplatte gespeichert hat, wird ein 78-jähriger Rentner zu einer Haftstrafe von sechs Monaten verurteilt. Die Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt.

Von Davide De Luca, Puchheim

Ein 78 Jahre alter Rentner aus Puchheim ist vom Amtsgericht Fürstenfeldbruck zu einer Haftstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Er hatte kinder- und jungendpornografische Bilder und Videos heruntergeladen und auf einer Festplatte gespeichert. "Es sind Inhalte, die eindeutig einen Kindesmissbrauch zeigen", beschrieb der Staatsanwalt die Szenen.

Auf den Angeklagten war die Staatsanwaltschaft München II aufmerksam geworden, weil er im Kommentarbereich einer Pornoseite auffällig geworden war. Unter einem Video, dass den Geschlechtsverkehr mit einer Kinderpuppe zeigte, soll er kommentiert haben: "Wenn sie doch nur echt wäre." Dies nahm die Staatsanwaltschaft zum Anlass, die Ermittlungen gegen ihn aufzunehmen und erwirkte einen Durchsuchungsbeschluss.

Der Angeklagte ist geständig

Ein Zeuge des Verfahrens, ein 40 Jahre alter Polizeibeamter aus Fürstenfeldbruck, schilderte, wie die Durchsuchung stattfand und welche Beweismittel sichergestellt wurden. Neben einem Handy und einem Laptop nahmen die Beamten auch die Festplatte des Angeklagten mit, auf der die pornografischen Inhalte später sichergestellt wurden. Ein Gutachter der digitalen Forensik konnte zudem bestätigen, dass die Kommentare auf der Pornowebsite dem Angeklagten zuzuordnen seien.

Der 78-jährige Puchheimer gestand die Tat und bestätigte, dass sowohl die Kommentare auf der einschlägigen Website von ihm stammten als auch, dass die Festplatte ihm gehöre und er die Inhalte heruntergeladen und gespeichert habe. Er bereue die Tat sehr. Durch seinen Verteidiger ließ er ausrichten, dass er sich in der Coronazeit schlicht einsam gefühlt habe. Zunächst habe er eine wohltuende Zweisamkeit mit seiner Frau verbringen können, aber mit der Zeit habe ihm die "Aufregung" gefehlt, weshalb er versuchte, sich diese im Internet zu holen. "Ich schäme mich fürchterlich", ergänzte der Angeklagte die Ausführungen seines Verteidigers. Zudem erklärte er, dass er solchen pornografischen Seiten nun den Rücken zugekehrt habe. Sein Bedarf sei gedeckt.

Auf der Festplatte finden sich auch mehr als 66000 Erwachsenen-Pornos

Die Staatsanwaltschaft forderte eine Haftstrafe von sieben Monaten. Zwar sei zugunsten des Angeklagten zu bedenken, dass die kinder- und jungenpornografischen Inhalte den geringeren Anteil auf der Festplatte ausmachten. 102 Fotos und Videos, die Kinder zeigen, sollen es insgesamt gewesen sein. Zum Vergleich: Auf der Festplatte hatten sich mehr als 66 000 Fotos oder Videos befunden, die zum überwiegenden Teil straffreie Erwachsenenpornos zeigen. Zudem sei der Angeklagte vorher nie strafrechtlich in Erscheinung getreten. Dennoch sei eine Haftstrafe angemessen.

Richter Martin Ramsauer verurteilte den Angeklagten schließlich zu einer Haftstrafe von sechs Monaten auf Bewährung und einer Strafzahlung von 3500 Euro an eine gemeinnützige Organisation. Er gab allerdings zu bedenken, dass für dieselbe Tat inzwischen ein höheres Strafmaß gelte, weil es diesbezüglich eine Gesetzesänderung gab. Aufgrund des Rückwirkungsverbots - eines juristischen Prinzips der Rechtssicherheit - ist der Angeklagte jedoch nach der Rechtslage zu verurteilen, die bestand, als er die Tat beging, in diesem Fall November 2020.

Das stellt die Rechtssicherheit sicher - Bürgerinnen und Bürger sollen darauf vertrauen können, welche ihrer Handlungen zum Zeitpunkt ihres Handelns vom Gesetzgeber unter Strafe gestellt sind und welche nicht. Eine therapeutische Nachsorge im Wege einer Auflage erteilte er dem Angeklagten nicht, da es nach Ansicht des Richters keine Hinweise auf eine Pädophilie gebe.

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