Fürstenfeldbruck/München:Streit mit Bund geht in die Verlängerung

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Das Verwaltungsgericht vertagt die Entscheidung über eine Klage Fürstenfeldbrucks. Damit bleibt offen, wer die Verantwortung trägt, wenn die Feuerwehr im Brandfall einige Bereiche des Fliegerhorsts nicht schnell genug erreicht

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck/München

"Stell dir vor es brennt, und keiner kommt." Was die Freiwilligen Feuerwehren als Werbeslogan für ihre Nachwuchssicherung benutzen, bringt - in letzter Konsequenz weitergedacht und etwas überspitzt - die aktuelle Situation auf dem ehemaligen Fliegerhorst Fürstenfeldbruck auf den Punkt. Zwar rückt die Freiwillige Feuerwehr Fürstenfeldbruck bei einem Notruf auf dem noch militärisch gewidmeten Areal an. Allerdings nicht sicher in der gesetzlich vorgeschriebenen Zehn-Minuten-Frist.

Und damit kommt die Haftungsfrage ins Spiel: Wer ist für den Brandschutz verantwortlich? Die Stadt, weil das Militär von dem Gelände schon zu einem großen Teil abgerückt ist, oder der Bund, da das Areal nach wie vor militärisch gewidmet ist und somit in die Zuständigkeit des Verteidigungsministeriums fällt? Das Verwaltungsgericht in München soll diese Frage klären, die Kreisstadt hatte eine entsprechende Klage eingereicht. Eine weitere Klage hat die Stadt übrigens gegen die Regierung von Oberbayern wegen der gleichen Problematik in der Erstaufnahmeeinrichtung am Laufen; nur dass dort kein Militärgelände mehr ist. Nun gab es zur ersten Klage eine erste mündliche Verhandlung. Mit dem Ergebnis, dass sich die Parteien zu einer Ortsbegehung treffen sollen, weitere Argumente ausgetauscht werden. Der nächste Verhandlungstermin wird voraussichtlich um die Jahreswende herum stattfinden.

Dass die Bundeswehr das 250 Fußballfelder messende Areal zwischen Bruck, Emmering und Maisach bis Ende 2020 komplett aufgeben möchte, ist seit langem bekannt. Und damit das Problem mit der Feuerwehr. Bis März hatte die Bundeswehr dort ihre eigene Wehr. Doch die ist nun weg, seither rücken die Brucker und oft auch die Gernlindner Feuerwehr bei Notrufen dort an. Was die Einschätzung der Lage hinsichtlich des Brandschutzes für die Stadt erschwert, ist, wie vor Gericht vorgetragen wurde, dass der Abzug der Bundeswehr peu a peu erfolgt - der militärische Flugbetrieb ist längst eingestellt, die Offizierschule der Luftwaffe (OSLw) soll noch bis 2020 betrieben werden. Und der Termin des endgültigen Auszuges wird immer wieder nach hinten verschoben.

Wie die Vertreter der gegen den Bund klagenden Stadt, Rechtsamtsleiter Christian Kieser und eine Rechtsanwältin, jüngst vor der 7. Kammer des Verwaltungsgerichts in München darlegten, hieß es ursprünglich, das Gelände werde bis 2018 geräumt. Inzwischen sei von 2021 die Rede. Zudem könne derzeit wegen der angespannten sicherheitspolitischen Lage keine Rede davon sein, dass der Betrieb am Fliegerhorst reduziert werde. "Der Standort wird hochgefahren", unterstrich Kieser und berichtete von 300 zusätzlichen Offizierschülern, die laut Bundeswehr 2017 dort ausgebildet werden sollen. "Ich habe den Eindruck, dieser Standort wird ganz dringend gebraucht aufgrund der veränderten weltpolitischen Lage." Generell argumentiert die Stadt, dass das Gelände eingezäunt und bewacht ist, sie keinen Einfluss auf brandschutzverbessernde Baumaßnahmen nehmen kann, sie keine Kenntnis von vorhandenen Gebäuden und gelagerten Gefahrenstoffen wie Sprengstoff und Munition hat und es keine zuverlässigen Rettungsweg-Pläne gebe.

Die Gegenseite, vertreten durch einen Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums, widersprach. Es gebe Pläne für Rettungs- und Fluchtwege, "wir haben alles offengelegt". Und sämtliche Mitarbeiter sollten Notfälle an die Wachposten melden, damit die Feuerwehr ohne Verzögerung in das Gelände kommt. Als Termin für den kompletten Abzug des Militärs aus Fürstenfeldbruck sei schon immer 2020 genannt worden. Der Beklagte sowie ein Vertreter der beigeladenen Regierung von Oberbayern monierten, dass die Stadt für den Bau des neuen Feuerwehrhauses drei Jahre eingeplant hat. Ein provisorischer Standort könne in wenigen Wochen errichtet werden, meinten beide. Der ist - da waren sich alle Prozessbeteiligten einig - auf jeden Fall notwendig, weil das Gelände am Nordostrand der Kreisstadt zu weit entfernt ist vom aktuellen Standort der Feuerwehr an der Landsberger Straße. Bis zur OSLw benötigt die Wehr nach Angaben von Kommandant Michael Ott 13 bis 14 Minuten.

Und das ist mehr als zehn Minuten. In Anbetracht der zum Teil sich völlig widersprechenden Angaben von Kläger und Beklagtem hielt es das Gericht unter dem Vorsitz von Richterin Gertraud Beck für das Sinnvollste, eine gemeinsame Ortsbegehung mit Vertretern aller Beteiligten zu verfügen. "Ich sage nur, die zwei müssen mal besser kommunizieren", sagte Beck. Die Kammer beschloss, dass nun weiter schriftlich Argumente und Einwände vorgebracht und eine über notwendige brandschutztechnische Veränderungen angelegt werden können. Bis das Verfahren weitergeht, ist die Stadt laut Kieser jedenfalls für den Brandschutz nicht zuständig.

© SZ vom 02.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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