Energiesparen:Schwachstellen zwischen Blau und Rot

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Ist das eigene Haus nun gut gedämmt oder wird durchs Fenster geheizt? Immobilienbesitzer tappen da oft im Dunkeln. Beim Rundgang mit einer Wärmebildkamera offenbaren sich die Defizite

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Der Unterschied zwischen gut und schlecht gedämmten Häusern ist auf den Infrarotbildern deutlich zu sehen. Dringt keine Wärme nach außen, leuchtet es blau, je schlechter die Dämmung, desto heller wird es. Rot zeigt deutliche Energieverluste an. In der Hindenburgstraße stehen, passend zum Straßennamen, etliche alte Häuser aus den Dreißigerjahren, vielfach renoviert und umgebaut. Der Energieberater Herbert Petsch ist an diesem Abend mit knapp zwei Dutzend Hausbesitzern im Norden Brucks unterwegs. Er trägt eine Wärmebildkamera und das Stativ dazu. Die Stadt hat zu einem Thermografie-Rundgang eingeladen. Wer sein Haus geprüft haben will, musste sich anmelden, die Klimaschutzbeauftragte Anja Aschenbrenner hat die Route festgelegt. Vor jedem Gebäude baut Petsch das Stativ auf, richtet die Kamera aus und erklärt den Bürgern, was zu sehen ist.

Das erste Gebäude, vor dem die Gruppe halt macht, stammt aus dem Jahr 1936, die Eigentümer haben vor 20 Jahren begonnen, das Haus zu sanieren. Das Dach wurde um Styroporplatten ergänzt. Die alte Haustür aus der Bauzeit haben sie gelassen, weil sie stilecht ist. Kein Problem, die alte Tür hätte er auch behalten, sagt Petsch, bloß die Dichtung sollte man erneuern. Oben an der Tür zeigt die Thermografie-Kamera einen roten Streifen. Die Außenwand selbst zeigt ein einheitliches Blau, wurde also gut isoliert. Dabei lässt nicht jeder rote Streifen oder Fleck auf ein Leck schließen. Im Giebel des alten Hauses schimmert es rot. "Das ist Wärme vom Tag, die sich dort gesammelt hat", erklärt Petsch. Manche wollen das nicht glauben, denn es ist kalt und die Gruppe steht auf der Nordseite, wo tagsüber die Sonne nicht direkt hinscheint. Der Fachmann führt vor, wie wenig Energie es braucht: Er geht zum Haus, drückt seine Hand für ein paar Sekunden gegen die Wand und man sieht den Unterschied auf dem Monitor. Die Durchlässigkeit von Fenstern kann man direkt gar nicht mit der Kamera feststellen. Diese gibt von den großen Scheiben der Terrassenfenster des Hauses gegenüber die Umrisse der Gruppe in roter Farbe wieder.

Das Haus am Alpsitzweg wurde ganz offenbar bereits energetisch saniert. Das Farbspektrum auf dem Monitor der Thermografie-Kamera reicht vom Hellblau der Wand bis zum Hellgrün der Fenster. (Foto: Carmen Voxbrunner)

"Jeder Mensch hat etwa 100 Watt, die reflektieren in den Fenstern", erklärt Petsch. Deshalb funktioniert Thermografie am besten am frühen Morgen, bevor die Sonne aufgeht, bei niedrigen Temperaturen und wenn er allein unterwegs ist. Dafür lässt sich auf dem Monitor die Baugeschichte nachvollziehen: Zur Straße hin steht ein Altbau von 1935, hinten hat man in den Sechzigerjahren einen Anbau mit Flachdach ergänzt und in den Achtzigern um eine Etage aufgestockt: Je älter das Gebäudeteil, desto schlechter die Isolierung. Die Heizkörper sind als dicke, rote Flecken deutlich zu erkennen, ebenso der Kasten für die Rolladen der Terrassenfenster. Immerhin sind die Wände gut gemauert, die Ziegel stehen dicht aneinander. Sind die Mörtelfugen breiter, ist das schlecht für die Dämmung. An manchen Häusern kann man dann ganz deutlich jeden Ziegelstein erkennen. Echte "Energieschleudern" seien Glasbausteine, die in den Siebzigern bei Architekten und Bauherren beliebt waren.

Vor dem Rundgang hatte Petsch den Teilnehmern im Lichtspielhaus an der Maisacher Straße die Prinzipien der Thermografie und ihre Einsatzmöglichkeiten erklärt. Der alte Kinosaal muss gut gedämmt sein oder jemand hat die Heizung zu weit nach oben gedreht. Denn es ist ziemlich warm in dem Raum. Mithilfe der Infrarotbilder können Häuser auf ihre Isolierung hin überprüft werden. Die Farbkontraste zeigen an, wo sogenannte Wärmebrücken sind, also Stellen, an denen viel Energie nach außen dringt. Außer den Wärmebrücken kann man aber auch noch andere Schwachpunkte aufspüren, etwa feuchte Stellen, wo sich Kondenswasser sammelt, oder man kann Schäden an Solarmodulen entdecken. Petsch betont, dass Thermografie nur ein erster Schritt für Bauherren sein kann, die ihre Immobilie verbessern wollen. "Das ist ein Teilwerkzeug", betont er. Sie ersetzt nicht eine Untersuchung der verwendeten Materialien oder die Arbeit eines Energieberaters.

Die Thermografie entlarvt Hausfassade oder Dach als Schwachstellen, an denen Wärme unnötig verloren geht (hier ein Rundgang nebst Vortrag des Experten Herbert Petsch). (Foto: Carmen Voxbrunner)

Fürstenfeldbruck fördert Maßnahmen mit bis zu 2500 Euro. Wer sein Haus ertüchtigen will, sollte sich erst professionell beraten lassen und dann die Förderanträge stellen - unbedingt noch vor dem Beginn der Umbaumaßnahme, rät Petsch.

© SZ vom 05.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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