SZ-Adventskalender:Kampf gegen alle Rückschläge

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Aufgeben ist für René Prielmeier trotz Lähmung keine Option. Nun will er mit seiner Tochter reiten

Von Amelie Sittenauer, Fürstenfeldbruck

René Prielmeier, ein schlanker Mann mit scheuem Lächeln,hat mit seinen 43 Jahren schon mehr Herausforderungen gemeistert, als andere es in ihrem ganzen Leben müssen. Als junger Mensch ist Prielmeier in einen schweren Autounfall verwickelt. Dabei bricht er sich das Genick, seitdem ist er inkomplett querschnittsgelähmt. Er kann also laufen, lebt jedoch mit starken Spastiken. Prielmeier kämpft sich dennoch in ein selbständiges Leben zurück. Findet einen Job, wird Vater. Dann erlebt er vor einigen Jahren einen weiteren Rückschlag. Nach einem unglücklichen Sturz muss er seine Arbeit als Koch aufgeben. Heute lebt er von einer Frührente, die kaum zum Leben reicht. Sein Mittelpunkt ist die elfjährige Tochter. Sie hat Autismus und ADHS - und sie liebt Tiere. Für sie möchte Prielmeier weiterkämpfen. Zu Weihnachten wünscht er sich deshalb gemeinsame Reitstunden, die der Adventskalender für Gute Werke der Süddeutschen Zeitung René Prielmeier und seiner Tochter gerne ermöglichen würde.

Mit 21 Jahren hat René Prielmeier einen schweren Autounfall, seitdem ist er inkomplett Querschnittsgelähmt. Später stürzt er bei der Arbeit. Seitdem ist er auf Frührente angewiesen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Als sich Prielmeiers Leben zum ersten Mal schlagartig ändert, ist er erst 21. Er hat gerade seine Kochausbildung abgeschlossen und will vier Tage später nach Spanien auswandern, um dort ein Restaurant zu leiten. Doch innerhalb einiger Augenblicke ändert sich alles. Im Sekundenschlaf fährt der junge Mann in den Gegenverkehr, wird über die Fahrbahn geschleudert - sein Auto rammt einen großen Kastanienbaum. Prielmeier ist von da an inkomplett querschnittsgelähmt. Er liegt sechs Wochen im Koma, anschließend folgen ein halbes Jahr in einer Rehaklinik in Murnau. "Wenn man aus dem Koma kommt und das erste Mal wieder bei klarem Verstand ist, da verliert man erst einmal jegliche Hoffnung", erinnert sich Prielmeier.

(Foto: SZ Grafik)

Mit Krankengymnastik kämpft er sich wieder zurück ins Leben. Nach längerer Arbeitslosigkeit findet er durch eine Zeitungsannonce eine Stelle als Beilagenkoch in Freising. "Der Arbeitgeber hat mir trotz meiner körperlichen Einschränkungen die Chance gegeben mich zu beweisen. Und das habe ich dann gemacht. Ich habe mich bis zum stellvertretenden Küchenchef hochgearbeitet", erzählt Prielmeier. Acht Jahre bleibt er in Freising, dann lernt er seine Frau kennen und zieht nach Fürstenfeldbruck. Kurze Zeit später kommt die gemeinsame Tochter zur Welt. "Sie ist seitdem immer der wichtigste Punkt in meinem Leben gewesen", erzählt Prielmeier. Sie sei seine Motivation nie aufzugeben. Der junge Vater arbeitet in den folgenden Jahren in verschiedenen Küchen in Bruck und später in Olching. Das Leben ist machbar.

Bis im Januar 2016 plötzlich alles wieder ins Wanken gerät. Beim Wegräumen von Waren rutscht Prielmeier bei Glätte aus. Fällt auf sein Steißbein. Die körperlichen Schmerzen sind von da an so groß, dass seine Neurologin ihm rät, die Vollzeitstelle aufzugeben, erzählt er. Prielmeier muss stattdessen die Frührente beantragen. Das geht für ihn mit enormen finanziellen Einbußen einher. "Ich habe seitdem einfach die Grundlagen nicht mehr, um meiner Tochter und mir ein halbwegs vernünftiges Leben zu bieten". Der mittlerweile geschiedene Prielmeier ist von da an auf finanzielle und soziale Unterstützung angewiesen. Die findet er unter anderem bei der Caritas. Im Rahmen des ambulanten begleiteten Wohnens der Caritas kämpft er sich wieder zurück, bringt nach dem Rückschlag erneut Struktur in sein Leben. "Um wieder ein bisschen leichter durchs Leben zu kommen" sucht er aktuell auch wieder nach einem Minijob in einer Küche in der Nähe.

"Seit Corona ist natürlich die Lebensqualität noch einmal um einiges runtergegangen. Vor allem der gesellschaftliche Anschluss fehlt", sagt Prielmeier. Amperoase und Fitnessstudio, wo er zuvor regelmäßig war, um beweglich zu bleiben, sind geschlossen. Jetzt, so der gelernte Koch, versauere er viel zu häufig in der Wohnung. "Ich geniere mich in der Öffentlichkeit, weil man immer so angegafft wird. Das halte ich großteils ja aus, aber halt auch nicht immer", erzählt er. Nur die Krankengymnastik, die weiterhin stattfinden kann, und seine Tochter, geben ihm derzeit Halt und Zuversicht.

Seine Tochter ist es deshalb auch, der Prielmeier dieses Weihnachten eine besondere Freude machen will. Die Elfjährige hat Autismus und ADHS, der Kontakt zu Tieren tut ihr gut. "Zu ihnen baut sie sofort eine sehr enge Beziehung auf", erzählt der Vater. Zusammen waren die beiden mit Unterstützung der Caritas deshalb auch schon einmal in einem Reitstall. Vater und Tochter kümmern sich dort unter Anleitung um die Pferde, striegeln sie, satteln sie auf. Dann wird geritten. "Es ist sehr schön dort, alles liegt in der Natur. Wir blühen da beide voll auf", erzählt der Fürstenfeldbrucker. Es sei erholend, mal wieder weg zu sein, auf andere Gedanken zu kommen. Gerne würde Prielmeier seiner Tochter und sich einmal wieder diese Auszeit gönnen. Nur dazu fehlen ihm die finanziellen Mittel.

© SZ vom 05.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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