Verkehr:"Mal selber fahren, ganz ohne Eltern"

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Ratschläge für die jungen Fahrer: Patrick Weber (schwarzes Shirt) im Gespräch mit einem Quad-Lenker. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Auf dem Verkehrsübungsplatz in Fürstenfeldbruck steuern Buben und Mädchen Elektro-Quads. Dabei zeigt sich: Die Spur zu halten und Vorfahrtsregeln zu beachten, ist gar nicht einfach.

Von Matthias Weigand, Fürstenfeldbruck

Der Fahrer wird auf offener Straße aufgefordert, den Wagen anzuhalten. Schnellen Schrittes kommt der Verkehrskontrolleur auf ihn zu. "Was machen wir denn an einem Stoppschild?", fragt er mit gerunzelter Stirn, als er bei dem blauen Elektrowagen ankommt. "Oh, war da eins? Das hab ich jetzt gar nicht gesehen", antwortet der Fahrer. "Kein Problem, nächstes Mal besser aufpassen", sagt Patrick Weber, Geschäftsführer von Kiddi-Car, und tätschelt dem Vorschüler anerkennend auf den Helm. Der sechsjährige Nino ruft ihm noch hinterher: "Versprochen, ab jetzt halte ich", und düst grinsend mit seinem Elektro-Quad davon.

Gut besucht ist der Verkehrsübungsplatz von Kiddi-Car in der Theodor-Heuss-Straße in Fürstenfeldbruck an diesem Tag. Geöffnet hat er von Dienstag bis Sonntag zwischen 14 und 18 Uhr. Kinder von sechs bis zwölf Jahren erhalten dort neben theoretischem Wissen zum Straßenverkehr auch praktische Erfahrungen, indem sie selbst elektrisch betriebene Fahrzeuge auf dem Gelände steuern. "Die Kinder können hier aus erster Hand erleben, wie der Straßenverkehr funktioniert und vor allem was passiert, wenn sich mal jemand nicht an die Regeln hält", sagt Weber.

Halt an einer Kreuzung: Buben und Mädchen sollen die Vorfahrtsregeln und das richtige Einordnen lernen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Immer mal wieder muss er in den Verkehr eingreifen. Meistens missachtet ein Kind die Vorfahrt oder kommt von der Spur ab. "Das Fahren ist für die Kinder vom Kopf und motorisch ziemlich anstrengend, weil so viele Dinge gleichzeitig passieren. Das kann schon ganz schön viel sein für so ein junges Gehirn", sagt der 29-Jährige. Die Belastung sei laut Weber für Kinder unter sechs Jahren noch zu groß, weshalb erst von dem Alter auf dem 2000 Quadratmeter großen Gelände gestartet werden darf.

Für die Brucker Verkehrsschule geht es in diesem Jahr in die 28. Saison. Gegründet wurde Kiddi-Car 1997 von Ehrenfried und Nora Kubitza, nachdem sich der Ehemann aus gesundheitlichen Gründen beruflich umorientieren wollte. Angefangen haben sie als Franchise-Unternehmen von Unicar auf dem Verkehrsübungsplatz auf dem Fürstenfeldbrucker Volksfestplatz, wie Weber erzählt. Sie bauten dann aber ihren eigenen Betrieb auf und zogen mit der Anlage in die Theodor-Heuss-Straße. Damals wie heute sei das Ziel neben dem Spaß und der Fahrpraxis, langfristig Unfälle zu verhindern. Im vergangenen Jahr übernahm dann der Sohn Bastian Kubitzer mit zwei Mitarbeitern den Familienbetrieb.

Vor dem Fahren gibt es Verkehrserziehung

Bevor sich die jungen Verkehrsteilnehmer zwischen Ampeln, Abbiegespuren und Attrappen von Blitzern sowie Notrufsäulen zurechtfinden dürfen, bekommen sie eine kleine Einführung in Verkehrserziehung. Straßenschilder, Vorfahrtsregeln und das gemeinsame Miteinander im Straßenverkehr stehen dabei auf dem Programm. Die Grundkenntnisse sind von Kind zu Kind verschieden. "Letztens hatten wir den Fall, dass ein Mädchen zwar verstanden hat, dass es nicht überholen darf. Als sie dann aber mehrmals andere überholte, hat sich herausgestellt, dass sie noch gar nicht weiß, was überholen bedeutet", erzählt Weber.

Neben der Wissensvermittlung darf aber der Unterhaltungsaspekt nicht zu kurz kommen. Weber: "Der Unterricht soll so in Spaß verpackt werden, dass die Kinder gar nicht merken, wie sie etwas lernen", sagt er schmunzelnd. Der Verkehrsübungsplatz kann von Schulklassen und für Kindergeburtstage gebucht werden. Das Team von Kiddi-Car kommt aber auch zu Firmenfeiern und Stadtfesten. In solchen Fällen sind neben den Elektro-Quads und Miniautos auch benzinbetriebene Fahrzeuge im Einsatz. Aus Rücksicht auf die Nachbarn werden diese im Tagesgeschäft nicht eingesetzt.

Da geht's lang: Patrick Weber mit Buben und Mädchen im Fahrertraining. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Als Ausflugsziel lockt die Kinderverkehrsschule auch überregional Besucher an. Eine Mutter kommt aus dem Landkreis Dachau. Sie hat über ein Gutscheinbuch von dem Verkehrsübungsplatz erfahren. Sie nutzt den Besuch, um ihrem Sohn und seinen Freunden die Regeln des Straßenverkehrs näherzubringen. "An unserer Grundschule wird Verkehrserziehung erst in der vierten Klasse unterrichtet. Da fand ich den Ort eine gute Möglichkeit, dass die Kinder schon früher etwas darüber lernen", sagt die Mutter.

Eine Runde auf der Anlage dauert fünf Minuten. Die Freundinnen Amina und Conny laufen von ihren Quads zu den Tischen der Zuckertankstelle, dem Kiosk auf dem Gelände. "Mir hat das echt Spaß gemacht, aber ich bin immer noch nervös. Die Fahrzeuge gehen ja echt schnell", berichtet die achtjährige Emily. Für Amina war das Zeichen und die Bedeutung der Einbahnstraße neu. "Am besten ist aber, dass man mal selbst fahren kann, ganz ohne Eltern", sagt sie.

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