Fürstenfeldbruck:Die große Lohde-Show

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Diesmal läuft es anders herum: Katrin Staffler überreicht Andreas Lohde einen Blumenstrauß, Alex Dorow (links) und Landrat Thomas Karmasin schauen zu. (Foto: Johannes Simon)

Die CSU inszeniert die Nominierung für die Oberbürgermeisterwahl multimedial und mit reichlich Brimborium. Die ÖDP schickt gleichzeitig Alexa Zierl ins Rennen.

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Das Ambiente ist passend: In den Säulensälen dieser Welt werden gern Häupter gekrönt, die im Zuge der Thronfolge an die Reihe kommen. So ähnlich wirkt es am Donnerstagabend im Säulensaal von Fürstenfeld. CSU-Ortsverbands- und Fraktionschef Andreas Lohde will Oberbürgermeister Erich Raff beerben. So einfach kommt die nächste Generation heutzutage natürlich nicht mehr an die Hebel der Macht, und deshalb wird Lohde von der CSU nominiert, wie sich das gehört - um bei der Wahl im März die Krone in den Ring zu werfen. Auch ohne Schleppe und Zepter ist es eine glanzvolle Veranstaltung.

Längst ist klar, dass der 49-jährige Lehrer der Fos/Bos keinen Gegenkandidaten zu fürchten hat. Alle im Saal stehen hinter ihm. Jedenfalls fast alle. Letztlich werden 52 Brucker CSU-Mitglieder abstimmen. Ein Stimmzettel wird ungültig sein, und die drei Gegenstimmen kann der CSU-Oberbürgermeisterkandidat verschmerzen. Wer will denn in einer funktionierenden Demokratie auch ganz ohne Gegenstimme mit einem nordkoreanisch anmutenden Ergebnis gewählt werden (wie jüngst Mitbewerber Christian Götz von der BBV)? Lohde ist schlagfertig und kommentiert das Ergebnis souverän: Den 48 Unterstützern wolle er gerecht werden, und die drei, die mit Nein gestimmt haben, "noch überzeugen".

Andreas Lohde bei der Vorstellung seines Programms. (Foto: Johannes Simon)

Für Lohde ist es der zweite Anlauf: Der in Fürstenfeldbruck geborene, verheiratete Vater von drei Kindern führt im Stadtrat die größte Fraktion an und ist Referent für Feuerwehr und Katastrophenschutz. Er trat 2014 bereits als OB-Kandidat an, scheiterte damals in der Stichwahl aber überraschend deutlich an Klaus Pleil von der BBV - der hatte Rückenwind durch das erfolgreiche Bürgerbegehren gegen die Bebauung des Viehmarktplatzes.

Diesmal soll es anders werden. Und der erste Siebenmeilenschritt ist die perfekt durchchoreografierte Multimedia-Show mit vielen Promi-Politgästen. Landrat Thomas Karmasin ist Wahlleiter. Gekommen sind zudem die Bundestagsabgeordnete Katrin Staffler, Landtagsabgeordneter Alex Dorow, Alt-OB Sepp Kellerer, OB Erich Raff und fast alle CSU-Stadträte. Der Landtagsabgeordnete Benjamin Miskowitsch ist nicht da, grüßt aber von der Leinwand -in einer mit dramatischer Musik unterlegten Präsentation, die auf eben jene Botschaft herausläuft, die Dritte Bürgermeisterin Birgitta Klemenz in ihrem Plädoyer in vier glasklare Worte fasst: "Andreas ist der Richtige". Der sei ein kompetenter, fleißiger, durchsetzungsfähiger und überparteilicher Netzwerker. Und weil das fast alle so sehen in der CSU, ist also die Multimediashow vorbereitet worden - offenbar zur Überraschung Lohdes. Wäre interessant gewesen, wenn sich doch noch ein Gegenkandidat gemeldet und damit das Drehbuch durcheinandergebracht hätte.

#Andreaslohdefürffb: Die Unterstützer machen schon mal klar, wie der Wahlkampf laufen soll. (Foto: Johannes Simon)

So aber sind Fotos zu sehen von Lohde im Brandbeobachtungsflugzeug, Lohde mit Söder, Lohde mit Christian Götz, Lohde bei der Ukraine-Kundgebung, Lohde bei der Gedenkfeier - die große Lohde-Show, absolut professionell gemacht. Im letzten Bild ist eine grob geschnitzte Holzfigur mit Hosenträgern zu sehen, die auf die Klosterkirche blickt. Lohde blickt oft aufs Brucker Wahrzeichen. Er trägt an diesem Abend feinen Zwirn. Aber er kann auch Hosenträger. Und er kann fein geschnitzte Rede.

Denn dass er auch reichlich Inhalt zu bieten hat, wird in der folgenden Dreiviertelstunde klar. Er macht deutlich, dass er die Sorgen der Brucker ernst nehmen und die Herausforderung an der Spitze der Stadt annehmen will. Er wolle "Fürstenfeldbruck noch mehr zur Lebensstadt machen, mit der man sich identifiziert".

Die Ziele sind klar: mehr hochwertiges Gewerbe ansiedeln - so auch am Fliegerhorst, die Weichen stellen für mehr Ein- als Auspendler und für den Aufbau einer Sicherheitswacht sowie für mehr Photovoltaikanlagen auf den Dächern städtischer Gebäude. Und das Klima im Stadtrat soll besser werden, die persönlichen Anfeindungen ein Ende haben, die Bürger umfassend informiert werden. Ergo: "Politik soll Spaß machen!" Das sei die Voraussetzung, dass sich junge Menschen für die politische Arbeit begeistern und die Menschen Angebote zur Teilhabe annehmen. Vereine und Ehrenamtliche werde er als OB fördern. Und er will neue Wege gehen, wie etwa bei Einheimischenmodellen im Geschosswohnungsbau oder bei der Verbesserung der Zugänglichkeit der Amper. Um 20.30 Uhr nimmt Andreas Lohde einen tiefen Schluck aus dem Wasserglas. Es ist halb voll. Und es ist vollbracht.

Auch die ÖDP kann mit namhaften Gästen aufwarten

Luftlinie kaum einen Kilometer entfernt werden kleinere Brötchen gebacken, zumindest was den Glamourfaktor betrifft: Ameisenstüberl, ohne Säulen. ÖDP-Stadträtin Alexa Zierl, die im 40-köpfigen Stadtrat mit Dieter Kreis eine Zweier-Fraktion bildet, wird wie zum Ausgleich ohne Gegenstimmen gewählt. Allerdings ist der Großteil der 20 Gäste nicht stimmberechtigt. Das Ergebnis: Vier Ja-Stimmen, eine Enthaltung. Polit-Stargäste gibt es hier ebenfalls: ÖDP-Landesvorsitzende Agnes Becker, die das Bienen-Volksbegehren mit initiiert hat, ist ebenso da wie Ex-FW-Stadtrat Franz Neuhierl und Karl Danke von der BBV. Und Markus Droth, OB-Kandidat der Freien Wähler, ist in seinem Wirtshaus quasi Gastgeber.

Das Bürgermeisterspiel soll nur der Anfang sein: OB-Kandidatin Alexa Zierl (Vierte von links) mit (von links) den Kreisräten Christian Holdt und Max Keil, der ÖDP-Landesvorsitzende Agnes Becker und Jürgen Loos vom ÖDP-Kreisvorstand. (Foto: Max Keil)

Alexa Zierl ist im Stadtrat, dem sie seit acht Jahren angehört, Referentin für Klimaschutz und Energie. Die 53-Jährige Mutter zweier Töchter lebt seit 20 Jahren in Fürstenfeldbruck. Sie verließ 2017 die Grünen und trat 2019 der ÖDP bei. Ende September war der erste Anlauf der promovierten Elektrotechnikerin, die im Stadtrat als größte Kritikerin von OB Erich Raff gilt, noch gescheitert, weil wegen Krankheitsfällen zu wenige stimmberechtigte Mitglieder gekommen waren.

Alexa Zierl verspricht, dass sie als Oberbürgermeisterin die darauffolgende OB-Wahl um drei Jahre vorziehen, also mit der Stadtratswahl wieder synchronisieren würde. Ihr großes Ziel sei es, jenseits des Stadtrats "Bürgerinnen und Bürger, von Jung bis Alt, Vereine, Unternehmen, ehrenamtlich Aktive" in die politische Arbeit einzubeziehen. Die Betreiberin eines Radltaxiservices, die selbst bei den Lebensmittelrettern aktiv ist, will Vereine und kleine ehrenamtliche Initiativen ohnehin stärker fördern. Die Botschaft müsse sein: "Wir sind die Politik!" Das soll durch bürgerfreundliche Online-Übertragungen aller Ausschusssitzungen unterstrichen werden. Die Kontakte zwischen Bürgern, Unternehmern und Stadt dürften sich nicht auf wenige Bürgerversammlungen oder Wirtschaftsempfänge beschränken. Vielmehr müssten die Menschen eingeladen werden, die Stadt auch im Zuge eher informeller Treffen mitzugestalten.

Zierl würde die starre politische Rollenverteilung gerne aufbrechen: Jede Fraktion könnte einen Stellvertreterposten bekommen und jeder dieser Stellvertreter eine Woche im Jahr die Amtsgeschäfte im Rathaus übernehmen. Die jeweiligen Fachreferenten sollten gestärkt werden und die Stadt auch mal bei Feiern und Eröffnungen vertreten. Folge: Der Oberbürgermeister wäre eher Mediator in Teilzeit.

Weitere Herzensanliegen: Klimaschutz, Barrierefreiheit, bezahlbarer Wohnraum, Kinderbetreuung. Ihr Eindruck sei, so Zierl, dass man als Stadt quasi "die Bremsen rausnehmen" und "die Türen aufmachen" müsse, "und wir dann zusammen ganz viel erreichen werden".

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Von Stefan Salger

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