Wie kann die CSU Wählerstimmen für die Europawahl gewinnen? Wie kann die Partei, die in Bayern in den letzten Jahrzehnten so selbstsicher die Alleinherrschaft für sich in Anspruch genommen hat, die Stimmenverluste bei der Landtagswahl vergessen machen? Dies ist die Kardinalfrage bei einer Diskussionsveranstaltung in Überacker, organisiert vom BBV und der Frauen-Union Egenhofen. 19 Besucher sind in die Sportgaststätte gekommen, um Marlene Mortler, Kandidatin der CSU für die Europawahl, Landwirtin, Bundestagsabgeordnete und seit 2014 Drogenbeauftragte der Bundesregierung, zu erleben und mit ihr zu diskutieren. Sie schimpft über das Volksbegehren "Rettet die Bienen" und warnt davor, den Nationalisten und Populisten das Feld und somit die Wahl zu überlassen.
"Diese Wahl ist eine absolute Richtungswahl", beschwört Mortler die Anwesenden. Deutschland als größter Mitgliedsstaat habe bei der Wahl eine herausragende Bedeutung. "Deshalb ist es so wichtig, immer wieder zu betonen, auf uns kommt es an", erläutert die Landesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Ernährung, Landwirtschaft und Forsten der CSU, wie sie die Wähler an die Wahlurnen bringen will. Für das Volksbegehren "Rettet die Bienen" hegt die Landwirtin eines Hofes aus dem 14. Jahrhundert keine Sympathien. Der Name sei sehr clever gewählt und zu einem großen Teil für die vielen Stimmen verantwortlich. "Wir wissen, dass die Menschen sich mit den Inhalten immer weniger beschäftigen", womit sie andeutet, dass ihrer Meinung nach viele Wähler den Inhalt des Begehrens gar nicht kennen würden und nur wegen der schönen Überschrift zur Unterschrift in die Rathäuser gegangen sind. Dass die Forderungen aus dem Begehren nun eins zu eins von der Staatsregierung übernommen werden, schnüre die Bäuerinnen und Bauern in ein sehr enges Korsett, kritisiert sie.
Überhaupt bekommen Landwirte nach Mortlers Eindruck derzeit überall Schelte: "Wir erleben ja im Moment einen medialen Hype, dass man meint, alle wären schwarze Schafe." Dabei sei das völlig ungerechtfertigt: "Unsere Bäuerinnen und Bauern halten sich an die Gesetze", unterstreicht sie. Ein Beweis für das mediale Bauern-Bashing ist für sie der Wandel der Sprache. "Heute heißen diese Schutzmittel Pestizide. Das klingt gleich gefährlicher", sagt sie.
Die gemeinsame Agrarpolitik macht neben der Regionalpolitik in der EU mit jeweils 35 Prozent einen großen Teil des Haushalts aus. Also komme der Landwirtschaft in der Europäischen Union eine große Bedeutung bei, folgert Mortler. Da sie als Landwirtin und langjährige Bundestagsabgeordnete Kontakte in die eine wie in die andere Richtung hat, sieht sie sich gut gerüstet für einen Abgeordnetensitz im Europaparlament. Doch die Fränkin ist auch skeptisch: Ihr Listenplatz sechs sei "keine gmahde Wiesn", wirbt sie in Überacker für sich.
Bei der Diskussion beklagt ein Mann, dass in den Medien immer nur über Negatives berichtet werde. Doch auch die Landwirte selbst hätten daran ihren Anteil: "Wir machen so viele Dinge gut, und wir reden nicht darüber", kritisiert er. Mortler erwidert, wie sie im Rahmen einer Filmaufführung eine positive Berichterstattung für Junglandwirte angestoßen habe. Diese Initiative wolle sie ausweiten. Ein anderer Zuhörer, offenbar auch Landwirt, richtet konkret seine "Bitte an die Politik, dass man neutrale Einrichtungen schafft", etwa für die Überwachung von Saatgut. Er habe in nun 30 Jahren den Eindruck gewonnen, dass die großen Konzerne die Richtung bestimmen würden, womöglich auch mit Bestechungsgeldern. Aus eigener Erfahrung würde er heute "der Industrie nicht mehr das blinde Vertrauen entgegen bringen". Auf seine Forderung, "politisch hätte ich da gerne Anreize gesehen", applaudiert die Runde. Mortler lobt ihn: "Ein Herr, der sich mit dem Thema befasst, das finde ich klasse." Für seinen Wunsch nach unabhängiger Kontrolle hat sie jedoch keine Lösung. "Wenn wir weiter wollen, dass unser Saatgut, unsere Pflanzenschutzmittel unabhängig geprüft werden, dann müssen wir weiterhin beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit prüfen lassen."