Corona:Zwillings-Piks

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Pelikan und Giraffe, beide ziemlich anhänglich: Ida (rotes T-Shirt) und Karolina aus Emmering haben ihren Vater Matej Krivan zum Termin im Impfzentrum mitgebracht und zeigen nach der Immunisierung stolz die bunten Pflaster mit Tiermotiven her. (Foto: Stefan Salger)

Die beiden Emmeringer Schwestern Ida und Karolina sind fünf Jahre alt und holen sich im Fürstenfeldbrucker Impfzentrum ihre zweite Spritze ab. Als Belohnung gibt es ein Spielzeugtier und Gummibärchen.

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Fünf Jahre Lebenserfahrung können reichen, um als alter Hase durchzugehen. Und so marschieren am Donnerstag gegen 16.30 Uhr zwei alte Hasen mit Mundschutz und Siebenschläfern mit Knopfaugen im Arm schnurstracks hinein ins Fürstenfeldbrucker Impfzentrum. Den Papa haben die beiden fünf Jahre alten Zwillingsschwestern Ida und Karolina aus Emmering im Schlepptau und ihre beiden Zwillingsplüschtiere fest im Griff. Weil sie vor vier Wochen bereits da waren, wissen sie, wie das hier läuft. Und deshalb darf Matej Krivan, 38, zwar am Eingang die Schnelltestzertifikate vorlegen, die Impfpässe aus der Tasche kramen und mit seinen Töchtern in die Kabine, in der der obligatorische Fragebogen abgearbeitet wird. Beistand in der Impfkabine brauchen die beiden aber nicht. Händchen halten? Nein, braucht's nicht! Unbeirrt und richtig cool holen sie sich fast schon routiniert den zweiten Piks, zucken dabei nicht mal mit der Wimper. Und sind anschließend stolz darauf, nun diesem blöden Virus etwas entgegensetzen zu können.

Vor der Spritze kommt der Papierkram. Darum kümmert sich die Mitarbeiterin Mona Enning. (Foto: Stefan Salger)

Der Donnerstag ist im Impfzentrum von etwa 15 bis 19 Uhr für die Kinder reserviert. Dann sind auch viele Kinderärztinnen und Kinderärzte im Dienst. Seit Mitte Dezember werden dort standardmäßig auch Fünf- bis Elfjährige immunisiert, mittlerweile wird ein eigens für sie dosierter Impfstoff des Herstellers Biontech verabreicht. Um die 200 Kinder kommen meistens an dem Wochentag in den Westen der Kreisstadt, zudem sind mobile Teams im Landkreis unterwegs. Während die Nachfrage nach Erst- und Zweitimpfungen bei Erwachsenen in den zurückliegenden Wochen eher rückläufig war, ist das Interesse von Familien ungebrochen groß. Wohl auch deshalb, weil Kinder und Jugendliche sich zurzeit in großer Zahl infizieren und Eltern das Risiko von Long Covid reduzieren wollen. Grundlage ist eine Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) für über Fünfjährige- nachdem diese bereits im Mai für Jugendliche ab zwölf Jahre ausgesprochen worden war. Sie gilt vor allem für Kinder mit Vorerkrankung oder solche, die regelmäßig engen Kontakt zu Personen mit hohem Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben. Gleichwohl lässt die Stiko "nach entsprechender ärztlicher Aufklärung" auch für alle anderen Fünf- bis Elfjährigen Spielraum: "Bei individuellem Wunsch können auch Kinder ohne Vorerkrankung geimpft werden."

Die Belohnung liegt neben den Impfpässen bereits bereit: Spielzeugtiere und Gummibärchen. (Foto: Stefan Salger)

In Fürstenfeldbruck läuft alles reibungslos mit den Kinderimpfungen. Eigentlich sogar viel besser als erwartet, wie der ärztliche Leiter Matthias Skrzypczak beim Rundgang am Donnerstag erklärt. Es gibt schon mal positives Feedback von den Eltern und das eine oder andere selbst gemalte Bild eines Kindes als Dank für die freundliche Aufnahme. Nebenwirkungen? Bislang Fehlanzeige. Wer in das ehemalige Aldi-Gebäude kommt, der hat sich meistens zuvor gut informiert. Auch die Sorge, dass Kinder Angst vor dem Piks haben, habe sich nicht bestätigt. An diesem Nachmittag ist ganz kurz die berühmte Ausnahme zu hören, die die Regel bestätigt, auch wenn insgesamt eine sehr entspannte Atmosphäre in den Gängen und Wartebereichen herrscht. Nachdem Kinderkrankenschwester Elisabeth Schaffar fast beiläufig das Vakzin in den Oberarm von Ida injiziert hat, was nicht mehr als zwei Sekunden dauert, kommt Karolina an die Reihe. Und da dringt aus der Nebenkabine für einen Moment das Weinen eines anderen Kindes. Aber Karolina lässt sich davon nicht beirren. Und ebenso routiniert wie ihre Schwester lässt sie sich wie eine Trophäe ein buntes Pflaster auf den Oberarm kleben und sucht sich eines der bunten Spielzeugtiere aus - ein kleines Zebra. Eine ganze Herde davon wartet auf dem Tisch der Kinderkrankenschwester, neben Tütchen mit Gummibärchen und den gelben Impfpässen. Da ist der kleine Piks längst schon wieder vergessen. "Die beiden sind richtig stolz", sagt ihr Papa. Und auch Schaffar lobt die beiden tapferen Zwillinge, die einen Wollpullover mit lustigem Tiermotiv zum Prinzessinnenkleid tragen. Sicherheitshalber nehmen sie noch eine Viertelstunde im Wartebereich Platz, um sich anschließend das digitale Impfzertifikat abzuholen. Wie sie die ganze Impfprozedur erlebt haben? "War kein Problem", sagt Karolina und klingt so, als könne sie diese komische Frage des Reporters gar nicht verstehen. Den Piks habe man doch eigentlich gar nicht gespürt, ergänzt Ida.

Für die Familie aus Emmering war klar, dass Impfungen den besten Schutz gegen Corona bieten. Unter den Eltern der Kindergartenkinder sei das durchaus ein Thema, so Matej Krivan. Einige aus der Gruppe der beiden Schwestern sind schon geimpft, andere Eltern wollen noch etwas abwarten. Die Familie aus Emmering verspricht sich von der Immunisierung "noch etwas mehr Sicherheit", auch wenn man bereits gut aufpasse, um sich nicht zu infizieren.

Das sehen viele andere Eltern ähnlich. So veröffentlichte der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Schrodi Fotos in den sozialen Medien. Sie zeigen die bunten Pflaster auf den Oberarmen seiner Kinder: "Zweimal piksen, einmal Pferd, einmal Löwe - ist gleich bester Schutz auch für die Kinder." Diese hätten die in Moorenweis verabreichte zweite Impfung ebenso gut vertragen wie die erste. Schrodi, der eine Impfpflicht ab 18 befürwortet, endet mit dem Appell "Lasst Euch impfen! - damit wir aus dem ewigen Hamsterrad der Corona-Wellen rauskommen". Lena Deininger, Verwaltungschefin des Impfzentrums Fürstenfeldbruck, beziffert die Zahl der erstmals geimpften Fünf- bis Elfjährigen am Donnerstag auf 1107, vollständig immunisiert sind da bereits 653 aus dieser Altersgruppe. Was sich nicht in der Statistik findet: Es gibt auch schon zwei vollständig geimpfte Prinzessinnen.

Anmeldung wird leichter

Eine Terminvergabe für Kinder von fünf bis elf Jahre ist voraussichtlich von Februar an nicht mehr nur unter der Hotline 08141/519-7100, sondern auch direkt über impfzentren.bayern möglich. Weil sich erfahrungsgemäß eine zweistellige Zahl der Kinder an den Donnerstagen als infiziert herausstellt, müssen auch minderjährige Besucher ein negatives Schnelltestergebnis vorweisen. Das Impfzentrum verfügt über eine eigene Teststation.

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