Archive:Das Gedächtnis der Gemeinden

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Altes Einwohnerverzeichnis: ein Band des Melde- oder Personenstandsregisters im Stadtarchiv von Fürstenfeldbruck. (Foto: Günther Reger)

Nicht alles ist digital zu finden, und deshalb ist es manchmal schlauer, in kommunalen Archiven nach Hinweisen zu suchen.

Kommentar von Erich C. Setzwein

Wahrscheinlich jeder, der den 9. November 1989 erlebt hat, wird sich daran erinnern können, wo und wie er den Fall der Mauer erlebt hat. Vermutlich werden die Worte von Günter Schabowski, dem Sekretär für Informationswesen des SED-Politbüros, "Das tritt nach meiner Kenntnis ... ist das sofort, unverzüglich." ebenso nachhallen wie die kollabierenden Hochhäuser in New York am 11. September 2001. Solche Weltereignisse sind sauber dokumentiert, sie werden wissenschaftlich ausgewertet, sie bleiben auch medial bestehen. Aber was ist mit den Ereignissen vor der eigenen Haustür, in der Gemeinde, in der Stadt, in der man lebt? Wer passt auf, dass auch in Jahrzehnten oder Jahrhunderten Menschen die Möglichkeit haben, Entscheidungswege nachzuvollziehen, der eigenen Familiengeschichte nachzugehen oder durch Protokolle zu blättern, wann und warum Projekte gut wurden oder eben schiefliefen?

Nicht alles ist digital zu finden und auszuwerten, nicht jede Frage lässt sich mit einer Suche im Internet beantworten, und vieles ist es auch gar nicht wert, dass es aufgehoben wird. Diese Aufgaben, das Sichten und Sortieren, das Katalogisieren und die Aufbereitung für die interessierte Öffentlichkeit oder die Wissenschaft, obliegen den Frauen und Männern, die sich um die Archive in den Gemeinden und Städten kümmern.

Je nachdem, wer die Archive pflegt, können es Ansammlungen von verstaubten Kartons sein, oder es sind wohlgeordnete Aufbewahrungsorte. Die Arbeit wird meist Ehrenamtlichen übertragen, die ein Faible für die Heimatgeschichte - und alte Akten - haben, und die mit viel Verantwortung an die Sache gehen. Oft genug ergeben sich Forschungsthemen, und es ist für alle Interessierten ein Glücksfall, wenn etwa in Fürstenfeldbruck immer wieder aus Archivunterlagen wissenschaftlich publiziert wird, oder sich Gemeindearchive örtlichen historischen Vereinen öffnen. Denjenigen, die sich der Verantwortung stellen und größtenteils in Kellern öffentlicher Gebäude das Archivgut pflegen und bewahren, was vielleicht nicht gleich, aber sicher von den kommenden Generationen einmal nachgesucht werden wird, gebührt der Dank. Wer heute wissen möchte, was am 9. November 1989 oder am 11. September 2001 in seiner Gemeinde passiert ist, welche vielleicht weitreichenden Entscheidungen gefällt wurden oder was an diesen Tagen so wichtig war, dass man es aufheben muss, befragt statt der Suchmaschine lieber die Archivarin oder den Archivar im Ort.

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