Die spinnen, die Römer. Mag sein, aber bauen konnten sie. Die Aquädukte, das Kolosseum und das Pantheon sind nur einige der eindrucksvollen Bauwerke, die die einstige Weltmacht hervorgebracht hat. Auch dem Landkreis Fürstenfeldbruck haben die alten Römer wohl einen Besuch abgestattet. Und sie haben etwas dagelassen. Am Amperübergang bei Schöngeising zum Beispiel fand die Bayerische Gesellschaft für Unterwasserarchäologie in mehreren Tauchgängen Holzpfähle, die vermutlich die Überreste einer römischen Holzbrücke sind. Woher man das weiß? Man kann die Holzpfähle auf ihr Alter untersuchen und das Jahr bestimmen, in dem die Bäume gefällt wurden. Dadurch ergeben sich Rückschlüsse auf die historischen Gegebenheiten.
Die Forschung, die sich mit solchen Fragestellungen beschäftigt, nennt man Dendrochronologie. Es werden dabei nicht nur die erkennbaren Jahrringe des Baumes gezählt, von dem das Holz stammt, sondern es wird auch gemessen, wie breit die Jahrringe sind, erklärt Julia Weidemüller, Leiterin des Dendro-Labors des Landesamts für Denkmalpflege in Tierhaupten, bei einem Vortrag in der Stadtbibliothek Fürstenfeldbruck. Mithilfe von Computerprogrammen lesen die Forscher die gemessenen Ringbreiten ein und wandeln sie in Kurven um. Diese Kurven vergleicht man mit denen von Hölzern, die bereits datiert wurden.
Das geht allerdings nur für Bäume der gleichen Art, weil jede Baumart unterschiedlich auf günstige beziehungsweise ungünstige Klimabedingungen reagiert. Wenn man feststellen kann, dass die Kurven der beiden Holzproben, die verglichen werden, übereinstimmen, ist die jahrgenaue Altersbestimmung der Fälljahre möglich.
Im Fall der mutmaßlichen Holzbrücke am Amperübergang bei Schöngeising ergab sich eine Datierung ins erste und zweite Jahrhundert nach Christus, also in die Römerzeit. Es wird vermutet, dass die Holzbrücke mindestens bis ins vierte Jahrhundert nach Christus benutzt wurde. Der Forscher, der dies herausfand, ist Franz Herzig. Er hat jahrelang auf dem Gebiet der Dendrochronologie geforscht und leitete das Dendro-Labor in Tierhaupten vor Julia Weidemüller.
Nun verlieh die Gesellschaft für Archäologie in Bayern, vertreten durch den ersten Vorsitzenden Professor Bernd Päffgen, in der Stadtbibliothek Fürstenfeldbruck an Franz Herzig die Rainer-Christlein-Medaille. Er erhielt sie für "organisatorische, mäzenatische, öffentlichkeitswirksame, publizistische und wissenschaftliche Leistungen" im Bereich der Dendrochronologie. Eine besondere Ehre, die 2015 auch schon dem ehemaligen Fürstenfeldbrucker Kreisheimatpfleger Toni Drexler zuteilwurde.
Neben der Verleihung in der Stadtbibliothek ehrte die Forscherin und jetzige Leiterin des Dendro-Labors, Julia Weidemüller, ihren Vorgänger und Mentor mit einem Vortrag zum Thema Dendrochronologie. Sie erläuterte vor Fachpublikum und interessierten Bürgerinnen und Bürgern aus dem Landkreis die Methodik der Dendrochronologie und erzählte von den vielen Projekten, die sie gemeinsam mit Franz Herzig erleben durfte, darunter die Untersuchungen am Amperübergang.
Am glücklichsten, sagt sie, sei Franz Herzig immer dann gewesen, wenn er mit einem neuen Holzstück im Gepäck ins Labor konnte, um dort herauszufinden, welchen alten Schatz er nun wieder in den Händen hielt.