Vorträge:77 Windräder für die Energiewende

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Sonne und Wind liefern Energie. Sie zu ernten, kostet allerdings schon Geld. (Foto: Andreas Franke/Imago)

Klimaagentur und Sonnensegler stellen in Fürstenfeldbruck ihre Konzepte vor. Über Investitionen können auch die Bürger profitieren.

Von Ingrid Hügenell, Fürstenfeldbruck

Wie man die Energiewende in Bayern von Fürstenfeldbruck aus voranbringen könnte, damit hat sich kürzlich eine Veranstaltung der Freien Wähler Fürstenfeldbruck auseinandergesetzt. "Die Energiewende bewegt uns alle", sagte Markus Droth, Vorsitzender der FW-Fraktion im Fürstenfeldbrucker Stadtrat. Deshalb hatten die FW den Wirtschaftsingenieur Andreas Weigand von der Klimaagentur "Klima³" ebenso eingeladen wie Guido Grotz und Tobias Lexhaller, zwei Vertreter der Bürgerenergiegenossenschaft "Sonnensegler". Etwa 30 Zuhörer kamen.

Gemeinsames Fazit: Um die Energiewende zu schaffen, bedarf es großer Anstrengungen und mehr Geschwindigkeit als bisher. Das Versprechen der Ankündigung, dass nämlich Bürger erfahren sollten, wie sie von der Energiewende profitieren können, wurde nur teilweise eingelöst.

Rückenwind für die Politik

"Mit uns kann jeder in die Energiewende investieren", sagte Lexhaller, Sonnensegler-Vorstand und Projektentwickler - indem man Mitglied der Genossenschaft wird und irgendwann, wenn die Anlagen Gewinn abwerfen, auch davon profitiert. Privatleute und Unternehmen beraten die Sonnensegler nicht, sondern ausschließlich Kommunen. Sie haben sich vor allem die Umsetzung von Projekten vorgenommen und wollen "der Politik Rückenwind geben" sowie Projekte aufsetzen. "Wir wollen das Thema in die Bevölkerung hineintragen", sagte Lexhaller.

Guido Grotz von den Sonnenseglern, gelernter Bankkaufmann, Informatiker und Unternehmer, machte die Rechnung auf, wie viele Anlagen erneuerbarer Energien gebraucht würden, um den Verbrauch des Landkreises zu decken: 77 Windräder, 600 Hektar Photovoltaik und sechs Geothermie-Kraftwerke. Allein neun Windräder wären Grotz zufolge auf Brucker Gebiet möglich. Aber: "Nur der gesamte Landkreis kann gemeinsam erfolgreich sein", sagte er. Denn: "Im Osten wohnen mehr Leute, im Westen gibt es mehr Fläche." Die riesigen Investitionen - Grotz sprach von 2,5 Milliarden Euro - würden sich über zehn Jahre dadurch amortisieren, dass man dann kein Gas, Öl und Kohle mehr teuer importieren müsste.

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Es gibt aber auch Schwierigkeiten bei der Umsetzung, etwa beim größten Projekt, das die Sonnensegler gerne in Puchheim umsetzen möchten: Eine 90 Hektar große Freiflächen-PV-Anlage, die zu 95 Prozent im Wasserschutzgebiet läge, wie Sonnensegler-Vorstand und Projektentwickler Lexhaller erklärte. Die Fläche ist auf 42 Eigentümer verteilt, und das Wasserwirtschaftsamt sei nicht begeistert von der Idee - "deshalb dauert es".

Der Zubau müsse zwischen den Kommunen und Landkreisen abgestimmt werden, und vor allem müsse es jetzt schnell gehen, um das Ziel erreichen zu können, dass Bayern 2040 klimaneutral ist, hatte zuvor schon Andreas Weigand von der Klimaagentur erklärt. Dafür brauche es sehr große Anstrengungen, "das wird verdammt eng". Vor allem im Verkehrssektor sei noch zu wenig passiert. Die Verfügbarkeit erneuerbarer Energien werde außerdem zunehmend zum Standortfaktor für Unternehmen, auch wegen des Lieferkettengesetzes der EU.

"Regional, fair und schnell" muss Weigand zufolge die Energiewende erfolgen. Regional, indem die Energieversorgung Teil der regionalen Wertschöpfung wird. Bisher wird sie anderswo erzeugt und eingekauft. Die Energieversorgung müsse als kommunale Aufgabe begriffen werden, sagte er, und es brauche massive Investitionen in die entsprechende regionale Infrastruktur.

Regional, fair und schnell sollte die Energiewende für Andreas Weigand passieren. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Mit einer tragfähigen Bürgerbeteiligung könne der Ausbau fair gestaltet werden, die Landschaft müsse geschont werden. "Klima³" hat es sich deshalb auch zur Aufgabe gemacht, Privatleute kostenlos zu beraten. Die Klimaagentur ist 2022 als "Kompetenzzentrum mit Dienstleistungsfunktion" von den drei Landkreisen Fürstenfeldbruck, Landsberg am Lech und Starnberg gegründet worden. Eine Autarkie könne kein Landkreis alleine erreichen, erklärte Weigand, "es geht nur gemeinsam und mit viel Flexibilität".

Systematische Wärmeplanung

Als wichtigen Punkt, um die Klimaziele zu erreichen, nannte Weigand die systematische Wärmeplanung, zu der die Kommunen verpflichtet sind - ein Ziel des umstrittenen Gebäudeenergie-Gesetzes der Bundesregierung ist es, die Wärmeversorgung klimaneutral zu gestalten. Diese Planung werde eine dauerhafte kommunale Aufgabe sein, sagte Weigand, und diene dazu, Planungssicherheit für Private und die öffentliche Hand herzustellen.

Weigand zufolge wird die Wärmewende dezentral erreicht werden, über Wärmepumpen und Nah- oder auch Fernwärme für einzelne Quartiere. "Holzöfen werden erhalten bleiben", sagte er, Solarthermie einen Beitrag leisten, ebenso Biomasse. Dass Wasserstoffheizungen eine große Rolle spielen werden, glaubt der Klimamanager dagegen nicht.

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