Energiekrise:Blackout-Gefahr: Landrat ruft zur Vorsorge auf

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Vorräte sollten nur Schritt für Schritt eingekauft werden, rät das Landratsamt. (Foto: Martin Wagner/imago)

Jeder einzelne solle sich darauf einstellen, dass der Strom tagelang ausfallen könnte, warnt die Fürstenfeldbrucker Kreisbehörde. Auch die einzelnen Kommunen versuchen sich darauf vorzubereiten.

Von Heike A. Batzer und Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Der "Ratgeber für Notfallvorsorge und richtiges Handeln in Notsituationen" mit dem Titel "Katastrophen-Alarm", den das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe herausgibt, ist längst vergriffen. Die Nachfrage, wie man sich in Notsituationen richtig verhält, ist groß in diesen Tagen. Nun warnt auch Fürstenfeldbrucks Landrat Thomas Karmasin (CSU) vor einem möglichen Blackout und ruft die Bevölkerung im Landkreis explizit dazu auf, Vorsorge zu treffen.

Ohne Strom geht nichts

Fachleute warnen vor einem flächendeckenden Stromausfall. Er könnte das öffentliche Leben zum Stillstand bringen, denn Strom wird für alle Dinge des täglichen Lebens benötigt. Ohne Strom funktioniert nahezu nichts mehr: keine Beleuchtung, keine Heizung, kein Warmwasser, keine Handys und kein Internet, keine medizinische Versorgung, keine S- und U-Bahnen, weder Kühlung noch Zubereitung von Lebensmitteln, keine Waschmaschine, keine Wasser- und keine Abwasserentsorgung, keine Ampel, kein Geldautomat, keine Produktion. Die Aufzählung ließe sich beliebig verlängern. Das gesamte Leben ist abhängig vom Strom, und kaum jemand, der nicht noch Kriegs- oder Nachkriegszeit erlebt hat, kann sich vermutlich vorstellen, wie das ist, länger ohne Strom zu sein. Dennoch werde die Wahrscheinlichkeit eines großflächigen Stromausfalls immer größer, warnt Landrat Karmasin und appelliert an die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger: "Insbesondere der privaten Vorsorge eines jeden Einzelnen von uns kommt eine zentrale Bedeutung zu." Jeder solle sich daher einen Vorrat an Lebensmitteln, Wasser, Hygieneartikeln, Medikamenten und Bargeld anlegen, der für etwa zehn Tage ausreicht.

Wenn die Pumpen nicht mehr laufen, wie hier im Hochbehälter am Steinberg, fällt in Germering die Trinkwasserversorgung aus. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Während die meisten Menschen durchaus lokale Stromausfälle von einigen Minuten oder Stunden schon erlebt haben, gab es einen Blackout - also einen langandauernden, flächendeckenden Stromausfall - in Europa bisher nicht. Dass ein solches Ereignis in naher Zukunft jedoch eintreten könnte, diese Sorge treibt Karmasin und seine Kreisverwaltung zunehmend um, auch weil zu den bekannten möglichen Auslösern wie technisches oder menschliches Versagen, Extremwetterereignisse oder Terrorangriffe auch noch die aktuelle Gasmangellage als weiterer Risikofaktor hinzugekommen ist. Im Landratsamt ist man bereits intensiv mit dem Thema befasst. Zum einen geht es darum, welche Vorkehrungen zu treffen sind, um die Behörde möglichst funktionsfähig zu halten, zum anderen finden Abstimmungsgespräche mit den Vertretern der Städte und Gemeinden statt, mit den Hilfsorganisationen und anderen Einrichtungen der kritischen Infrastruktur.

Bilder aus dem Lockdown während der Pandemie verdeutlichen, wie es bei einem Stromausfall an den Tankstellen aussehen könnte. Nur dass dort auch kein Licht mehr brennt. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Auf Krise spezialisiert

Zunächst will die Behörde "ein möglichst breites Bewusstsein für das Thema zu schaffen" und bewirken, dass sich jeder einzelne auf das Szenario eines Blackouts einstellt. Unterstützt wird das Landratsamt dabei von Sandra Kreitner, einer diplomierten Chemikerin und promovierten Biophysikerin, die sich als Notfall- und Krisenmanagerin auf das Thema Blackout spezialisiert hat und Kommunen, Infrastruktureinrichtungen und die Bevölkerung bei der Vorbereitung berät. Das beginnt schon damit, dass, wie Kreitner auf ihrer Internetseite schreibt, viele Menschen ihre eigenen Vorräte größer einschätzten als diese tatsächlich sind. Ein Drittel der Bevölkerung würde wohl vier Tage über die Runden kommen, ein weiteres Drittel sieben Tage und das restliche Drittel bis zu zwei Wochen.

Weil von einem großflächigen Stromausfall ausgegangen werden muss, kann man sich laut Kreisbehörde auch nicht darauf verlassen, zum Beispiel in den Nachbarlandkreis zu fahren, zum Tanken oder Einkaufen, denn auch dieser werde höchstwahrscheinlich von einem Blackout betroffen sein. Auch mit Unterstützung von Seiten des Bundes oder des Landes Bayern sei nicht in großem Umfang zu rechnen, sollten ganz Deutschland und eventuell auch weite Teile Europas betroffen sein, warnt das Landratsamt. Und auch als untere Katastrophenschutzbehörde werde es selbst kaum in der Lage sein, "für sämtliche betroffenen Einrichtungen Vorkehrungen zu treffen oder die Versorgung für die komplette Landkreisbevölkerung sicherzustellen".

Auch einzelne Kommunen bereiten sich bereits vor. So hat die Gemeinde Eichenau jüngst ein Notstromaggregat bestellt und will im Fall des Falles die Küche der Starzelbachschule so weit ertüchtigen, um warme Mahlzeiten für jene zuzubereiten zu können, die in einer Energiekrise nicht mehr selbst kochen können. Empfehlungen zur Vorbereitung auf einen möglichen Blackout finden sich unter www.lra-ffb.de/blackout, im Rahmen der Kampagne www.schritt-fuer-schritt-krisenfit.de oder auf der Website des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe unter www.bbk.bund.de. Dort findet sich auch der derzeit vergriffene Notfallratgeber als Download.

Was man im Haus haben sollte

Die Kreisbehörde weist darauf hin, dass die für zehn Tage reichenden Vorräte nicht auf einmal eingekauft werden sollten, sondern nach und nach. Vor allem Wasser in Flaschen sollte in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Je nach Geschmack werden pro Person folgende Mengen empfohlen:

2 x Brot (in Dosen, Knäckebrot)

4 x Wurst in Dosen oder vegetarische Aufstriche

2 x Nudeln (500 Gramm)

1 x Reis (500 Gramm)

2 x Kartoffelpüree-Pulver (350 Gramm)

2 x Haferflocken (500 Gramm), Grieß oder Müsli

2 x H-Milch

2 x Tomatensauce (500 Gramm) oder 4 x Pesto

2 x Sauerkraut (500 Gramm) oder anderes vitaminreiches Gemüse

2 x Mais (300 Gramm)

2 x Erbsen (300 Gramm)

20 Liter Wasser

4 x Obstkonserven (zum Beispiel Ananas, Kirschen, Pfirsiche)

1 Kilogramm Milchprodukte, Hartkäse

1 Kilogramm Fisch, Wurst, Eier (zum Beispiel Konservenfisch, Würstel im Glas, Wurst in der Dose)

0,5 Kilogramm Fette, Öle (Margarine, Olivenöl)

Zucker, Honig, Nüsse, Marmelade, Süßigkeiten, Fertiggerichte in Konserven, Mehl, Brühe, Kekse, Salz.

1-2 Packungen Toilettenpapier

Hygieneartikel (Seife, Zahnpasta, Deo)

Babybedarf (Windeln, Babynahrung, Milchpulver für mindestens zwei Wochen)

Haustierbedarf für zwei Wochen (Futter, Medikamente, Einstreu)

Neben den Vorräten von Lebensmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs hält es die Kreisbehörde für nützlich, weiter Artikel und Geräte vorzuhalten:

Campingkocher

Kohle oder Gas für den Grill (wegen der Vergiftungsgefahr aber nur draußen verwenden)

Campinglampen, Stirnlampen oder Taschenlampen mit Batterien

Kerzen mit Feuerzeug, Streichhölzern

ein batteriebetriebenes Radio mit Batterien

persönliche Medikamente für zwei Wochen

Bargeld in kleinen Scheinen und Münzen, weil Geldautomaten und der bargeldlose Zahlungsverkehr nicht mehr funktionieren.

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