Corona:Impfpflicht fast ohne Nebenwirkungen

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Im Theresianum längst Routine: Die Ärztin Isabel Freytag impft im Oktober 2021 Pflegefachkraft Doris Keil. Heute liegt dort die Impfquote unter Mitarbeitern praktisch bei hundert Prozent. (Foto: Anita Beer/Theresianum)

Seit einer Woche gelten die strengen Regeln für Beschäftigte im Gesundheits- und Pflegebereich. Bislang deutet nichts auf den befürchteten Versorgungsengpass hin.

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Zu Beschäftigungsverboten ist es bislang nicht gekommen und damit trotz des weitverbreiteten Fachkräftemangels auch nicht zu weiteren Engpässen in der Pflege: Eine Woche nach Inkrafttreten der einrichtungsbezogenen Impfpflicht scheint im Landkreis alles überraschend "normal" zu verlaufen. "Praktisch alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind mittlerweile geimpft oder genesen", sagt Anita Beer, die Sprecherin des Pflegeheims Theresianum in Fürstenfeldbruck. Ähnlich äußert sich Susanne Uhl vom Pflegeheim Sankt Anton in Gröbenzell: "Ich bin froh, dass uns das eigentlich gar nicht mehr betrifft." Nur noch eine Mitarbeiterin ist nicht geimpft, wolle dies aber nach dem Auskurieren einer Erkältung nachholen.

Betroffen sind auch Mitarbeiter wie Köche, Putzkräfte, Ehrenamtliche, Praktikantinnen

Seit dem 16. März gilt für Gesundheits- und Pflegeberufe die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Betroffen sind auch Mitarbeiter wie Köche, Putzkräfte, Ehrenamtliche, Praktikantinnen oder Personen, die ihr freiwilliges soziales Jahr absolvieren. Die bayerische Staatsregierung hatte zunächst gezögert, die bundesweite Regelung umzusetzen. Denn es gab die Befürchtung, dass sich die Vorgaben kaum kontrollieren lassen und gerade im Pflege- und Krankenhausbereich die Versorgung nicht mehr gesichert sein könnte. Kritik ernteten Ministerpräsident Markus Söder und Gesundheitsminister Klaus Holetschek dann aber Anfang Februar wiederum wegen des Schlingerkurses. Dieses ständige "Hin und her" sei unzumutbar, sagte damals Susanne Brenner, die Leiterin des Evangelischen Pflegezentrums Eichenau. Sie und viele ihrer Kolleginnen waren zwar nicht begeistert über die einrichtungsbezogene Impfpflicht und hätten im Zweifelsfall eher die allgemeine Impfpflicht befürwortet. Wichtig sei aber vor allem, endlich Planungssicherheit zu bekommen.

Bis zum Freitag werden von den Einrichtungen insgesamt 199 Personen gemeldet

Die gibt es nun auch. Seit dem 16. März gelten die Bestimmungen auch in Bayern. Und das Gesundheitsamt, das sie vollziehen muss, hat zwar bisher keine personelle Verstärkung bekommen, wie es sich dies erhofft hatte, die Sache aber ganz offensichtlich im Griff. Wohl auch deshalb, weil die meisten Betroffenen ihre Skepsis der Impfung gegenüber überwunden haben: Seit Inkrafttreten der Impfpflicht wurden dem Gesundheitsamt in Fürstenfeldbruck bis zum Freitag von den Einrichtungen insgesamt 199 Personen gemeldet, die weder geimpft sind noch als genesen gelten oder sich aus medizinischen Gründen nicht immunisieren lassen können. "Nach der Meldung einer Person mit fehlendem Nachweis erfolgt zunächst eine Kontaktaufnahme mittels standardisiertem Anschreiben" erläutert Sabine Dösing, Sprecherin des Landratsamts. Legen betroffene Personen auch dann keinen gültigen Nachweis vor, wird ihnen eine Frist von vier Wochen gewährt und eine Impfberatung angeboten.

Es gibt durchaus einen Spielraum, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten

Nach Verstreichen der Frist wird ein Bußgeldverfahren eingeleitet, gefolgt von einem "Verfahren zur Anordnung eines Tätigkeits- und Betretungsverbots", in dessen Verlauf die Betroffenen und die Einrichtung angehört werden. Unter Berücksichtigung der Situation in der Einrichtung wird sodann eine Ermessensentscheidung getroffen. Es gibt also durchaus noch einen Spielraum, um die Versorgungssicherheit vor allem in Kliniken oder Heimen sicherzustellen.

Einsam kann es um den Menschen in einem Pflegeheim werden. (Foto: Carmen Voxbrunner)

So ist das auch im Pflegezentrum Eichenau. Elf Mitarbeiter, darunter eine Pflegefachkraft, musste Susanne Brenner melden. Einige davon werden sich nun wohl doch noch impfen lassen. Ein größerer Engpass in der Pflege droht jedenfalls nicht. Noch komfortabler ist die Lage in Fürstenfeldbruck und Gröbenzell. Der Druck durch die einrichtungsbezogene Impfpflicht habe durchaus etwas bewirkt, sagt die Befürworterin Anita Beer vom Theresianum. Ende Januar hatte es noch 14 Ungeimpfte gegeben. Vier infizierten sich, wollen sich nach den drei Monaten Genesenenstatus aber auch noch impfen lassen. Alle anderen ließen sich "in vielen intensiven Gesprächen" überzeugen - während viele der durchgängig immunisierten Bewohner bereits ihren vierten Piks erhalten. Etwa acht positive Fälle unter den Bewohnern gibt es. Erfahrungsgemäß verliefen die Erkrankungen aber mild - ein Beleg für die Wirksamkeit der Impfung. Susanne Uhl vom Haus Sankt Anton sieht das auch so. 2022 hatte es einen Ausbruch mit 20 infizierten Bewohnern und 35 Mitarbeitern gegeben. So etwas braucht sie gewiss nicht mehr. "Und das ist jetzt auch kein Thema mehr", sagt sie erleichtert.

41 Covid-Patienten im Klinikum

Die Corona-Pandemie ist längst noch nicht zu Ende. Das zeigt auch die zunehmende Belegung der beiden Corona-Stationen im Kreisklinikum. 41 Covid-Patienten werden dort stationär behandelt, auf eine Beatmung kann zurzeit verzichtet werden. Mit Covid-Befund verstorben ist seit Montag ein 86 Jahre alter Mann. Er ist damit das 217. Todesopfer im Landkreis. Über seinen Impfstatus ist nichts bekannt. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt laut RKI bei 2045,8. Bis zum Dienstag haben sich im Landkreis 56 173 Personen und damit 438 mehr als am Vortag infiziert.

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