Bäcker Werner Nau muss seine Stammfiliale in Grunertshofen wegen Personalmangel unter der Woche schließen. Momentan kann er seine Backwaren nur noch samstags verkaufen, für die anderen Tage hat er nicht genügend Mitarbeiter. Seine Filiale in Fürstenfeldbruck ist momentan noch ganztags geöffnet, drei seiner anderen Filialen sperren bereits am Mittag zu. Der Personalmangel mache sich bei ihm seit drei Jahren schleichend bemerkbar, erzählt Nau. In seinen fünf Filialen hat er aktuell nur einen Lehrling im zweiten Lehrjahr, die Suche nach weiterem Nachwuchs gestaltet sich schwierig. Das große Problem sei die Bezahlung, sagt er. Andere Firmen könnten Mitarbeitern weitaus bessere Löhne anbieten, die er als Bäcker nicht bieten kann. "Ich müsste meine Backwaren zum doppelten Preis verkaufen, um dieselben Löhne zu erwirtschaften, die die IT-Firma von nebenan ihren Mitarbeitern zahlt", sagt er.
Als Innungsobermeister der Kreishandwerkerschaft Fürstenfeldbruck kann Nau bestätigen, dass viele Betriebe im Landkreis von ähnlichen Problemen betroffen sind. Innerhalb der Innung sei es ein viel diskutiertes Thema, Löhne und Preise anzuheben, um das Personal halten zu können. Laut dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) nimmt der Mangel an Fachkräften vor allem aufgrund der demographischen Entwicklung, aber auch wegen des Trends zu zunehmend akademischen Laufbahnen von Jugendlichen seit Jahren zu. Bei den Arbeitsagenturen sind nach Angaben des Zentralverbands derzeit 150 000 offene Stellen gemeldet, da aber nicht alle Betriebe unbesetzte Stellen an die Agenturen melden, geht der Verband von schätzungsweise 250 000 fehlenden Handwerkerinnen und Handwerkern aus.
Doch Fachkräftemangel ist nicht das einzige Problem in der Branche. Akute Sorgen bereiten dem Bäcker Ulrich Drexler aus Fürstenfeldbruck derzeit vor allem die steigenden Lebensmittelpreise und Energiekosten. Das Mehl ist bereits um 100 Prozent teurer geworden, die Gaspreise für den Winter sind noch nicht absehbar. Für Drexler, der seine Backöfen mit Gas beheizt, ein immenser Unsicherheitsfaktor. Um nicht selbst auf den gestiegenen Kosten sitzen zu bleiben, muss er diese teilweise an die Kunden weitergeben, gleichzeitig ist er mit seinen Filialen in überwiegend ländlichen Gegenden ein wichtiger Lebensmittelversorger und möchte auch nicht, dass seine Produkte zu Luxuswaren werden. "Da muss man irgendwie einen Mittelweg finden", sagt er. Laut einer Umfrage des Zentralverbandes können die meisten Betrieb ihre steigenden Kosten nicht vollständig an die Kunden weitergeben.
Lisa Eckhart:"Sie sitzen noch hier und lachen. Denken Sie mal drüber nach"
Freilich, die österreichische Kabarettistin Lisa Eckhart ist immer wieder kaum erträglich. Bei einem Auftritt bei München zeigt sie jedoch auch: wie hässlich die Gesellschaft ist. Eine Kritik.
Neben den steigenden Produktionskosten müssen derzeit auch Lieferengpässe einkalkuliert werden: Tüten und Verpackungsmaterialien hätten aktuell ein halbes Jahr Lieferzeit und müssten schon weit im Voraus bestellt werden, sagt Drexler. Auch die Unsicherheit, ob er im Falle eines Gas-Lieferstopps im Winter weiter produzieren kann, beschäftigt ihn. Die größte Belastung stellt für ihn diese große Planungsunsicherheit dar. "Personalmangel, steigende Gaspreise und dann vielleicht wieder eine nächste Coronawelle im Winter - es sind einfach zu viele Baustellen auf einmal", sagt Drexler.
Diese Sorgen teilt auch Dieter Arnold, Inhaber der Bäckerei Arnold in Dachau. Da die Personaldecke seit einigen Jahren immer dünner wird, stemmt er in seinem Familienbetrieb einen Großteil der Arbeit mit Unterstützung von Frau und Sohn selbst. Sein Arbeitstag beginnt um ein Uhr morgens - und das an sieben Tagen die Woche. Die seit Jahren steigenden Ansprüche an sein Handwerk findet er anmaßend. "Die Leute erwarten mittlerweile das ganze Jahr rund um die Uhr frische Semmeln, auch an Sonn- und Feiertagen und wir müssen liefern", sagt der mittlerweile 72-Jährige, der schon vor Jahren in die Rente hätte eintreten können. Weil aber sein Sohn, Dieter Arnold Junior, die drei Filialen wegen Personalmangel nicht alleine stemmen kann, packt er bis heute selbst mit an.
Die Frage nach Nachwuchs für den Betrieb betrifft neben Arnold noch viele weitere Handwerker in Deutschland. Nach Angaben des Zentralverbands werden in den nächsten fünf Jahren mindestens 125 000 Familienbetriebe eine Unternehmensnachfolgerin oder einen Unternehmensnachfolger finden müssen. Arnold Junior, der den Familienbetrieb eigentlich übernehmen sollte, überlegt mittlerweile, die Bäckerei aufzugeben. "Ich weiß ja wie viel Arbeit in unserem Betrieb steckt, deswegen kann ich es ihm nicht übel nehmen, wenn er damit nicht sein Leben verbringen will", sagt sein Vater.