Kommentar:Ein Bauprojekt als Wegweiser

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Der Streit über die Bebauung des Kreuzlinger Felds darf sich nicht nur mit diesem Areal befassen. Es sollte über die Entwicklung ganz Germerings diskutiert werden.

Von Andreas Ostermeier

Große Bauprojekte bringen die Germeringer dazu, sich politisch zu engagieren. 2008 standen die Gestaltung der Innenstadt und ein Hotelturm zur Abstimmung, acht Jahre zuvor sollte über den Kleinen Stachus entschieden werden - das Ergebnis war wegen des nicht erreichten Quorums wertlos. Genügend Unterschriften für einen Bürgerentscheid konnten auch die Gegner des Briefzentrums sammeln, allerdings scheiterte ihr Antrag an formalen Fehlern. Nun geht es um das Kreuzlinger Feld und die für dort geplanten mehreren Hundert Wohnungen.

Dass Bauprojekte in einer 40000-Einwohner-Stadt so viele Menschen interessieren, erscheint auf den ersten Blick merkwürdig. Gerade Germering und Unterpfaffenhofen haben sich seit den Sechzigerjahren so stark verändert wie nur wenige Kommunen im Umkreis von München. Der Bau von Gebäuden ist an diesem Ort Alltag. Zudem fehlt der Stadt eine alte Mitte, um deren Bestand man fürchten könnte. Ist es also nicht egal, ob noch ein weiteres Baugebiet hinzukommt?

Ein solches Urteil aber greift zu kurz. Denn vielen Bewohnern ist es offensichtlich zu viel geworden. Sie wünschen sich, dass der Verkehr nicht weiter zunimmt und das Stadtgebiet nicht dichter bebaut wird. Deshalb konnten die Gegner des Briefzentrums und des geplanten Wohngebiets auf dem Kreuzlinger Feld auch jeweils weit mehr Unterschriften sammeln, als für den Antrag auf ein Bürgerbegehren notwendig waren.

Falsch ist es deswegen, hinter dem erfolgreichen Bürgerbegehren nur Anwohner zu sehen, die ihre eigenen Interessen vertreten. Die Ablehnung großer Bauprojekte ist in der Bevölkerung weiter verbreitet. Sie findet auch im Stadtrat ihren Ausdruck, denn die Vertreter von Grünen, SPD und ÖDP halten das Vorhaben ebenfalls für zu groß. Die politische Auseinandersetzung um das Kreuzlinger Feld sollte also keine Auseinandersetzung nur um das Kreuzlinger Feld sein. Der Bürgerentscheid bietet die Gelegenheit, breiter über die Zukunft von Germering zu diskutieren. Das Baugebiet am Westrand der Stadt wird nicht das letzte sein, und es geht um mehr als Wohnungen. Auf dem Kreuzlinger Feld sollen auch eine Schule und eine Kita entstehen, Einrichtungen also, die von Bedeutung für die ganze Stadt sind.

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