Ende einer Ära:Ein dominanter Bürgermeister

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24 Jahre lang hat Herbert Kränzlein die Geschicke von Puchheim geleitet. Am Ende seiner letzten Stadtratssitzung würdigen Redner aller Fraktionen die Verdienste des Rathauschefs, verschweigen aber auch nicht, dass der Umgang mit ihm bisweilen schwierig war.

Peter Bierl

Der Stadtrat von Puchheim hat Herbert Kränzlein (SPD) mit einem Strauß Blumen und Reden am Dienstag verabschiedet. Die Sprecher aller Fraktionen würdigten die Verdienste des Bürgermeisters um die Entwicklung der Kommune. Sie fanden jedoch auch kritische Worte für dessen Umgangsformen. Jeder Stadtrat habe sich "schon mal eine Standpauke" anhören müssen, merkte etwa der SPD-Fraktionschef Jean-Marie Leone an.

Kränzlein,62, ist seit 24 Jahren im Amt. Sein Nachfolger Norbert Seidl (SPD) wird am Dienstag, 18. September, in einer vorverlegten Sitzung des Stadtrates vereidigt. Eine Woche später findet im Kulturzentrum Puc die offizielle Abschiedsfeier für Kränzlein mit geladenen Gästen und viel Musik statt. Der Bürgermeister hat sich ausbedungen, dass dabei keine großen Reden gehalten werden. Darum nutzten die Fraktionen die Gelegenheit am Dienstag, bei der letzten Stadtratssitzung, die Kränzlein leitete. Diese war um eine Stunde vorverlegt worden, weil Stadträte und Bürgermeister im Anschluss im Rathausstüberl intern feierten, was sich bis weit nach Mitternacht hinzog.

Insgesamt habe Kränzlein in vier Amtsperioden wohl in 170 Sitzungen des Gemeinde- und Stadtrates den Vorsitz geführt, weil er "vermutlich keine einzige seinem Stellvertreter überlassen hat", rechnete Zweiter Bürgermeister Wolfgang Wuschig (UBP) aus, der den Reigen eröffnete, indem er Kränzlein einen Strauß mit 24 Blumen überreichte.

SPD-Chef Leone sowie die Fraktionsvorsitzenden der Grünen und der UBP, Manfred Sengl und Reinhold Koch, lobten Kränzleins Finanzpolitik, die der Kommune eine große Handlungsfreiheit gesichert habe, die Ansiedlung von Firmen in Puchheim, seine Verdienste um den Aufbau einer sozialen Infrastruktur, die Einrichtung des Kulturzentrums Puc, sein großes Engagement und seine Kompetenz. Leone betonte, dass Kränzlein dabei eine "zutiefst sozialdemokratische Grundhaltung" vertreten habe. "Du hinterlässt Puchheim in einem hervorragenden Zustand", fasste Barbara Ponn (parteifrei) zusammen.

Alle vier erinnerten daran, dass Kränzlein kein einfacher Bürgermeister war. "Seine Härte wird oft als Arroganz ausgelegt", meinte Leone. Die Zusammenarbeit sei "nicht immer stressfrei" gewesen, sagte Koch. Kränzlein hinterlasse auch "die ein oder andere städtebaulich problematische Situation". Sengl milderte seine Kritik, in dem er auf das strukturelle Problem verwies, dass ein hauptamtlicher Bürgermeister immer einen Informationsvorsprung gegenüber ehrenamtlichen Ratsmitgliedern habe. Kränzlein sei sach- und konsensorientiert, gleichwohl oft ein "dominanter Bürgermeister gewesen", stellte der Grünen-Sprecher fest.

Zwar habe es selten Misstöne gegeben, wenn doch, hätten diese den "Charakter von Strafpredigten" angenommen, die "für Erwachsene oft sehr schwer auszuhalten" seien. Die Grünen habe Kränzlein einmal als "missratene Kinder der SPD" bezeichnet und oft auch so behandelt. "Wir haben es gut ausgehalten, weil sich unsere Grundwerte oft deckten", sagte Sengl.

CSU-Fraktionsvorsitzende Thomas Hofschuster sagte, "Lobeshymnen sind Ihren Genossen vorbehalten". Aber auch er bescheinigte Kränzlein, seine Aufgabe "im Großen und Ganzen gut gemacht" zu haben, "aufbauend auf der Vorarbeit seines Vorgängers Erich Pürkner", der von der CSU kam. Hofschuster wünschte dem scheidenden Bürgermeister einen "schönen Ruhestand" und riet ihm, die Zeit nicht "durch Ambitionen auf den Landtag" zu vertun, in Anspielung auf dessen Bewerbung um das Mandat im Wahlbezirk Bruck-West und Landsberg.

Kränzlein dankte für "fünf wunderschöne Reden" und bedauerte nachträglich, dass er diese "nicht öffentlich gehalten haben wollte". Er zitierte Karl Valentin und Karl Marx, dass die Zukunft früher besser war und das Sein das Bewusstsein bestimme. Als Bürgermeister habe man eine "große Entscheidungsmacht", man werde aber auch "komisch" und grüße "prophylaktisch alle Leute auf der Straße, um nicht arrogant zu wirken". Die Arbeit eines Bürgermeisters sei manchmal "Stress pur über lange Phasen, das geht unter die Haut und man reagiert nicht immer optimal". Im Nachhinein betrachtet, hätte er manches besser nicht so gesagt, bekannte Kränzlein. Sein Nachfolger werde es vielleicht besser haben, weil er auf alle zugehe. Aber Seidl werde "kein gmahde Wiesn" vorfinden. Sollte er in den Landtag einziehen, werde sich zeigen, ob man die Grünen noch ein bisschen erziehen könne.

© SZ vom 26.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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