Wahlkampf:Grüne wollen Bayern regieren

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Gut besetzt waren die Plätze im Gröbenzeller Lichtspielhaus. (Foto: Günther Reger)

Nach dem Film "Alle wollen geliebt werden" erklären die Kandidaten der Grünen in Gröbenzell, wie sie Familienpolitik sehen.

Von Konstantin Hadzi-Vukovic, Gröbenzell

"Bayern soll erstes gleichberechtigtes Bundesland werden." Dieses Ziel gibt Katharina Schulze, die Fraktionsvorsitzende der Grünen im bayerischen Landtag, in den Gröbenlichtspielen vor etwa 140 Menschen aus. Und das könnten nur die Grünen erreichen. Deswegen wollten die Grünen nach der Landtagswahl in Bayern am 8. Oktober endlich Regierungsverantwortung übernehmen.

Anlässlich des Weltfrauentages hatten die Grünen Gröbenzell ins Kino zum Film "Alle wollen geliebt werden" eingeladen. Eine anschließende Podiumsdiskussion bot Katharina Schulze die Gelegenheit, die Themen anzusprechen, die die Grünen anpacken wollen. Neben ihr waren die Direktkandidaten des Stimmkreises Fürstenfeldbruck-Ost für den Landtag und den Bzirkstag, Andreas Birzele und Christian Huber anwesend.

Ina ist für andere da, wird aber selbst nicht gesehen

Der Film von Katharina Woll zeigt einen Tag im schwierigen Leben der Psychotherapeutin Ina auf, die immer für andere da ist und sich verausgabt, bis sie selbst nicht mehr kann. Es sei Aufgabe der Politik Menschen vor so einem Burnout zu bewahren, sagt Schulze im Anschluss. Politik habe Rahmenbedingungen zu schaffen, um jede Familie zu unterstützen.

Ina, die Hauptfigur des Films, ist eine geschiedene Frau, die versucht, ihre Teenager-Tochter Elli zu erziehen und dabei nicht auf viel Hilfe ihres Exmannes oder ihres jetzigen Freundes Reto zählen kann. Letzterem wurde eine Professur in Tampere, Finnland angeboten. Jetzt möchte er dort hinziehen, und zwar mit Ina. Dass er sie nie gefragt hat, ob sie überhaupt mitkommen wolle, spielt keine Rolle. Schließlich ist da auch noch Inas manipulative Mutter Tamara, die sie nur herumkommandiert und zusätzlichen Stress verursacht. Die Psychotherapeutin, die gewohnt ist, nach dem Wohlbefinden anderer zu fragen, wird selbst nicht gesehen.

Drei Kandidaten und die örtlichen Grünen: Reinhard Jurk (von links), Christian Huber, Katharina Schulze, Andreas Birzele und Gabriele Walter. (Foto: Günther Reger)

"Es muss genug Therapieplätze und genug Kitaplätze geben", sagt Schulze sich auf den Film beziehend. Mangelnde Kitaplätze seien ein großes Thema, das den Grünen am Herzen liege. Dazu gibt es eine Frage aus dem Publikum. Eine Mutter von zwei Kindern beklagt, es gäbe zwar Räume für die Krippe oder den Hort, allerdings nicht genügend Personal. Dies stehe auch nicht in der Macht der Gemeinde. "Was kann man da machen?", fragt die Frau.

"Man muss in zwei Richtungen schauen", lautet die Antwort Christian Hubers. Erstens müsse man das Ansehen des Berufs Erzieher steigern. "Wir übergeben diesen Menschen unsere Kinder". Es könne nicht sein, dass Fachakademien für Erzieher voll seien, es aber später zu wenig Erzieherinnen und Erzieher gebe, weil viele aussteigen, sagt er.

Bessere Rahmenbedingungen seien notwendig, um die Menschen im System zu halten. Die Senkung der Kitagebühren auch für Gutverdiener ist laut Schulze ein Fehler gewesen. Es sei notwendig, das Geld in Qualität zu investieren. "Damit die Erzieher Zeit für Pädagogik haben und nicht noch kochen müssen", sagt sie. Das Geld solle zum Beispiel für mehr Küchenhilfen investiert werden. Zweitens solle man Leute nicht abschieben, die hier ihre Ausbildung machen wollen. "Es ist notwendig, ausländische Ausbildungen besser anzuerkennen", erklärt Schulze.

Mit Blick auf den Internationalen Frauentag sei es ein wichtiges Ziel der Grünen, eine fairere Frauenrepräsentanz durchzusetzen. Dass es nur fünf Frauen in Söders 18-köpfigem Kabinett gebe, sollte so nicht sein. Eine Frau aus dem Publikum stellt dann noch die Frage, wie die Grünen denn mehr Diversität in die Kommunalpolitik bringen möchten. Schulze antwortet, Ziel sei es, Frauen, aber auch junge Menschen und Menschen aus verschiedenen Berufen für Kommunalpolitik zu interessieren.

Katharina Schulze beantwortet die Fragen der Kinobesucher. (Foto: Günther Reger)

"Kinderbetreuungskosten sollten für Mitglieder eines Kommunalparlaments erstattet werden", fordert Schulze. Außerdem sollte es möglich sein, eine sechsmonatige Pause von den Gremiensitzungen zu nehmen. Dadurch würde es für junge Eltern möglich, sich nach der Geburt eines Kindes um den Nachwuchs zu kümmern, ohne aus dem Stadt-, Gemeinde- oder Kreisrat ausscheiden zu müssen.

Der Titel des Films "Alle wollen geliebt werden" spielt auch in der Diskussion eine Rolle. "Wollen nicht auch alle Politiker geliebt werden?", fragt eine Frau. Schulze reagiert darauf mit einem Zitat von Franz Josef Strauß, den sie laut eigener Aussage zum ersten Mal zitiere: "Everybody's darling is everybody's Depp." Obwohl sie ansonsten mit dem 1988 gestorbenen CSU-Politiker und Ministerpräsidenten keine gemeinsamen Ansatzpunkte habe und auch nie sein Poster über dem Bett hatte, sei sie in diesem Punkt mit ihm einer Meinung. "Politik sollte danach gehen, das Richtige zu tun, auch wenn es Gegenwind von der Gesellschaft haben kann", erklärt die Grünen-Politikerin. So wäre man jetzt unabhängiger von Autokraten, hätte man in den vergangenen zwanzig Jahren in Bayern mehr Windräder gebaut und Wasserkraftwerke nicht verkauft.

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