Energiewende:Heimisches Biogas für die Wärmewende

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Im baden-württembergischen Singen betreibt die Firma Remondis diese Biomüll-Vergärungsanlage. Eine solche könnte auch in Maisach entstehen. (Foto: Remondis/Reterra)

Aus organischen Abfällen Energie erzeugen möchte die Firma Remondis in Maisach. Die Gemeinderäte sehen darin Potenzial für die eigenen Pläne, unabhängiger zu werden.

Von Heike A. Batzer, Maisach

In Maisach könnte eine Biomüllvergärungsanlage entstehen. Zumindest gibt es dort eine Fläche, die die Gemeinde für ein derartiges Vorhaben ins Gespräch gebracht hat. Das Entsorgungsunternehmen Remondis zeigt Interesse an Bau und Betrieb einer solchen Anlage. Drei Vertreter der Firma stellten jetzt ihre Pläne im Maisacher Gemeinderat vor.

Dass auch Energieerzeugung über die Biomüllvergärung eine Möglichkeit sein könne, künftig "eine bezahlbare Wärmeversorgung für die Bürger sicherzustellen", darauf wies eingangs Bürgermeister Hans Seidl (CSU) hin. Die Kommunen seien von der Ampelregierung verpflichtet worden, Wärmepläne abzuliefern. Eine Biomüllvergärungsanlage könnte ein Baustein dazu sein. Der potenzielle Standort befindet sich im Westen von Maisach, in dem Karree zwischen Bahnlinie, Kreisstraße FFB1 (die in Richtung Aufkirchen führt) und Aspengraben. Nordwestlich der Fläche liegt in einigem Abstand der Ortsteil Germerswang, südöstlich das Maisacher Gewerbegebiet an der Frauenstraße. Der potenzielle Standort grenzt an eine große Freiflächen-Photovoltaikanlage, eine weitere soll dort hinzukommen. Damit läge die Vergärungsanlage "in einem Energieerzeugungsgebiet", betonte Seidl.

Eine Biomüllvergärungsanlage braucht genügend Bioabfall, um wirtschaftlich betrieben werden zu können. Für die drei Landkreise Fürstenfeldbruck, Dachau und Starnberg nennt Remondis ein Mengenpotenzial von 34 000 Tonnen Bioabfällen pro Jahr. Die drei Landkreise hatten vor zwei Jahren eine Arbeitsgemeinschaft gegründet, um Möglichkeiten einer gemeinsamen Bioabfallverwertung zu prüfen. Der Kreis Fürstenfeldbruck beispielsweise lässt seinen Biomüll derzeit noch in eine Vergärungsanlage ins einhundert Kilometer entfernte Volkenschwand im Landkreis Kelheim fahren. 2025 wird er eine Biotonne einführen und erhofft sich davon erhöhte Sammelmengen. Das würde - zusammen mit den beiden Nachbarkreisen - auch den Betrieb einer eigenen Vergärung rentabel machen. Der Landkreis Fürstenfeldbruck hatte seine Kommunen aufgerufen, ihm geeignete mögliche Standorte für den Bau einer Vergärungsanlage zu nennen.

Täglich würden 20 Anlieferungsfahrten nötig

Die Gemeinde Maisach hatte die beiden zusammenhängenden Grundstücke auf Maisacher und Germerswanger Flur vorgeschlagen. Remondis würde dort eine Anlage für eine Kapazität von insgesamt 50 000 Tonnen Bioabfall bauen. Täglich würden nach Angaben der Firma etwa 20 Anlieferungsfahrten nötig sein, wobei 17 Fahrten davon bis zum Nachmittag erledigt sein sollen. Die Anlieferung des Bioabfalls soll aus allen Landkreisen vor allem über die B471 erfolgen, weshalb Maisach selbst vom Anlieferverkehr nicht betroffen sei, sagte Ulrich Steinborn, Geschäftsführer der Reterra Süd, einer Tochtergesellschaft von Remondis Süd. Sorgen wegen eines befürchteten erhöhten Verkehrsaufkommens hatte sich in der Aktuellen Viertelstunde zu Beginn der Sitzung eine Zuhörerin gemacht. Ein gutes Dutzend Interessierte war eigens für den Remondis-Bericht gekommen.

Das Unternehmen will auch eine Garantie für fehlende Mengen übernehmen, falls in den Landkreisen nicht genügend Biomüll zusammenkommt. "Wir trauen uns zu, die 50 000-Tonnen-Anlage komplett auszulasten", so Steinborn. Laut Frank Gärtner, Geschäftsführer von Remondis Süd, gilt das auch, wenn sich nur zwei der drei Landkreise zusammenschließen würden. Steinborn ergänzte, dass Remondis durch sein Netzwerk auch in der Lage sei, einen Anlagenausfall zu kompensieren. Damit spielte er auf den aktuellen Fall in der Gemeinde Brunnthal (Landkreis München) an, in der eine Vergärungsanlage seit einiger Zeit still steht.

Remondis hatte von sich aus Interesse am Standort Maisach bekundet. Jan Endriß, Betriebsleiter einer Remondis-Anlage im baden-württembergischen Singen, skizzierte die Funktionsweise einer solchen Anlage. In Singen wurde die seit 2013 bestehende Kompostierungsanlage um eine Biomüllvergärung erweitert. Der Bioabfall aus den Haushalten werde zunächst aufbereitet, erläuterte Endriß, dann entstehen durch Vergärung zum einen Kompost und Flüssigdünger. Beides findet in der Landwirtschaft Verwendung und kann dort Mineraldünger ersetzen. Zum anderen entsteht Biogas. Daraus können Strom und Wärme produziert und anschließend ins Stromnetz oder in Nah- und Fernwärmenetze eingespeist werden. Oder aber das Biogas wird zu Biomethan aufbereitet und dann ins Erdgasnetz eingespeist. Biomethan gilt als CO2-neutral.

Die Grünen haben Bedenken wegen des Standorts

Biomethan aus 50 000 Tonnen Bioabfällen würde den Erdgasverbrauch von knapp 2300 Drei-Personen-Haushalten ersetzen, rechnete Endriß aus. Wenn es tatsächlich möglich sein sollte, dieses Biogas in die Gasheizungen der Haushalte einzubringen, müsste der 65-prozentige Anteil an Erneuerbaren Energien, den das neue Heizungsgesetz der Bundesregierung vorsieht, erfüllt sein, ergänzte Maisachs Energiereferent Gottfried Obermair (FW). Er frohlockte geradezu, als er das Szenario fortschrieb: "Dann müssten die alten Gasheizungen weiterlaufen dürfen. Wenn das der Fall wäre, wäre das hier ein Riesenvorteil." Das sei dann wohl auch grundlastfähig, ergänzte CSU-Rätin Evi Huttenloher: "Was kann uns Besseres passieren?"

Ob es zu Geruchsbelästigungen kommen könnte, wollte Christa Turini-Huber (CSU) wissen. Endriß konnte sie beruhigen: Das Lager befinde sich in einer geschlossenen Halle und eine doppelte Torschleuse mit Luftabsaugung sorge dafür, dass die Lastwagen nur in der eingehausten Schleusenhalle entleeren können. Angelika Simon-Kraus tat die Zweifel der Grünen am Standort kund und gab zu bedenken, dass es sich bei der ausgewiesenen Fläche um ein "ökologisch interessantes Gebiet" handle. Dort am Aspengraben würden sich Fuchs und Hase buchstäblich "gute Nacht sagen".

Remondis wirbt für sich mit der Kompetenz von deutschlandweit 70 Vergärungs- und Kompostierungsanlagen und 30 Jahren Erfahrung damit. Die Standortsuche aber nicht monatelang vor sich herzuschieben, empfahl am Ende Frank Gärtner: "Eine grundsätzliche Entscheidung müsste demnächst fallen." Denn dann könnte die Anlage Mitte 2027 stehen.

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