Olympia-Attentat von 1972:Unfertiger Erinnerungsort

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Bislang gibt es nur einen Erinnerungsort vor dem Fliegerhorst, an dem alljährlich Gedenkveranstaltungen stattfinden. Dort können nach jüdischem Brauch Steine für die Toten in eine große Schale gelegt werden. Einen Gedenkort am Tower wird es in nächster Zeit nicht geben. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Auch 50 Jahre danach fehlt ein Gedenkort an das Olympia-Attentat und die Toten von Fürstenfeldbruck. Immerhin sollen die Homepage und eine Basis-App bis zum Jahrestag am 5. September fertig werden.

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Zur diesjährigen Gedenkveranstaltung an die Anschlag palästinensischer Terroristen auf die israelische Olympiamannschaft 1972 soll wenigstens der digitale Erinnerungsort des Landkreises Fürstenfeldbruck fertig werden, eine Homepage und zumindest eine Basis-App. Der reale Gedenkort am Tower des ehemaligen Fliegerhorstes wird noch einige Zeit auf sich warten lassen, zum Unmut mancher Kommunalpolitiker.

Am 5. September 1972 überfiel ein Terrorkommando in München die israelische Mannschaft. Die Täter ermordeten zwei Sportler in ihren Quartieren an der Conollystraße und nahmen neun Israelis als Geiseln. Sie verlangten, mit ihnen in einem Flugzeug ausgeflogen zu werden. Diese Maschine wurde auf dem Fliegerhorst Fürstenfeldbruck bereitgestellt. Bei einer misslungenen Befreiungsaktion der bayerischen Polizei dort kamen die israelischen Sportler und ein Polizist ums Leben.

An die schrecklichen Ereignisse wird in diesem Jahr in München und im Landkreis mit einer Reihe von Veranstaltungen gedacht. Der Landkreis wird zum 50. Jahrestag einen digitalen Erinnerungsort einrichten. Denn es ist bislang nicht gelungen, einen realen Ort am Tower des Fliegerhorstes zu schaffen - dort, wo das Massaker stattfand.

Die Gedenk-App wird erst nach der Veranstaltung zum Jahrestag fertig

Selbst die App wird erst nach der Gedenkveranstaltung im September vervollständigt, wie Silke Seitz, die Projektleiterin im Landratsamt, der SZ erklärte. Sie betonte, die Erstellung des digitalen Erinnerungsortes liege völlig im Zeitplan. An der interaktiven Webseite werde gerade gearbeitet und die Erstellung der App sowie die Darstellung in den sozialen Medien würden gerade ausgeschrieben. Aktuell gibt es lediglich ein Infoportal, das die Entwicklung des Projekts dokumentiert.

Zum Gedenken an das Attentat während der Olympischen Spiele 1972 gibt es eine Website als digitalen Erinnerungsort. (Foto: Screenshot)

Der Kulturausschuss des Kreistages hat dafür am Montag die Ideen für den digitalen Erinnerungsort zur Kenntnis genommen und erneut 30 000 Euro zur Verfügung gestellt. Dazu kommen 42 000 Euro für die Teilzeitstelle der Projektleiterin. Dabei machten mehrere Kreisräte deutlich, dass eine Homepage bei Weitem nicht ausreicht, wie Kulturreferentin Christina Claus (Grüne) betonte. Andreas Lohde (CSU) pochte darauf, dass das Gelände rund um den Tower im Eigentum des Bundes bleibt, um dort eine Gedenkstätte einzurichten. Klaus Wollenberg (FDP) bezeichnete das digitale Erinnern als "Zwischenlösung".

Dass der Freistaat Bayern und das Olympische Komitee einen finanziellen Beitrag leisten, wertete Wollenberg als "Schamgeld". Er forderte eine gemeinsame Initiative von Stadt und Landkreis Fürstenfeldbruck sowie der Israelitischen Kultusgemeinde in München, um Freistaat und IOC doch noch in das Projekt einzubinden. Nur so sei eine größere finanzielle Basis für die Erinnerungsarbeit in Fürstenfeldbruck zu erreichen. Dass sich beide "aus dem Staub gemacht haben, kann man so nicht durchgehen lassen".

Bereits im September 2015 hatte das Landratsamt ein Symposium mit Experten veranstaltet, deren Beiträge in ein Konzept einfließen sollten. Zu den Teilnehmern zählte der damalige Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU). Als eineinhalb Jahre später der Tagungsband erschien, war klar, dass der Erinnerungsort am alten Tower zum 50. Jahrestag nicht fertig werden würde. Geklärt werden müsse die inhaltliche Konzeption, so hieß es damals, aber auch, zu welchem Preis der Bund das Gelände des Towers hergebe. Wo die Probleme liegen, ließen etliche der Aufsätze ahnen: So wurde die Kritik israelischer Behörden am Verhalten der deutschen Verantwortlichen, am Polizeieinsatz und an der Freilassung der drei überlebenden Terroristen durch die Bundesregierung einige Wochen später nach einer Flugzeugentführung nicht erwähnt.

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