Absagen an die Eltern:204 Gröbenzeller Kinder sind ohne Betreuungsplatz

Lesezeit: 3 min

Verwaist: Der Raum wäre da, aber es fehlen Erzieherinnen und Kinderpfleger. Deshalb kann die Kinderkrippe "Regenbogen" der gemeinnützigen GmbH Fortschritt von September an nur noch zwei statt drei Gruppen mit je zwölf Betreuungsplätzen anbieten. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Es fehlen in der Gemeinde noch mehr Kita-Plätze als im vergangenen Jahr. Betroffen sind die privaten Träger. Grund: Es mangelt an Personal.

Von Ariane Lindenbach, Gröbenzell

Die Situation ist besorgniserregend: Es fehlen immer mehr Erzieherinnen und Kinderpfleger. Deshalb bleiben immer mehr Plätze in Kindertagesstätten unbesetzt. Um die Gröbenzeller Eltern frühzeitig über die zunehmenden Schwierigkeiten in Kenntnis zu setzen, hatte Bürgermeister Martin Schäfer Anfang März öffentlich gemacht, dass für die Betreuung von Kindern im Krippen- bis Grundschulalter von September an etliche Plätze nicht vergeben werden könnten. Ende Februar waren in den Gröbenzeller Einrichtungen 107 Plätze nicht belegt. Inzwischen steht fest: Im September werden es fast doppelt so viele sein.

Insgesamt hat die Gemeinde Absagen an die Eltern von 204 Kindern verschiedenen Alters verschickt. "Wir hatten viel mehr Anmeldungen als freie Plätze", erklärt Schäfer. Wie schon 2022 und auch in anderen Kommunen könnten mehr Kinder betreut werden, wenn es genug Personal gäbe. Das fehlt aber, weshalb man im Rathaus Absagen an die Eltern von 99 Krippen- und 71 Kindergartenkinder verschicken musste sowie 34 Kindern im Grundschulalter, die im kommenden Betreuungsjahr einen Hort oder die Mittagsbetreuung besuchen möchten.

In den gemeindlichen Einrichtungen sieht es besser aus

Betroffen sind aktuell offenbar nur private Träger. "In den Kinderbetreuungseinrichtungen der Gemeinde Gröbenzell fehlen, vom Krippen- über das Kindergarten- bis zum Grundschulalter, überhaupt keine Plätze", betont eine Sprecherin aus dem Rathaus. In den insgesamt sieben gemeindlichen Kitas (eine Krippe, drei Kindergärten, ein Hort, eine Mittagsbetreuung sowie eine Ferienbetreuung für Ganztagsklassen) arbeiten insgesamt 60 pädagogische Beschäftigte, dazu eine Fachkraft für Integrationskinder sowie vier Auszubildende. Wie Schäfer jüngst im Gemeinderat mitteilte, werden in diesem Jahr alle offenen Stellen im Bereich Kinderbetreuung besetzt werden.

Alle Nachrichten im Überblick
:SZ am Morgen & Abend Newsletter

Alles, was Sie heute wissen müssen: Die wichtigsten Nachrichten des Tages, zusammengefasst und eingeordnet von der SZ-Redaktion. Hier kostenlos anmelden.

Der deutsche Städtetag hatte bereits Ende 2021 auf das wachsende Problem hingewiesen. Laut Spiegel warnte der Verband, dass in wenigen Jahren 230 000 Erzieherinnen und Erzieher fehlen werden. Der Mangel zeigte sich im Vorjahr im Landkreis, wo unter anderem in Fürstenfeldbruck, Germering und Gröbenzell Eltern keinen Betreuungsplatz für ihr Kind bekamen. In Gröbenzell mussten damals 67 Plätze in Krippen und Kindergärten frei bleiben.

Die Zahlen schwanken stark

Diese Zahlen schwanken immer stark, was auch daran liegt, dass die Kinder an verschiedenen Tagen im Jahr geboren sind und die Eltern individuelle Wünsche beim zeitlichen Rahmen der Betreuung haben, wie Verena Fahrion von "Fortschritt" erläutert. Fahrion ist für die Pressearbeit bei der gemeinnützigen GmbH mit Sitz im Landkreis Starnberg verantwortlich, die im Raum Oberbayern 39 Kindertagesstätten betreibt; eine davon ist die Krippe "Blumengarten" in Gröbenzell in der Freilandstraße. Auch dort fehlen Fachkräfte. "Wir müssen ab September von drei auf zwei Gruppen runterfahren", dann werden zwölf Kinder weniger betreut. Sie spricht von "einem grundlegenden Problem, der Markt ist leer gefegt".

Die Gemeinden sind nach Fahrions Ansicht in dieser Situation die Leidtragenden. "Man schiebt den Kommunen einfach den schwarzen Peter zu", ist ihr Eindruck. Der Bund hat einen gesetzlichen Anspruch für eine Kinderbetreuung ab einem Jahr erlassen, der Freistaat stattet die Kommunen mit dem notwendigen Budget aus. "Und wenn dann keine Fachkräfte da sind, was macht dann die Gemeinde?" Der Personalmangel in diesem Bereich kann ihrer Meinung nach nur durch eine veränderte Wertschätzung solcher Tätigkeiten behoben werden. "Es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, dass der Beruf des Erziehers, der Erzieherin nicht so angesehen ist wie der der Automobilmanagers." Mit Sorge blickt die Pressesprecherin in die Zukunft. Denn von 2024 an haben Eltern von Grundschulkindern Anspruch auf eine Ganztagsbetreuung, die Nachfrage nach Menschen mit entsprechender Ausbildung wird also weiter steigen.

Die Tagesmutter ist "dauerbelegt"

Daniela Josch erlebt die Situation aus einer anderen Perspektive. Seit zehn Jahren betreut sie als Tagesmutter in Puchheim bis zu fünf Kinder im Alter von neun Monaten bis etwa drei Jahre, wenn sie in den Kindergarten wechseln. Anfangs hatte sie für ihr Angebot noch mit einem Tag der offenen Tür geworben, inzwischen hat sich die Situation komplett geändert. Über Empfehlungen und Mundpropaganda hat sie inzwischen wesentlich mehr Anfragen als sie freie Kapazitäten.

"Meine Plätze sind eigentlich dauerbelegt", erklärt sie. Und betont: "Die Warteliste ist lang." In der Vergangenheit hatte sie zum Beginn des neuen Kindergartenjahres im September neue Kinder aufnehmen können; in diesem Jahr hat sie darauf verzichtet. "Ich kann ja meine Familien nicht hängen lassen", solange die keine Zusage für den Kindergarten hätten, betreue sie die Kinder natürlich weiter. Den steigenden Bedarf an Betreuungsplätzen erlebt Josch über die Anfragen von Eltern: "Das ist schon mehr geworden, hauptsächlich aus Gröbenzell."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Kinderbetreuung
:Eltern verärgert über Kita-Absagen

Hunderte von Plätzen in Kindergärten und Krippen im Landkreis können nicht besetzt werden, weil es an Erzieherinnen fehlt. Mütter und Väter stehen deshalb vor Problemen, in ihren Beruf zurückzukehren.

Von Florian J. Haamann, Andreas Ostermeier und Stefan Salger

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: