Kartoffeln von besonderer Qualität:Pommes frites und Chips aus Malching

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Willi Müller und der Azubi Markus Gschossmann prüfen, ob die Kartoffellegemaschine die Knollen einwandfrei ausgesetzt hat. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Der Romihof hat sich auf mehlige Kartoffeln spezialisiert, die in der Fritteuse landen. Der Anbau erfolgt mit High-Tech-Methoden und die Preise gibt die Börse vor

Von Peter Bierl, Malching

Gemächlich bewegt sich der Traktor mit 5,5 Kilometern pro Stunde auf seinen Bahnen, die Legemaschine hintendran zieht saubere Furchen. Das Gefährt wird per GPS von Satelliten gesteuert und könnte alleine fahren. Aber besser ist es, wenn Willi Müller im Führerstand sitzt, die sechs Displays laufend checkt und korrigiert. Er hält einen Hebel fest, der dafür sorgt, dass die Knollen richtig verlegt werden, exakt 36 Zentimeter in der Reihe und 18 Zentimeter tief.

Müller spricht von einer Berufung. Draußen in der Natur zu sein, bei Wind und Wetter den Jahreswechsel zu erleben, das gefällt ihm. Er musste nie im Stau stehen auf dem Weg zur Arbeit und hatte mehr von seinen Kindern als mancher im Büro oder der Fabrik, die zusammen am Mittagstisch saßen oder wenn sie im Traktor mitfuhren. Seit 45 Jahren ist er Landwirt, als Bub hat er Kartoffeln noch von Hand geklaubt, vor fünf Jahren hat er den Hof dem Sohn übergeben, arbeitet aber weiterhin mit.

Etwa 75 Prozent der Fläche, die sie bewirtschaften, sind gepachtet, schätzt Müller. Sie bauen Getreide, Raps, Zwiebeln an und Zuckerrüben, die direkt vom Maschinenring geerntet und in die Fabrik gefahren werden. Im Stall stehen 1300 Schweine. Der wichtigste Zweig ist aber der Kartoffelanbau. Die Aussaat dauert gut zwei Wochen, etwa 30 Tonnen Saatkartoffeln werden täglich vergraben, von sechs Uhr morgens bis abends um 22 Uhr, außer am Sonntag, "der ist heilig", sagt Müller. Da geht er zur Messe.

Seine Vorfahren bewirtschafteten den Romihof in Malching seit dem Dreißigjährigen Krieg. Damals war der Bauer vor allem Selbstversorger, der Überschüsse an den Grundherren ablieferte musste und allenfalls den Rest auf dem nächsten Markt verkaufte. Heute folgt Landwirtschaft den Gesetzen des Marktes, es gelten die sogenannten Economies of scale, wie es die Volkswirtschaftslehre nennt: Fixkosten je Gütereinheit sinken durch Arbeitsteilung, Spezialisierung und wachsende Betriebsgröße. Unter dem Druck der Konkurrenz müssen Ertrag und Qualität permanent gesteigert werden.

Deshalb werden auf dem Hof nicht irgendwelche Kartoffeln angebaut, sondern eine spezielle, sehr mehlige Sorte, die sich nur für die Herstellung von Pommes frites und Chips in höchster Qualität eignet, der Rest wird noch zu Kloßteig verarbeitet. Die Fritten müssen eine bestimmte Länge haben und dürfen nicht brechen. Kunden in Norddeutschland verlangen helle, fast weiße Pommes, in Bayern oder Italien dagegen müssen sie schön gelb sein. Hauptabnehmer ist eine holländische Firma in Donauwörth, 90 Prozent der Ernte werden dorthin gefahren. In der Fabrik dort werden pro Jahr 250 000 Tonnen Kartofflen verarbeitet. Ein kleiner Teil geht von Malching nach Italien in die Chipsproduktion.

Die Preise, die Kartoffelbauern erzielen, werden an den Börsen in Rotterdam und Leipzig festgelegt. Vergangenes Jahr im Frühjahr lag der Preis bei fünf Euro pro Doppelzentner, als Müller den Vorvertrag abschloss, der Sorte, Menge und Preis festlegt. Geliefert und gezahlt wird ein Jahr später. Als wegen der Trockenheit die Erträge in Belgien und Holland schrumpften schnellte der Preis im Sommer auf 25 Euro hoch. Um Schwankungen zu puffern, schließt der Hof nur Verträge über etwa zwei Drittel der Ernte ab. Einmal in fünfzehn Jahren hat die Reserve nicht gereicht und Müller musste dazu kaufen, um seine Lieferverpflichtung zu erfüllen, sonst wird der Rest frei verkauft. Alles in allem seien die Preise aber durchaus auskömmlich, mit zwölf bis dreizehn Euro pro Doppelzentner lasse sich rentabel wirtschaften.

Ein erfolgreicher Landwirt muss heutzutage ein guter Kaufmann sein und rechnen können. Ein großes Risiko ist die Liquidität. Denn zwischen Vertragsabschluss, Lieferung und Bezahlung vergeht fast ein Jahr, der Landwirt muss Geld vorschießen, um die Felder zu bewirtschaften. Auf dem Romihof sind das bis zu 5500 Euro pro Hektar. Allein der Traktor und die Legemaschine kosten so viel wie ein Einfamilienhaus.

Was ihn schmerzt, ist der Vorwurf, die Landwirte seien schuld am Artensterben, vergifteten Böden und Trinkwasser. Die Bauern wollten gewiss nicht die Natur zerstören, schon weil sie von ihr leben. Die Tiere seien früher schlechter behandelt worden, und die Analytik heutzutage ebenso weit entwickelt, dass selbst kleinste Mengen einer Substanz nachgewiesen werden können, sagt Müller. So was wie Ökolandbau hätten bis vor 80 Jahren ja praktisch alle Bauern gemacht, dafür müsse heute bei uns niemand mehr hungern, weil die Erträge hoch und die Ausfälle niedrig sind.

Dafür muss der Kartoffelbauer ein Herbizid gegen Unkraut und ein Fungizid gegen Krautfäule einsetzen, sagt Müller. Die Legemaschine lockert und pflügt nicht nur den Acker, vergräbt die Saatkartoffeln und formt über ihnen den Boden zu schnurgeraden Bifängen, sondern taucht jede Knolle in eine Beize, die präventiv vor jenem Pilz schützt, der in Irland in der Mitte des 19. Jahrhunderts eine Hungersnot auslöste, an der etwa eineinhalb Millionen Menschen starben. Von dieser Beize werden 60 Liter pro Hektar verbraucht, der Wirkstoff mache nur einen halben Liter aus. Das Saatgut muss jedes Jahr neu gekauft werden. Würde man geerntete Kartoffeln verwenden, würden sich schnell Missbildungen einstellen, weil diese Sorten "genetisch schnell abbauen". Müller hofft auf weitere Fortschritte, dass die Herbizide und Fungizide irgendwann aus natürlichen Substanzen hergestellt werden.

Zwischen Ende August und Oktober fährt der Bauer die Ernte ein, in der Größenordnung von 5000 Tonnen. Dann müssen sie am Romihof zwölf Aushilfen einstellen, sonst reicht die Arbeitskraft von Vater und Sohn, einem Mitarbeiter und drei Auszubildenden. Etwa sechs Wochen lang wird in zwei Schichten gearbeitet. Die Witterung ist entscheidend, fällt die Temperatur unter acht Grad werden die Knollen blaufleckig. Müller mag die Erntezeit. Am späten Abend nach getaner Arbeit zusammen noch ein Bier aufmachen, ein bisschen ratschen, dazu ein paar neue Kartoffeln in die Fritteuse werfen, um gleich zu testen, wie die Pommes schmecken.

Gleich nach der Ernte müssen die Kartoffeln eingelagert werden. Sie werden sortiert, Erdbrocken und faule Exemplare entfernt. Anfangs müssen sie bei 13 bis 14 Grad, dann bei konstant sieben Grad bis zum Frühjahr aufbewahrt und täglich muss Sauerstoff zugeführt werden. Das Klima überwacht zwar ein Computer in der Scheune, aber man müsse regelmäßig selber nachschauen und riechen, sagt Müller.

© SZ vom 18.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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