Fürstenfeldbruck:Impfzentrum wird geschlossen

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Von Januar an sollen auch im Landkreis niedergelassene Ärzte und Apotheken die Immunisierung vollständig übernehmen. Einige Mediziner halten das für überstürzt.

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Nach zwei Jahren wird das Impfzentrum in Fürstenfeldbruck zum Jahreswechsel geschlossen - ebenso wie solche Einrichtungen in ganz Bayern. Einer der Gründe ist die ungewisse Fortführung der Co-Finanzierung durch den Bund, der den Ländern bislang die Hälfte der Kosten erstattet. Einspringen sollen nun niedergelassene Ärzte sowie Apotheken. Medizinern im Landkreis nehmen die Nachricht aus dem bayerischen Gesundheitsministerium mit gemischten Gefühlen auf. Denn gerade im Winter wird mit einer erneuten Coronawelle gerechnet und mit einer entsprechenden Nachfrage nach dem auf die Omikron-Variante zugeschnittenen Impfstoff.

Im Germeringer Seniorenheim Curanum hilft der ärztliche Leiter des Impfzentrums, Matthias Skrzypczak, in einem der mobilen Teams mit. (Foto: Leonhard Simon)

Das Impfzentrum im ehemaligen Aldi an der Industriestraße in Fürstenfeldbruck werde zum 1. Januar 2023 geschlossen, der Mietvertrag für das Gebäude laufe Mitte Januar aus, bestätigte das Landratsamt am Mittwoch. Die Behörde hatte den Betrieb vor einem Jahr vom Roten Kreuz übernommen. Auch für die mobilen Teams, die bis dato beispielswiese Pflegeheime besuchten oder zentrale Plätze in Städten und Gemeinden, ist dann Schluss. Pro Woche werden im Westen der Kreisstadt sowie von den Teams zurzeit insgesamt etwa tausend Spritzen verabreicht.

Man hätte sich mehr Zeit lassen sollen: Der Radiologe Andreas Forster ist Sprecher des ärztlichen Kreisverbands. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Ganz unvorbereitet trifft es das Impfzentrum nicht, mag der Termin bereits in gut zwei Monaten auch "etwas unglücklich" sein, wie der ärztliche Leiter des Impfzentrums Fürstenfeldbruck, Matthias Skrzypczak, mit Blick auf die immer noch hohe Inzidenz sagt. Der Anästhesist hätte eine Betriebsverlängerung zumindest übers erste Quartal des Jahres 2023 hinaus befürwortet. Zumal das Gesundheitswesen mit vollen Notaufnahmen und Arztpraxen gerade auch ohne Zusatzaufgaben an der Belastungsgrenze angekommen zu sein scheint. Ähnlich äußert sich der Sprecher des ärztlichen Kreisverbandes, der Radiologe Andreas Forster aus Fürstenfeldbruck. Impfen sei zwar "eine originär ärztliche Angelegenheit" und man könne und wolle sich darum kümmern. Vor allem Hausärzte, Hals-Nasen-Ohren-Ärzte und Kinderärzte werden sich wohl verstärkt engagieren. Aber Forster zufolge wäre eine Übernahme um Ostern herum oder im Sommer praktikabler gewesen.

Philip Kampmann, der ärztliche Leiter des Impfzentrums in München (links), im September 2021 bei einem Besuch des Ministerpräsidenten. (Foto: privat)

Anderer Meinung ist Allgemeinmediziner Philip Kampmann, der in Olching eine Praxis betreibt und zudem das Münchner Impfzentrum leitet. "Wir schaffen das", sagt er optimistisch. Ein Ausstieg zum Jahreswechsel sei auch nicht überstürzt. Für die schlimmste Zeit der Pandemie seien die Impfzentren die richtige Antwort gewesen - nie aber "als Lösung für immer" gedacht. Kampmann: "Die Niedergelassenen impfen doch heute schon fünf Mal so viel wie die Impfzentren, bei ihnen ist das Geld auch besser eingesetzt." Klar, auch als Familienvater sei er froh, wenn er künftig vielleicht mal wieder ein Wochenende frei habe und das Ende des "Volllast-Betriebs" absehbar ist. Aber auch aus fachlicher Sicht sei der Schritt gerechtfertigt.

Ärztesprecher Andreas Forster macht sich freilich auch wegen einer anderen Sache Sorgen: die stärkere Einbindung von Apotheken. "Ich war selbst zweimal im Impfzentrum. Und zweimal ist da jemand umgekippt. Es war zwar beides Male nichts Ernstes, aber trotzdem gut, dass Ärzte gleich in der Nähe waren."

Gesundheitsminister Klaus Holetschek sieht dennoch keinen akuten Bedarf mehr für die zentralen Einrichtungen. Gleichwohl bescheinigte er in der Kabinettssitzung am Dienstag diesen "wichtigen Säulen der Pandemiebekämpfung" gute Arbeit: Landesweit mehr als 14 Millionen Impfungen seit Öffnung der Zentren im Dezember 2020 seien "ein großer Erfolg". Holetschek streicht die ungebrochen hohe Wirksamkeit der Impfung gegen das Virus Sars-CoV-2 heraus. Er rät, im November und Dezember noch die Angebote der Impfzentren zu nutzen, um sich die für einen vollständigen Impfschutz mindestens erforderlichen drei Injektionen verabreichen zu lassen. Philip Kampmann unterstützt den Minister: Die Bedeutung der Impfung sei ungebrochen hoch, zumal es nun auch sehr wirkungsvolle Vakzine gegen Omikron gibt. Solange die bei den Ärzten weiterhin gut verfügbar sind, läuft Kampmann zufolge alles in eine gute Richtung. "Das Thema Corona wird uns schließlich auch noch lange begleiten."

Die insgesamt 80 Beschäftigten in Fürstenfeldbruck, darunter viele in Teilzeit, werden also wohl noch genug zu tun haben in den letzten beiden Monaten. Das Landratsamt will "abhängig von den individuellen Qualifikationen und derzeit offenen Stellen" prüfen, inwieweit die zumeist befristet Angestellten in der Kreisbehörde weiterbeschäftigt werden können. Viele hätten bereits "vorausschauend andere Beschäftigungsverhältnisse gesucht", so eine Sprecherin des Landratsamts. Skrzypczak glaubt nicht, dass sich die gut qualifizierten Mitarbeiter große Sorgen machen müssen. Zumindest das Ende der Ungewissheit und der "Hängepartie" begrüßt der Arzt.

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