Gerda Hasselfeldt im SZ-Interview:"Manchmal ist Zuspitzung nötig"

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CSU-Landesgruppenchefin verteidigt ihr Papier zu Armutsflüchtlingen. Dieses brachte ihrer Partei harsche Kritik ein.

Von Gerhard Eisenkolb

Mehr als 170 Millionen Euro seien innerhalb eines Jahres allein an Hartz-IV-Leistungen an Rumänen und Bulgaren geflossen, sagt Gerda Hasselfeldt. (Foto: Johannes Simon)

Die CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt ist laut dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer die Urheberin der Debatte über Armutsflüchtlinge aus Rumänien und Bulgarien. Im SZ-Interview äußert sich die Fürstenfeldbrucker Wahlkreisabgeordnete zu ihrer Initiative und den kritischen Reaktionen auf ihr Papier, die auch aus den Reihen ihrer eigenen Partei kommen.

SZ: Frau Hasselfeldt, haben Sie wirklich das CSU-Papier zu den Armutsflüchtlingen aus Bulgarien und Rumänien und zum Missbrauch von Sozialleistungen verfasst?

Hasselfeldt: Ja. Aber es ist kein Papier zu Armutsflüchtlingen aus Rumänien und Bulgarien. Es ist ein Papier zur Situation der Kommunen. In dem vierseitigen Kommunalpapier wird auf 13 Zeilen etwas zur Armutsmigration gesagt. Diese Zeilen sind inhaltlich mit dem Text der Koalitionsvereinbarung identisch. Es gehört zudem zu meinen Aufgaben als Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, eine Tagung wie die in Kreuth vorzubereiten, bei der das Papier diskutiert und beschlossen wurde.

Eigentlich passt ein solcher Vorstoß nicht zu Ihnen. Sie sind doch eher eine unaufgeregte Politikerin und nicht als Scharfmacherin der CSU bekannt.

Mir war es wichtig, das rechtlich nicht leicht zu greifende Thema verständlich zu machen und eine notwendige politische Diskussion anzustoßen. Dafür ist manchmal Zuspitzung nötig.

Gelungen ist Ihnen das ja nicht. Sind Sie von den Reaktionen enttäuscht? Immerhin müssen Sie sich nun unter anderem als geistige Wegbereiterin des Brandanschlages auf das Flüchtlingsheim in Germering kritisieren lassen.

Jeder, der einen solchen Zusammenhang herstellt, handelt böswillig. Das ist an den Haaren herbeigezogen. Ich verurteile die Tat aufs Schärfste und hoffe, dass der oder die Täter schnell gefunden werden.

W äre bei diesem Thema nicht mehr Sensibilität gefragt? Schließlich zielt der Vorstoß in Richtung Stammtisch. In diese Richtung gehen ja auch die Vorwürfe, die CSU bediene wieder mal ausländerfeindliche Ressentiments.

Sensibilität ist bei dem Thema natürlich wichtig - gerade auch von den Berichterstattern und darüber hinaus Seriosität und Vollständigkeit. Uns ging es darum, Probleme, die von den Kommunen und den kommunalen Spitzenverbänden an uns herangetragen wurden, anzusprechen und zu lösen.

Aber das Unbehagen teilen doch nicht nur CSU-Gegner, sondern auch prominente CSU-Mitglieder. Beispielsweise der Münchner OB-Kandidat Josef Schmid.

Wir sind eine breite Volkspartei und diskutieren natürlich auch dieses Thema. Aber ich möchte noch einmal darauf hinweisen: Der Anstoß kam unter anderem auch vom amtierenden Münchner Oberbürgermeister Christian Ude.

Provoziert die CSU mit der Kampagne um Armutsflüchtlinge nicht doch nach alten Rezepten ganz bewusst, um im Europa- und Kommunalwahlkampf im rechten Lager Stimmen zu bekommen?

Ich verstehe meine politische Arbeit so, dass ich mich der Probleme annehme, die an mich herangetragen werden. Mit Provokation hat das nichts zu tun.

Ministerpräsident Horst Seehofer, hat bei der CSU in Fürstenfeldbruck eine Versachlichung der Debatte zu Ihrem Papier gefordert. Ist das jetzt noch möglich und wie soll das geschehen?

Erstens unterstützt der Parteivorsitzende das Papier und die Forderung voll. Zweites ist es der Text der Koalitionsvereinbarung. Drittens wird das Thema nun in einem Staatssekretärsausschuss von Fachleuten analysiert. Viertens sind Horst Seehofer und ich der Meinung, eine notwendige Debatte angestoßen zu haben. Wer diese richtige Debatte jetzt mit ungerechtfertigten Vorwürfen aufheizt, handelt verantwortungslos.

Ist der Missbrauch von Sozialleistungen durch Ausländer wirklich so groß, dass eine solche Debatte gerechtfertigt ist? Können Sie Zahlen nennen?

Es geht darum, Fehlentwicklungen zu vermeiden. Die Zahl der Rumänen und Bulgaren, die hier als Selbständige arbeiten und Hartz-IV-Leistungen erhalten, hat sich in den vergangenen zwei Jahren mehr als verdoppelt. Innerhalb eines Jahres sind vom September 2012 bis zum August 2013 nur an Rumänen und Bulgaren mehr als 170 Millionen Euro allein an Hartz-IV-Leistungen geflossen.

Die Formulierung - Wer betrügt, der fliegt - ist doch polemisch?

Das ist die Kurzfassung dessen, was im Koalitionsvertrag steht. Wir fordern: Wer sich Sozialleistungen unter der Vorspiegelung falscher Tatsachen erschleicht, muss ausgewiesen werden und mit einer befristeten Wiedereinreisesperre belegt werden.

© SZ vom 14.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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