Bedrohte Arten:Wo der Kiebitz gaukelnd balzt

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Das Kiebitzküken sitzt gut versteckt auf einem Feld unter einer jungen Pflanze. (Foto: Ralph Sturm/oh/ LBV Bildarchiv)

Auch im Landkreis geht die Zahl der Bodenbrüter zurück. Wo man die Vögel sehen kann und wie jeder einzelne zu ihrem Schutz beitragen kann.

Von Ingrid Hügenell, Fürstenfeldbruck

Der Frühling ist die beste Zeit, um Vögel wie Kiebitz, Großen Brachvogel, Feldlerche und Bekassine zu beobachten. Dann kehren sie aus den Winterquartieren zu ihren Brutplätzen zurück. Noch gibt es sie im Landkreis, doch sie sind selten geworden. Was der Anbau von Wintergetreide und Spaziergänger mit Hunden damit zu tun haben, hat Katharina Platzdasch kürzlich bei einem Online-Vortrag des Landesbunds für Vogelschutz (LBV) erläutert - und auch, wie jeder den Tieren helfen kann.

Liebevoll erläutert die Biologin die Besonderheiten der Arten. Der Wiesenpieper etwa gleite singend vom Himmel herab, die ausgebreiteten Flügel dienen als Fallschirm. Der kleine Kerl ist vom Aussterben bedroht. Das Rebhuhn, früher überall häufig, sei im Gegensatz zu den meisten Bodenbrütern kein Zugvogel. Die Tiere sind etwa halb so groß wie Haushühner und an ihrem rostroten, hufeisenförmigen Brustfleck leicht zu erkennen.

Rebhühner graben sich im Winter gerne Schneehöhlen. Man kann sie an ihrem Brustfleck gut erkennen. Der kurze Schwanz unterscheidet sie deutlich vom Fasan. (Foto: Gunter Zieger/oh/ LBV Bildarchiv)

Der beste Punkt, von dem aus man viele dieser Bodenbrüter sehen kann, ist im Landkreis der Vogelbeobachtungsturm bei Kottgeisering. Von dort aus kann man weit hinaus aufs Ampermoos schauen, wo die Zahlen einzelner Arten wie des Großen Brachvogels dank engagierter Schutzmaßnahmen wieder steigen.

Keinen Erfolg hatten Artenschutzmaßnahmen dagegen im Allinger Moos, wie Platzdasch berichtet. Dort habe man von 2009 bis 2015 versucht, die Kiebitze zu schützen. 2009 hätten in dem Gebiet noch 23 Paare gebrütet. 2015 waren es trotz der Schutzmaßnahmen nur noch drei bis vier Paare und 2021 kein einziges mehr. Gründe sind Platzdasch zufolge zum einen die "gestiegene Freizeitnutzung" dort und die Landwirtschaft.

Kiebitze sind im Flug gut zu erkennen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Mit etwas Glück kann man im Frühling jedoch an der Maisach Kiebitze bei ihren tanzenden Balzflügen sehen. Einige Paare der schwarz-weißen Vögel mit den typisch abgerundeten Flügeln und der Federhaube brüten dort, beschützt von Mitarbeitern der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt. Feldlerchen, die zum Balzflug singend aufsteigen und minutenlang zu hören sein können, trifft man nur noch vereinzelt im Landkreis an. "Der Bestand geht deutlich zurück", bedauert Platzdasch.

Minutenlang können Feldlerchen fliegend singen. (Foto: Andreas Neuthe/picture alliance / dpa)

Bodenbrüter legen ihre Eier in Erdmulden, die sie oft mit Gras oder Heu polstern. Die Jungen sind getarnt, so wie das gefleckte Kiebitzküken, das Platzdasch "zuckersüß" findet. Sie laufen nicht davon, wenn ein Feind kommt, sondern ducken sich tiefer in die Mulde. Jeder, der draußen unterwegs ist, kann von März bis Juli zum Schutz der Tiere beitragen - indem er oder sie auf den Wegen bleibt und den Hund anleint.

"Die Vögel geben ihr Gelege auf, wenn sie mehrmals aufgestört werden", erklärt Platzdasch. Die Küken in den Eiern sterben dann. Es gehe gar nicht darum, ob der Hund die Vögel jage. Allein schon, wenn er fröhlich über Feld und Wiese tobe, schrecke er die Tiere auf. "Anhaltende, wiederholte Störungen sind das Problem", bekräftigt Simon Weigl vom Kreisverband des LBV. "Wenn alle halbe Stunde jemand vorbeikommt oder der Hund durchhüpft."

Eine andere Art der Landwirtschaft könnte den Vögeln helfen

Die Landwirte könnten helfen, indem sie ihre Felder nicht nachts bewirtschaften, denn bei Dunkelheit können auch die erwachsenen Tiere nicht flüchten. Damit sie fliehen können, wäre es laut Platzdasch gut, wenn von innen nach außen gemäht würde statt wie meist von außen nach innen. Wintergetreide steht zur Brutzeit schon so hoch, dass die Tiere keinen Platz mehr für ihr Nest finden. Pestizide gefährden die Vögel direkt, aber auch die Insekten, die wichtigste Nahrungsquelle der Küken. Die Biologin plädiert für eine weniger intensive Landwirtschaft, für Sommergetreide, spätere Maissorten und Reihen, die so weit auseinander stehen, dass Platz bleibt für Nester. Ist deren Standort bekannt, kann man sie durch Netzzäune schützen oder so kenntlich machen, dass der Bauer bei der Feldarbeit außen herum fahren kann.

Und auch jeder Gärtner kann etwas für die Bodenbrüter tun - indem er Erde ohne Torf kauft und so Moore vor der Zerstörung bewahrt. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Jagd. In sechs EU-Ländern ist Platzdasch zufolge die Jagd auch auf kleine Vögel erlaubt, das dezimiere die Bestände, sei aber nicht der entscheidende Grund für den Rückgang.

Große Brachvögel in den Amperauen. (Foto: Landschaftspflegeverband/oh)

Damit man sie schützen kann, muss man wissen, wo sich welche Vögel aufhalten. Um das zu erfahren, setzt der LBV darauf, dass Vogelfreunde ihre Beobachtungen melden. "Das ist total wichtig", sagt Simon Weigl. Nur so habe der LBV etwa erfahren, dass es auch am Fliegerhorst Fürstenfeldbruck Brachvögel gebe und sich um sie kümmern können.

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