Die Nachricht, dass die Bürger-Energie-Genossenschaft Freisinger Land (BEG) im etwa 30 Hektar großen zusammenhängenden Waldgebiet südlich von Jesenwang vier Windkraftanlagen mit Bürgerbeteiligung errichten will, stößt auf großes Interesse. Geschätzt 150 Besucher waren am vergangenen Donnerstag in die Flugplatzgaststätte "Fly In" gekommen, um beim Informationsabend "Windenergie in Jesenwang" mehr über das Vorhaben und insbesondere darüber zu erfahren, wie die Beteiligung der Bürger aussehen könnte.
In der Fragestunde nach der Präsentation gab es auch kritische Anmerkungen. Im Schwerpunkt ging es dabei um die Risiko-Absicherung für finanzielle Einlagen, mit denen Bürger am wirtschaftlichen Ergebnis des Windparks beteiligt werden. Wie die beiden Vorstandsmitglieder der BEG, Andreas Henze und Werner Hillebrand-Hansen, erläuterten, ist die Beteiligung von Kommunen und Bürgern ein Kernelement des Vorhabens. Bürgermeister Erwin Fraunhofer (CSU), der die neuen Regelungen, das Wind-an-Land-Gesetz des Bundes und die Lockerung der nur in Bayern geltenden 10 H-Regel, erläuterte, brachte dies auf den Punkt: "Es geht nicht darum, ob der Windpark errichtet werden darf, sondern darum, wer ihn baut und ob die Region davon profitieren kann."
Ihm sei es lieber, dass die Bürger etwa davon hätten und die Wertschöpfung in der Region bleibe, als einem großen Energieversorger das Feld zu überlassen. Ein Besucher merkte dazu an, dass die BEG im Vergleich zu den Brucker Stadtwerken nur wenig wirtschaftlichen Rückhalt vorweisen könne. Das Verhältnis sei wie der FC Bayern zum Sportverein Jesenwang oder wie ein Überseedampfer zu einem Boot auf hoher See. Entsprechend müsse man auch das Risiko einschätzen.
Dagegen wandte Vorstand Henze ein, dass geplant sei, für den Windpark eine eigene Betreibergesellschaft zu gründen, die ihren Sitz in Jesenwang haben und dort auch Gewerbesteuer abführen werde. Zudem könne die BEG mit ihren seit sieben Jahren laufenden Aktivitäten für die Energiewende, wie Photovoltaikanlagen auf Dächern und im Freien sowie einem Windrad, belegen, dass durchgehend Gewinne gemacht würden. Ein Gast, der sich als Mitarbeiter im Genossenschaftsverband outete, führte aus, dass die BEG jährlich geprüft werde und man keine Sorge haben müsse, dass sie Pleite macht.
Wie sich aus der Präsentation ergab, sollen sich die Bürger in Form einer BEG-Mitgliedschaft und/oder durch die Gewährung von Nachrang-Darlehen am Windpark beteiligen. "Wir wollen etwa 50 Prozent der Investition in geschätzter Höhe von 30 Millionen Euro durch Bürgeranteile stemmen", sagte Hillebrand-Hansen. Eine Mitgliedschaft in der BEG sei für 250 Euro zu haben und werde aktuell mit zwei Prozent verzinst. Für die Finanzierungsbeteiligung seien mindestens 1000 Euro einzubringen oder eben ein Mehrfaches davon. Auf die Frage, mit welcher Verzinsung Anteilseigner rechnen können, sagte er, dass der Zinssatz erst zum Vertragsabschluss genau festgelegt werden könne. BEG-Mitglied könne man sofort werden, Anteile zu erwerben, sei aber erst möglich, wenn das Genehmigungsverfahren voraussichtlich Ende 2024 abgeschlossen sei.
Der Windpark, bei dem das nördlichste Windrad etwa 1700 Meter von der Wohnbebauung entfernt liegen soll, wird deutlich mehr Strom erzeugen als die jährlich elf Millionen Kilowattstunden, die in der Gemeinde Jesenwang verbraucht werden. Ob es für Anteilseigner einen günstigeren Strom-Sondertarif geben könne, darüber wird nachgedacht. Für jedes Windrad - Nebenhöhe 166 Meter, Rotordurchmesser 160 Meter - müssen für das Fundament etwa 700 und für die Kranstellfläche rund 2100 Quadratmeter Wald abgeholzt werden, wobei letztere nach Beendigung der Arbeiten wieder aufgeforstet wird.
Ein Redner, der sich als Theologe vorstellte, verurteilte diesen Eingriff als Versündigung an der Natur. Wälder, vor allem der über Jahrzehnte gewachsene Boden mit seinen vielen unterirdischen Vernetzungen, seien ökologisch wertvoll und dürften nicht unterbrochen werden. Außerdem binde Wald CO2, das dann freigesetzt werde. "Entlang von Autobahnen und Bahnkörpern ja, aber nicht im Wald", sagte er, woraufhin Henze darauf verwies, dass die Staatsregierung die Wald-Regelung geschaffen habe und beim Bau von Windrädern eigentlich das gemacht werde, was im Wald üblich sei: "Wir fällen Bäume und setzen wieder neue" . Zudem sei zu überlegen, ob es momentan nicht wichtiger ist, die Energiewende zu schaffen. "Wenn wir den Klimawandel nicht stoppen können, könnte es nämlich sein, dass es bald keine Wälder mehr gibt, weil viele Bäume der Trockenheit, dem Käfer oder Stürmen zum Opfer fallen".