Fürstenfeldbruck:Cannabis unter der Matratze

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Schön, aber illegal: Die Blüten einer Marihuanapflanze haben eine berauschende Wirkung. Die Bundesregierung will Cannabis dennoch legalisieren. Bis dahin ist der Besitz, Anbau und Verkauf in Deutschland strafbar und fällt unter das Betäubungsmittelgesetz. (Foto: Panama Pictures/action press)

Jugendrichter stellt Verfahren wegen des Besitzes von 0,4 Gramm Haschisch gegen 21 Jahre alten Puchheimer ein.

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Die Situation ist etwas grotesk: Während in Berlin Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach Eckpunkte für die Legalisierung von Cannabis vorstellt, sitzt in Fürstenfeldbruck ein junger Mann auf der Anklagebank des Jugendgerichts. Ihm wird ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz zur Last gelegt; die Polizei hatte in seinem Zimmer 0,4 Gramm der berauschenden Substanz gefunden. Wie der Richter dem 21-Jährigen erklärt, hätte er - oder auch schon die Staatanwaltschaft - angesichts der geringen Menge normalerweise von einer Strafverfolgung abgesehen und das Verfahren eingestellt. Da der Puchheimer aber schon einmal mit Drogen erwischt worden ist, muss die Justiz mehr Härte walten lassen.

Also kommt es am Mittwochmorgen zum Prozess; neben Richter, Staatsanwältin und Protokollführerin sitzen auch zwei Vertreter der Jugendgerichtshilfe im Saal. Auslöser für das Verfahren war ein Polizeieinsatz beim Angeklagten. Wegen einer familiären Auseinandersetzung, die offenbar nicht nur verbal ausgetragen wurde, hatten die Eltern des 21-Jährigen im Frühjahr die Polizei gerufen. Der 21-Jährige wohnt noch bei ihnen, die beiden älteren Geschwister sind bereits ausgezogen. "Die Polizei ist gekommen, und dann hat der Vater wohl die Drogen unter der Matratze hervorgeholt", liest Richter Johann Steigmayer aus den Akten vor. Und ergänzt, dass der 21-Jährige schon einmal wegen Marihuana mit dem Gesetz in Konflikt geraten war.

Fünf Termine bei der Berufsberatung

"Wegen 0,4 Gramm Haschisch, klar wird das normalerweise eingestellt", allerdings nicht bei einem zweiten Verstoß, unterstreicht der Vorsitzende. Der Angeklagte erklärt errötend auf dessen Frage, dass das kleine Drogenstück bereits ein Jahr unter seiner Matratze gelegen sei. Früher, ja, da habe er ab und zu etwas konsumiert, aber jetzt schon länger nicht mehr, versichert er. "Die Schwester hat informell genickt", teilt Steigmayer in Richtung der Staatsanwältin mit. Offensichtlich glaubt er dem 21-Jährigen. Denn er schlägt der Staatsanwältin vor, das Verfahren einzustellen und lehnt ihren Einwand ab, der Angeklagte müsse dann aber noch an einem Drogen-Präventionskurs teilnehmen. Der sei nur für Drogenkonsumenten sinnvoll, da gäbe es genügend geeignetere Kandidaten, sagt der Richter. Schließlich wird das Verfahren gegen die Teilnahme an fünf Berufsberatungsgesprächen beim Verein Sprint eingestellt; denn der 21-Jährige hat noch keinen Plan für seine Zukunft.

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