Ausstellung in Gröbenzell:Schmerz, Trauma, Solidarität

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Eindrucksvolle Fotografien: die Ausstellung "Junge Frauen - friedensstiftende Politik" im Rathaus. (Foto: Leonhard Simon)

Fotografien von Nils Schwarz zeigen die Auszubildenden eines Modeateliers, die sich mit ihren Erlebnissen auseinandersetzen. Die Vernissage wird zur Feier der Weiblichkeit und des Friedens.

Von Fiona Rachel Fischer, Gröbenzell

"Können Menschenrechte jemals aus der Mode kommen?" Diese Frage stellt die Ausstellung "Junge Frauen - friedensstiftende Politik" des Schneiderateliers La Silhouette durch eindrucksvolle Fotografien ihren Besuchern. Anlässlich des "Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen" wurde die Ausstellung am Freitag im Gröbenzeller Rathaus eröffnet, die Vernissage setzt ein Zeichen für den Frieden.

"Menschenrechte und Frauenrechte beschäftigen uns ja alle gerade", sagt die Gleichstellungsbeauftragte der Gemeinde Gröbenzell, Margit Schaller, bei der Eröffnungsfeier. In den Grußworten wird die Situation der Frauen weltweit deutlich angesprochen. Katar, der Iran und der Krieg in der Ukraine sind Themen an diesem Abend, der den Frauen und dem Frieden gewidmet ist. Doch auch in Deutschland ist die Benachteiligung und Gefährdung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts nach wie vor ein Problem.

Ihm sei die Gleichberechtigung ein großes Anliegen, sagt Bürgermeister Martin Schäfer. Er freue sich über die feministische Ausstellung in seinen Räumen. Und er blickt zufrieden auf die Verdienste der Gemeinde um die Gleichstellung. Mit großer Geste überreicht er sein Sakko der Geschäftsführung des Ateliers. Kurz verrückt der Fokus des Abends, der den Frauen gehört. Das Kleidungsstück sei eine Stoffspende - die dann plötzlich zu einem Auftrag an die Maßschneiderei wird, die durchaus Altkleider wiederverwertet, aber sich eigentlich auf Damenmode spezialisiert hat. Das bestellte neue Sakko ist klar eine Werbeaktion. Für La Silhouette, wie der Bürgermeister sagt.

Tatsächlich ist die Damenmaßschneiderei La Silhouette der optimale Initiator für eine Ausstellung im Namen von Gleichberechtigung, Menschenrechten und Frieden. Das Atelier aus dem Münchner Osten hat sich schließlich die Förderung von jungen Frauen zur Aufgabe gemacht. Die 16 Auszubildenden kommen aus den verschiedensten Hintergründen und erhalten in dem Atelier eine ganzheitliche Ausbildung, die berufliche Integration ermöglicht und am Ende einen Gesellenbrief einbringt. Ganzheitlich, das heiße laut der neuen Geschäftsführerin Sonia Herzlitze auch eine psychosoziale Unterstützung der Auszubildenden, die oftmals traumatische Erfahrungen mitbringen. Durch Workshops werden diese gemeinsam aufgearbeitet. Der Alltag in der Ausbildung sei interkulturell, interreligiös und geprägt von Solidarität zwischen den Frauen.

"Gemeinsam wollen wir aktiv mitgestalten an einer Zukunft, die für alle gleichberechtigt und friedvoll ist", so Herzlitze. Wie, das erklärt die noch amtierende Geschäftsführerin Barbara Hemauer-Volk. "Die Priorität im Denken dem Frieden zu geben ist entscheidend." Das mache erstens in sich selbst friedvoller und zweitens ermögliche es eine kreativere Lösungsfindung. Durch die Arbeit an der Transformation von Schmerz und Trauma in positive Kräfte sei das Fotoprojekt erst entstanden.

Botschafterin in maßgeschneiderten Kleidern. (Foto: Leonhard Simon)

Die 27 Fotografien von Nils Schwarz zeigen die Auszubildenden des Modeateliers La Silhouette. Die jungen Frauen setzen sich mit eigenen traumatischen Erlebnissen auseinander und formulieren sie mithilfe von Sozialarbeitern. Diese Aussagen lesen die Ausstellungsbesucher nun auf ihrer Haut oder auf Plakaten, die die Frauen in die Kamera halten: "Deine Gewalt kannste behalten". "Du hast es nicht anders verdient... haben sie gesagt." Manche dieser Sprüche strotzen vor Kraft, andere lassen tief in das Innere der abgelichteten Frauen blicken. Manche haben sich die Verletzungen aufgeschminkt, die sie erfahren haben. Andere nehmen selbstbewusste Posen ein und schauen dem Betrachtenden direkt in die Augen. Alle zeigen sich in ästhetischer Kleidung. Die Bilder sind provokativ und berührend. Ein Blickfang, der wegschauen unmöglich macht.

Doch so schrecklich viele Frauenschicksale sind, auf die die Fotografien die Besucher stoßen, so positiv und lebensbejahend sind die Aussagen, die mit der Ausstellung selbst verknüpft sind. Dodo , Auszubildende im dritten Lehrjahr und Mitglied in der Band "Erleuchtung und Rufo", die den Abend musikalisch begleitet, ruft die Frauen im Publikum dazu auf, ihre Weiblichkeit zu feiern. "Seid stolz auf euch!" Auf das, was sie als Frauen leisten und auf ihre Stärke.

Aufrüttelnde Botschaften auf der Haut. (Foto: Leonhard Simon)

Dieser Apell resoniert mit den Konsequenzen, die das Atelier für sich aus dem Projekt zieht. Formuliert als Statuten sind sie in dem Ausstellungsflyer abgedruckt. Die Frauen wollen "weiblichen Mut besonders schätzen" und "sich als Hüterin von Freiheit und Demokratie verstehen". Dazu soll auch die Ausstellung anregen.

"Junge Frauen - friedensstiftende Politik", 25. November bis 9. Januar 2023, Rathaus Gröbenzell, Rathausstraße 5

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