Kurden:Protest gegen türkische Luftangriffe

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Bildung für Mädchen: Bauplatz der Berufsfachschule im nordsyrischen Kobanê. (Foto: Margot Simoneit)

Eine Landkreis-Initiative fördert eine Berufsfachschule für Mädchen in Nordsyrien. Wegen der Bombardements wenden sich die Unterstützer an die Bundesregierung.

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Vor acht Jahren gründeten Gewerkschafter sowie der inzwischen verstorbene Schriftsteller Haydar Isik aus Maisach eine Initiative, um den Bau einer Berufsfachschule für Mädchen in Kobanê in Nordsyrien finanziell zu unterstützen. Das Projekt wird durch permanente Luftangriffe der Türkei auf die kurdische Region behindert, kritisiert Margot Simoneit, eine der Sprecherinnen der Initiative. Die Gruppe fordert deshalb von der Bundesregierung, die Attacken zu verurteilen und finanzielle Unterstützung für den Wiederaufbau von Infrastruktur vor Ort. Ihr offener Brief wurde unter anderem von Medico International und der Gesellschaft für bedrohte Völker unterschrieben.

Die Landkreis-Initiative wurde gestartet, nachdem Selbstverteidigungskräfte, in denen Männer und Frauen kämpfen, den Großangriff des terroristischen Islamischen Staates (IS) auf die Stadt Kobanê abgewehrt hatten. Die Gruppe, die vom Kreis- und Landesverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) mit getragen wird, hat inzwischen rund 120 000 Euro für das Projekt gesammelt. Das ist knapp die Hälfte der Summe, die notwendig ist, um ein Schulhaus für drei bis vier Klassen zu errichten. Das Ziel ist, Mädchen und jungen Frauen eine qualifizierte berufliche Ausbildung zu ermöglichen. Es gibt inzwischen direkte und persönliche Kontakte zur Bildungsabteilung der Selbstverwaltung von Rojava, vergangenes Jahr besuchte eine Delegation auf Einladung der GEW die Bundesrepublik, um die Kooperation zu vertiefen.

"Uns werden aber immer wieder Knüppel zwischen die Beine geworfen, sonst wären wir längst weiter", sagt Simoneit. Dazu gehört die Unsicherheit, in dem vom Bürgerkrieg zerstörten Land sowie die "fehlende Anerkennung von Rojava durch die deutsche Bürokratie", sagt die GEW-Kreisvorsitzende. Deshalb braucht die Landkreis-Initiative einen Partner, der das Geld überhaupt erst in die Region Rojava transferieren kann. Nach mehreren Versuchen habe man inzwischen eine katholische Initiative gefunden, die dazu bereit sei.

Krieg und Bombardements haben Spuren in Kobanê hinterlassen. (Foto: Ivor Prickett/NY Times/Panos Pictures)

Das Hauptproblem sei jedoch die Politik des türkischen Regimes unter Präsident Recep Tayyip Erdoğan, der sich dabei auf die Kollaboration der Bundesregierung verlassen kann. Bereits 2019 okkupierte der Nato-Partner Deutschlands einen Streifen Rojavas und attackiert seitdem immer wieder die Zivilbevölkerung und Infrastruktur der Region. In einer Jahresbilanz der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF), die die Autoren des offenen Briefes an die Bundesregierung zitieren, ist von fast 800 Angriffen allein im vergangenen Jahr die Rede. Die türkische Luftwaffe bombardiere Wasserwerke, Raffinerien, Flüchtlingslager und Krankenhäuser, heißt es weiter.

Simoneit kritisiert insbesondere das Schweigen von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), die eine "feministische Außenpolitik" angekündigt hatte. "Wäre die deutsche Außenpolitik in dieser Thematik nicht so zurückhaltend, wären wir mit unserer Schule längst weiter. Aber wir geben nicht auf", sagt die GEW-Kreisvorsitzende. So sammle die Initiative weiterhin Geld für die Mädchenberufsschule. Eine Antwort auf den offenen Brief steht noch aus.

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