"Happy slapping" in Germering:Festnahahme im Unterricht

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Gewalt gegen Senioren in Germering: Drei 13-jährige Mittelschüler geben zu, alte Leute geschlagen, bespuckt und verhöhnt zu haben. Die Polizei wusste nur von zehn Fällen, die Buben geben weitere 20 zu. Sie hatten ihre Taten gefilmt.

Erich C. Setzwein

Sie waren immer zu dritt, und ihr Verhalten war mehr als dreist, wenn sie auf ältere Menschen einschlugen, sie bespuckten und verhöhnten. Das Trio filmte seine Übergriffe mit dem Handy. Lange blieben die Burschen unerkannt, doch die Polizeiinspektion Germering ermittelte schließlich drei 13-Jährige als Tatverdächtige. Am Mittwoch schnappte die Falle zu. Die Mittelschüler gestanden alle zehn bekannten Fälle und gaben sogar weitere 20 zu, von denen die Polizei noch nichts wusste. Das sei ihre Art der Freizeitbeschäftigung gewesen, gaben die Schüler zu Protokoll.

Dienstagvormittag, mitten im Unterricht an einer Mittelschule tauchen zwei Beamte der Germeringer Inspektion in Zivil in einer siebten Klasse auf. Sie nehmen drei jeweils 13 Jahre alte Schüler mit, weil sie sie für verdächtig halten. Schon zehn Mal, zuletzt vor wenigen Tagen, hatten Senioren Anzeige erstattet, weil sie von jungen Leuten angegriffen worden waren. Immer sollen es drei Buben gewesen sein, die Täterbeschreibungen ähnelten sich. Und so machten sich Beamte auf zu den "Tatorten", suchten nach Zeugen. In der Eisenbahnstraße, wo mehrere Menschen belästigt worden waren, wurden sie fündig. Die Beamten, unter ihnen einer, der speziell für Jugendliche zuständig ist, sprachen mit Passanten über die Täterbeschreibungen und erhielten bald ein klareres Bild. Als ihnen die Namen bekannt waren, folgte der zweite, spektakuläre Schritt: der Auftritt in der Schule.

Wir wissen aus Erfahrung, wie eine solche Aktion bei unserem jungen Klientel ankommt", sagt Andreas Ruch, Stellvertreter von Inspektionsleiter Klaus Frank. Die jungen Leute sollten erkennen, dass das Erscheinen der Polizisten in einer Schule den Sinn und Zweck habe: "Es ist Ernst." Den drei Schülern wurde dann der ganze polizeiliche Ablauf vorgeführt: Befragung und erkennungsdienstliche Behandlung - wie bei anderen Tatverdächtigen auch. "Wir wollen ihnen damit sagen, dass sie bei uns registriert sind und wir ein verschärftes Auge auf sie haben, wenn es ähnliche Fälle geben sollte", sagte Ruch zu der Abschreckungsmaßnahme. Die Schüler müssen auch derart beeindruckt von dem Procedere gewesen sein, dass sie nicht nur die ihnen vorgehaltenen zehn Taten zugaben, sondern auch alle anderen. Das Handy, auf denen sie die Übergriffe filmisch festhielten, nahm ihnen die Polizei als Beweismittel ab.

Happy slapping" heißt das im Jargon der Jugendlichen, wenn sie Gleichaltrige oder Jüngere schlagen, es aufzeichnen und dann beim Abspielen der Videos vor einem größeren Publikum das Opfer verhöhnen. Oft landen solche Filmchen auch im Internet, die drei Germeringer haben die Videos nach Erkenntnissen der Polizei nicht auf Youtube hochgeladen. Das Jugendamt Fürstenfeldbruck wird sich nun mit dem Germeringer Trio befassen - der normale Weg bei Kindern, die nicht strafmündig sind. Das Landratsamt bietet in solchen Fällen erst einmal Beratungsgespräche an, erläutert Pressesprecherin Pia Schmahl. Zunächst müssten die Ursachen für das Verhalten gefunden werden. Auch könne ein Sozialpädagoge die Eltern bei der Erziehung unterstützen. Die Angebote seien zwar nicht verpflichtend, würden aber gut angenommen, sagt Schmahl.

© SZ vom 05.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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