Bürgermeisterwahl in Eichenau:Ein wenig Schlagabtausch, ein bisschen Songcontest

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Bürgermeister und Gegenkandidaten (von links): Peter Münster, Peter Zeiler und Markus Hausberger. (Foto: Günther Reger)

Bei einer Podiumsdiskussion stellen sich die drei Kandidaten den Fragen von Jugend- und Umweltbeirat. Eine Punktewertung der Veranstalter gewinnt am Ende der Amtsinhaber.

Von Carim Soliman, Eichenau

In der Eichenauer Friesenhalle herrscht am Montagabend Krisenstimmung. Zum einen, weil viel über Krisen gesprochen wird. Krisen nationalen, gar globalen Ausmaßes: der russische Krieg gegen die Ukraine, die Inflation, die Klimakrise. Zum anderen, weil es am Ort des Geschehens erstmal eine technische Krise zu bewältigen gilt, wenn auch nur eine kleine. Auf der Mikroebene, wenn man so will, denn der Ton will nicht so recht. Es braucht mehrere Anläufe, bis es losgehen kann mit der Podiumsdiskussion der drei Kandidaten für das Bürgermeisteramt Eichenaus.

Organisiert wurde die Runde durch den Jugend- und den Umweltbeirat der Gemeinde. Erich C. Setzwein, Redakteur der Fürstenfeldbrucker Lokalredaktion der Süddeutschen Zeitung , führt als Moderator durch den Abend. Er stellt gleich zu Beginn klar: Alle 28 Fragen der Beiräte werden innerhalb der angesetzten 90 Minuten nicht zur Sprache kommen können. Schließlich sind am Ende noch Fragen aus dem Publikum vorgesehen. Gut 70 Eichenauerinnen und Eichenauer haben an den Tischen im Friesensaal bei Weißbier und Sprudelwasser Platz genommen. Hinzu kommen die etwa 50 Zuschauerinnen und Zuschauer des eigens eingerichteten Livestreams.

Gut 70 Interessierte zieht die Podiumsdiskussion der Bürgermeisterkandidaten in der Friesenhalle am Montagabend an. (Foto: Günther Reger)

Bevor es um die erste Frage der Beiräte geht, werden die drei Kandidaten gebeten, sich kurz vorzustellen. Berufspolitiker Peter Münster (FDP), seine Anwaltstätigkeit ruht momentan, ist seit sechs Jahren Bürgermeister. Der 56-Jährige ist ein Eichenauer Urgestein, privat wie politisch. CSU-Kandidat und Bankfachwirt Peter Zeiler, 57, ist ebenfalls tief in Eichenau verwurzelt. Seit rund 20 Jahren ist er Gemeinderatsmitglied. Dagegen ist Markus Hausberger von den Grünen fast ein neues Gesicht. Das selbst erklärte "Küken in der Runde" ist 44 Jahre alt und von Beruf Portfoliomanager bei einer Bank. Erst seit drei Jahren ist Hausberger Kommunalpolitiker.

Es geht schließlich ans Eingemachte, die Krisen. Wie gedenken die Kandidaten, will der Umweltbeirat wissen, Eichenau "krisenfest" zu machen. Hausberger teilt das Krisenmanagement in zwei Bereiche, in die Bekämpfung von Symptomen und die der eigentlichen Krisen selbst. Eichenau "wetterfest" zu machen, gegen Hochwasser, versteht er als Symptombekämpfung, die Energiekrise fällt ihm zufolge in den zweiten Bereich. Hier gelte es "die Abhängigkeit zu bewältigen", sich durch erneuerbare Energien von den schmutzigen fossilen Brennstoffen freizumachen. Peter Zeiler sieht für viele Probleme dieser Tage Länder und Bund in der Verantwortung, bei "Umwelt und Energie" könne man in Eichenau aber sicher einiges bewegen. Amtsinhaber Münster sieht vor allem in langfristiger Planung den Schlüssel zur Krisenbewältigung, "bis 2038 und 2050" - wichtige Klimaziele. Alle drei Kandidaten bedanken sich bei Freiwilligen und Ehrenamtlichen für ihr Engagement bei der Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine.

Befürwortet ein neues Gewerbegebiet nördlich der Bahn: der amtierende Bürgermeister Peter Münster. (Foto: Günther Reger)

Spätestens mit der Frage um das mögliche Gewerbegebiet auf dem Gelände nördlich der Bahnlinie ist es vorbei mit der Eintracht. Münster ist seit langem Befürworter des Projekts. Die Einnahmen der Gemeinde aus dem Steuerverbund lägen bei derzeit "1160 Euro pro Kopf", rechnet der Bürgermeister genau vor. Zu wenig und noch dazu mit sinkender Tendenz. Das Gewerbegebiet brächte neue Steuereinnahmen. CSU-Kandidat Zeiler pflichtet ihm bei, betrachtet das Gewerbegebiet aber eher als langfristige Lösung. Neu angesiedelte Betriebe würden Einnahmen vorerst reinvestieren und so Vorteile bei der Gewerbesteuer geltend machen, die Gemeinde hätte also erst einmal wenig davon. Hausberger geht noch weiter, er will "definitiv kein Gewerbegebiet." Es sei nicht nur wirtschaftlich riskant und überholt. Ein umweltpolitischer Fehler wäre es sowieso. Den Steuerzahlen des amtierenden Bürgermeisters entgegnet Hausberger mit Statistiken zu versiegelten Flächen in Bayern. Wenn auf besagter Fläche etwas gebaut werden soll, sagt er, dann höchstens ein Energiepark.

Markus Hausberger hat die Grünen verlassen. (Foto: Günther Reger)

Angriffslustig zeigt sich der Grüne auch beim Thema Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Eichenauer Hauptstraße. Münster und Zeiler sind hier gegen ein Tempo 30. CSU-Kandidat Zeiler sieht vor allem rechtliche Hürden, außerdem würde Verkehr dann auf Nebenstraßen ausweichen. Münster mahnt an die Eigenverantwortung der Fahrerinnen und Fahrer. Die meisten würden, wenn Kinder aus der anliegenden Schule und der Kita unterwegs sind, von sich aus höchstens 30 fahren. Die wenigen, die ohnehin zu schnell fahren, "lassen sich auch nicht durch eine geringe Höchstgeschwindigkeit belehren." "Die Logik möchte ich umdrehen", erwidert Hausberger. Wenn ohnehin kaum jemand schneller fährt, was spricht dann gegen eine Begrenzung, um die wenigen Unverantwortlichen gegebenenfalls in die Schranken weisen zu können? Das rhetorische Manöver erntet Applaus.

Während der anschließenden Fragen zu mangelndem Wohnraum, demografischem Wandel und dem Ausbau des S-Bahnhofs schärfen sich die Linien der Wahlkämpfer weiter. Zu jeder Frage nach Zukunftsplänen kann Titelverteidiger Münster auf ein Projekt verweisen, das er bereits angestoßen hat. Soll heißen: Ich bin längst dran. Zeiler spricht viel von "Eigenverantwortung" und "politischem Willen". Er will sich auf Politik beschränken, die er als realistisch erachtet. Hausberger redet viel und lang, zeichnet eine ambitionierte Zukunftsvision, wenn auch nicht immer sattelfest. Stellenweise korrigiert ihn Münster im Hinblick auf verwaltungstechnische Abläufe. Bei einer Rückfrage nach der Finanzierung seiner Vorhaben kann Hausberger nur vage antworten.

Trotzdem überzeugt er mit seinem Enthusiasmus. "Ich bin unvoreingenommen hergekommen", sagt Hans Schmid, 63, nach der Podiumsdiskussion. "Aber Markus Hausberger hat sehr interessante Antworten gegeben. Ich denke, ich werde ihn auch wählen." Für Norbert Stockmann, 59, hat der Grüne "mit Abstand" die beste Figur gemacht. "Der Hausberger hat richtig gebrannt."

Peter Zeiler (CSU). (Foto: Günther Reger)

Zum Schluss richtet jeder Kandidat einen Appell an die Wählerinnen und Wähler. Was die drei nicht ahnen: Ihr Schlussplädoyer zählt doppelt. Der Jugendbeirat hat die Kandidaten während der Podiumsdiskussion nach Punkten bewertet. Bis zu fünf gab es für eine Antwort, zehn am Schluss. Bürgermeister Münster geht demnach als rechnerischer Sieger (112 Punkte) hervor, dicht gefolgt von Hausberger (107 Punkte). Peter Zeiler muss sich mit Platz drei begnügen (94 Punkte). Ein Hauch Eurovision Song Contest in der Eichenauer Friesenhalle.

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