Fürstenfeldbruck:Einflüsterer bei der Führerscheinprüfung

Lesezeit: 2 min

Vor Gericht zeigt der 28-Jährige Reue und erzählt, dass er alles tun wolle, um keine Gefahr mehr für Kinder zu sein. (Foto: Jana Islinger)

Die Polizei ertappt zwei Männer, die ihre Smartphones im Theorietest unzulässig einsetzen. Nun muss sich auch ein 20 Jahre alter Fürstenfeldbrucker vor Gericht verantworten.

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Moderne Technologien eröffnen mitunter auch illegale Möglichkeiten. So sind im Frühjahr 2022 in Murnau bei einer theoretischen Fahrprüfung zwei Männer erwischt worden, die sich mittels Smartphone die korrekten Antworten auf ihre Mini-Kopfhörer übertragen ließen. Die Prüflinge wurden von der Polizei vernommen. Doch wer saß am anderen Ende der Smartphones? In einem Fall führt die Spur nach Fürstenfeldbruck. Über den mutmaßlichen Prüfungsbetrug wird derzeit vor einer Jugendrichterin am Amtsgericht Fürstenfeldbruck verhandelt.

Denn einer der Männer hatte damals der Polizei gesagt, dass ihm seine Familie bei der Prüfung geholfen habe. Zur Familie gehört neben den Eltern des 36-Jährigen auch ein Bruder, geboren 1983. Für den 20-Jährigen ist das Jugendgericht zuständig, Verhandlungsort ist im Unterschied zum Erwachsenenstrafrecht der Wohnort. Und so sitzt der 20-Jährige unlängst wegen mittelbarer Falschbeurkundung auf der Anklagebank.

Konkret wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor, seinen Bruder im April letzten Jahres bei der Führerscheinprüfung geholfen zu haben, indem er professionelle technische Hilfsmittel einsetzte. "Beide hatten in der Kleidung technisches Spionage-Gerät verbaut, um die Prüfungsbögen an ihre Helfer zu übermitteln", berichtete das Murnauer Tagblatt damals. Und dass die Mikro-Ohrhörer so klein waren, dass sie mit einer Pinzette entfernt werden mussten.

Der 20-Jährige und sein Verteidiger schweigen zu den Vorwürfen. Der erste Zeuge ist ein Tüv-Prüfer aus Murnau. Regelmäßig beaufsichtigt er die theoretischen Führerscheinprüfungen. "Alle elektronischen Hilfsmittel müssen ausgeschaltet sein", das werde vor Prüfungsbeginn gecheckt, betont er. Wie er erläutert, hege er "bei der Fahrschule schon länger einen Verdacht". Er berichtet, dass das Münchner Unternehmen regelmäßig seine Schüler zur Prüfung nach Murnau schicke und dass ihm an diesen Personen schon seit ein paar Monaten ein etwas merkwürdiges Verhalten aufgefallen sei.

Der Zeuge beschreibt charakteristische Bewegungen mit dem Fuß; nach seiner Interpretation können die Prüflinge mit ihren Zehen oder Füßen das am Oberschenkel festgemachte Smartphone bedienen. "Das merkt man schon", beteuert er. Eine Verkabelung habe er aber nie bemerkt, auch nicht die winzigen In-Ear-Kopfhörer.

"Das war ein Mini-Sender, den hat man fast nicht gesehen", bestätigt auch ein Polizeibeamter, der damals bei dem Einsatz in Murnau dabei war. Nach seiner Aussage hatte der Bruder des jetzigen Angeklagten nach der polizeilichen Belehrung erklärt, seine Familie - Vater, Mutter, Bruder - hätten ihm geholfen. Auf diese noch am Tatort erfolgte Aussage hin basiert nun die Anklage gegen den 20 Jahre alten Fürstenfeldbrucker. Denn wie der Polizeibeamte weiter berichtet, war eine spätere Vernehmung des aus dem arabischen Raum stammenden jungen Mannes durch die Polizei "nicht sehr erfolgreich. Er hat so getan, als würde er deutsch können, aber für die Vernehmung hätte man einen Dolmetscher gebraucht."

An diesem Punkt hakt der Verteidiger nach. Er weist darauf hin, dass die Eltern des Angeklagten Deutsch weder sprechen noch schreiben können und auch keine Fahrerlaubnis besitzen. Er bezweifelt, dass der Bruder des Angeklagten aufgrund seiner Herkunft, seines Hintergrundes sowie der gesamten aufregenden Situation die polizeiliche Belehrung überhaupt verstanden hat. Die Belehrung ist gesetzlich vorgeschrieben, andernfalls kann eine Aussage nicht vor Gericht verwendet werden. Die Vorsitzende Richterin Alexandra Marinelli vertagt die Verhandlung auf Anfang Juli. Dann soll die Familie des 20-Jährigen mit Hilfe eines Dolmetschers befragt werden.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ Plus200 Jahre Landkreis
:"Von kommunaler Selbstverwaltung war zu dieser Zeit keine Rede"

1823 entsteht das Landgericht Bruck als Anfang einer eigenen Verwaltung. Der Landrichter ist mächtiger als der Landrat heute, weil er auch für Justiz und Polizei zuständig ist.

Interview von Peter Bierl

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: