Entsorgung:Drei Landkreise suchen Standort für gemeinsame Vergärungsanlage

Lesezeit: 3 min

Die Vergärungsanlage im Brunnthaler Ortsteil Kirchstockach im Landkreis München besteht bereits seit 1997 und ist nun nicht mehr in Betrieb. (Foto: Angelika Bardehle)

Noch vor Kurzem waren der Landrat von Fürstenfeldbruck und der Abfallwirtschaftsbetrieb skeptisch. Nun möchte man doch in nächster Umgebung aus Bioabfällen Energie machen.

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Eine eigene Vergärungsanlage sei ein extremes Experiment zu Lasten der Gebührenzahler, hatte Fürstenfeldbrucks Landrat Thomas Karmasin (CSU) noch vor drei Jahren in einem Interview mit der SZ gesagt. Auch der Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises (AWB) war bislang skeptisch, was die Errichtung einer solchen Anlage im eigenen oder einem Nachbarlandkreis angeht. Nun sagt der AWB: Bioabfälle in der Region zu verarbeiten, könne eine Idee sein. Ein Aufruf an alle Städte und Gemeinden, potenzielle Standorte und Grundstücke zu melden, ist bereits ergangen. Dasselbe geschieht in den Landkreisen Dachau und Starnberg, es soll ein gemeinsames Vorhaben werden.

Die Idee, Bioabfälle vermehrt zu sammeln und im Landkreis selbst zu verwerten, um daraus Energie zu erzeugen, beschäftigt die Kreispolitiker schon eine ganze Weile. Freie Wähler und Unabhängige Bürgervereinigungen hatten dies schon vor Jahren vorgebracht, der Energiewendeverein Ziel 21 dies bereits 2014 empfohlen. Jakob Drexler (UBV), seit zweieinhalb Jahren Abfallreferent des Kreistags, versucht, das Projekt voranzutreiben. Einen ersten Erfolg hat er schon erzielt: Von 2025 an wird es im Landkreis eine Biotonne geben. Dann hat das Sammeln der organischen Abfälle in kleinen kompostierbaren Säckchen ein Ende. Mit der Einführung der Biotonne sollen auch die Bioabfallmengen, die separat erfasst werden, gesteigert werden.

Das ist notwendige Voraussetzung für den wirtschaftlichen Betrieb einer eigenen Vergärungsanlage. Ein Neubau würde sich erst bei einer Menge von 30 000 bis 50 000 Tonnen Bioabfall rechnen, sagte der AWB 2018, als er noch vom Bau einer kreiseigenen Vergärungsanlage abgeraten hatte mit der Begründung, es würde nicht genügend Biomüll anfallen, um einen wirtschaftlichen Betrieb einer solchen Anlage zu gewährleisten. Nun wird mit einem Sammelvolumen von 40 000 Tonnen kalkuliert.

In der Region gibt es bislang zu wenig Kapazitäten für die Biomüllverwertung

Der Umgang mit Energie hat sich nicht zuletzt durch die Folgen des Kriegs in der Ukraine geändert. "Gerade mit Blick auf die derzeitige Energiekrise und die ungewisse Zukunft könnte so ein Beitrag zur Versorgungssicherheit der Landkreisbürgerinnen und -bürger und zur Energiewende im Landkreis Fürstenfeldbruck geleistet werden", schreibt der AWB in einer Pressemitteilung, die auch auf seiner Internetseite nachgelesen werden kann. Untersuchungen des AWB ergaben außerdem, dass die Verwertungskapazitäten für Bioabfälle in der Region zu gering seien. Es sei zu befürchten, "dass die Menge am Markt nicht untergebracht werden kann", sagt die stellvertretende Werkleiterin des AWB, Melanie Habereder, der SZ. Soll heißen, dass es zu wenige Kapazitäten für die Biomüllverwertung in der Region gibt. Weil auch die Landkreise Starnberg und Dachau von den fehlenden Entsorgungskapazitäten betroffen sind, gründeten die drei Landkreisverwaltungen bereits im vergangenen Jahr eine entsprechende Arbeitsgemeinschaft. Nur bei einem gemeinsamen Vorgehen würden die notwendigen Mengen an Bioabfällen für eine eigene Anlage zur Verfügung stehen, heißt es in einem Schreiben des AWB an die Bürgermeister.

Mit Biomüll kann man Geld verdienen, hat auch Kärcher bemerkt. (Foto: Günther Reger/Günther Reger)

Derzeit werden die im Landkreis Fürstenfeldbruck gesammelten Bioabfälle in einer Vergärungsanlage in Volkenschwand im Landkreis Kelheim weiterverwertet. Mit dem Biomüll kann dort unter anderem Strom und Wärme gewonnen werden. Eine eigene Vergärungsanlage könnte aus den Abfällen selbst Energie im Landkreis erzeugen und anschließend zum Beispiel über bestehende Fernwärme- oder neu zu errichtende Nahwärmenetze verteilt werden. Auch die Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz hält der AWB für denkbar. Die Biogutvergärung ist längst Stand der Technik in der kommunalen Abfallwirtschaft. In Bayern gibt es insgesamt 23 Bioabfallvergärungsanlagen sowie 55 Bioabfallkompostierungsanlagen. Nach Volkenschwand (und nach Warngau im Landkreis Miesbach) transportiert neuerdings auch der Landkreis München seinen Biomüll, denn seine seit 1997 bestehende eigene Vergärungsanlage im Brunnthaler Ortsteil Kirchstockach ist veraltet und stillgelegt. Für einen Neubau, allerdings an anderer Stelle, haben sich die Kreispolitiker dort bereits ausgesprochen.

In den Gemeinden wird bereits nach einem passenden Grundstück gesucht

Inzwischen wurden im Landkreis Fürstenfeldbruck alle Städte und Gemeinden angeschrieben, erste Rückmeldungen gibt es bereits. Die Botschaften sind laut Melanie Habereder unterschiedlich: Manche haben kein Grundstück zur Verfügung, andere schon. Berücksichtigt werden müssten Verkehrsbelastung, Immissionen und die Möglichkeit der Verwertung der entstehenden Gärreste. Optimal wäre aus Sicht des AWB ein Grundstück, das 2,3 Hektar groß ist - was in etwa der Größe von drei Fußballfeldern entspricht. Für die Bewertung gibt es eine eigene Matrix, auch eine Größe von 1,3 Hektar würde noch als "gut" bewertet. 600 Meter soll die Anlage im Idealfall von der Wohnbebauung entfernt sein, aber auch weniger ist möglich.

Die Berechnungen gehen von 40 000 Tonnen Biomüll pro Jahr aus, der zur Verwertung anstünde. 175 Tonnen Bioabfall müssten pro Tag zu der Anlage transportiert werden, das entspricht 26 an- und abfahrenden Lastwagen. Das Grüngut wird tagsüber angeliefert und aufbereitet, die Vergärung selbst kontinuierlich über 24 Stunden betrieben. Bis Ende Januar sollen sich die Kommunen erklären, dann werden die Ergebnisse ausgewertet und zunächst dem Werkausschuss des Kreistags Fürstenfeldbruck vorgestellt.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Abfallwirtschaft
:Landkreis sucht Grund für neue Biomüllvergärungsanlage

Der alte Betrieb in Kirchstockach wird endgültig stillgelegt und nicht mehr saniert.

Von Martin Mühlfenzl

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: