Fürstenfeldbruck:Dreimal Leben gerettet

Lesezeit: 2 min

Mutig: Als Hüseyin Seher im Nachbarhaus ein Feuer entdeckt, läuft er hinüber und bringt die 16 Jahre alte Verursacherin aus der verrauchten Wohnung ins Freie. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Hüseyin Seher holt eine 16-Jährige in Germering aus einer brennenden Wohnung. Für den bescheidenen Fürstenfeldbrucker ist es nicht die erste Heldentat.

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Es war nicht das erste Mal, dass Hüseyin Seher einen Menschen vor einem Feuer gerettet hat. Als der 42-Jährige Anfang Dezember bei seinen Schwiegereltern in Germering ist, bemerkt er plötzlich eine Rauchsäule aus dem Nachbarhaus aufsteigen. Entschlossen macht sich der Fürstenfeldbrucker auf den Weg: "Ich bin sofort hingerannt". Zuvor habe er seine Verwandschaft noch gebeten, die Feuerwehr zu alarmieren. Seher klingelt an allen Türen, er will zum einen in das Haus rein und zum anderen die Leute warnen. "Feuer! Es brennt. Alle raus!", ruft er, als er in das Haus eilt, in die Gegensprechanlage. Im ersten Stock, wo der Rauch herkommt, klopft er an alle drei Türen. Eine wird von einer älteren Dame geöffnet; Seher weist sie an, das Haus zu verlassen. Die andere Tür macht ein junges Mädchen auf. "Sie war schwarz an den Händen", berichtet er, und noch dazu völlig geschockt.

Er bringt die 16-Jährige vor das Haus, in die Obhut der dort wartenden Anwohner. Seher selbst aber betritt das Gebäude erneut; er traut der Lage nicht so ganz und will sicher gehen, dass niemand mehr in der Wohnung ist. Die Teenagerin hatte recht, keiner ist mehr im ersten Stock in den Räumen, in denen dichter schwarzer Rauch wabert. Der Fürstenfeldbrucker entdeckt, dass das Feuer aus der Küche kommt. Er versucht, es zu löschen, aber von den Oberschränken fallen brennende Plastikteile herab. Also beschließt er, das Haus zu verlassen - allerdings nicht ohne vorher noch das Küchenfenster sowie alle Türen zu verschließen. Denn er weiß, dass sich das Feuer langsamer ausbreitet, je weniger Sauerstoff es bekommt.

Hüseyin Seher, der als Koch in München arbeitet und an jenem Freitagnachmittag noch zu seiner Spätschicht antreten muss, bemerkt erst dort in der Küche, dass er sich durch seine beherzte Rettungsaktion offenbar auch selbst einen gesundheitlichen Schaden zugezogen hat. Seine Frau holt ihn mit starken Halsschmerzen, Husten, Schwindelgefühlen und Kopfschmerzen von der Arbeit ab; zwei Tage ist er wegen Rauchgasvergiftung krank geschrieben. Wie die Fachleute ermitteln, war das Feuer in einer Bratpfanne auf dem Herd entstanden. Weil die 16-Jährige versuchte, die Flammen mit Wasser zu löschen, breiteten sich die Flammen noch schneller aus.

Für seine Hilfe wird Hüseyin Seher von der Germeringer Polizei ausgezeichnet. Inspektionsleiter Roland Nist ehrt ihn mit einer Belohnung des "Förderkreises Bürger und Polizei" und lobt seinen Einsatz als außergewöhnlich. "Ich kann nicht anders, ich muss helfen. Das habe ich so gelernt", betont der Fürstenfeldbrucker.

Allerdings ist er nicht zum ersten Mal bei einem Brand Ersthelfer vor Ort. Wie er kurz erzählt, rettete er vor etwa zehn Jahren bei einem Brand in Gräfelfing einen Nachbarsbuben aus dem Dachgeschoß. Und Ende der Neunzigerjahre, damals noch in seiner türkischen Heimat, habe er bei einem Wohnungsbrand geholfen, die Möbel vor den Flammen zu retten. Nur die Möbel, unterstreicht er. Doch dann fällt ihm noch ein: "Ich habe auch jemanden aus einem brennenden Auto gezogen." Aber genauer will er das gar nicht erzählen und wiegelt weitere Nachfragen bescheiden ab. Denn für den 42-Jährigen ist es selbstverständlich zu helfen, wenn andere Menschen in Not sind. Die Frage des Polizeichefs, ob er denn nicht vielleicht zur Feuerwehr gehen wolle, wehrt der Fürstenfeldbrucker dennoch mit einem charmanten Lächeln ab.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: