Mehr als 5000 Delegierte bereiten noch bis 15. Juni in Bonn die 28. Klimakonferenz (COP) der Vereinten Nationen in Dubai vor. Mit dabei: eine junge Kottgeiseringerin, Alina Reize. Die 20-Jährige nimmt als akkreditierte Beobachterin für Jugend und Klima von 12. bis 15. Juni an den Zwischenverhandlungen teil. Die eigentliche CPO 28 findet dieses Jahr von 30. November bis 12. Dezember statt.
Die Zwischenverhandlungen spielen traditionell eine bedeutende Rolle. Sie bieten, wie Alina Reize erklärt, die Möglichkeit, wichtige Themen einzubringen, in ihrem Fall die Sicht der Jugend und auch die der indigenen Völker, die nur wenig zum Klimawandel beitragen, aber mit am stärksten darunter leiden. "Most Affected People and Areas" ist der Fachausdruck dafür.
Wegweiser im Klimaschutz
Beide Gruppen seien unterrepräsentiert und fänden bei den Verhandlungen kaum Gehör, sagt Reize, die Teil der Delegation von Janun (Jugend-Aktion Natur- und Umweltschutz Niedersachsen) ist. Die internationalen Konferenzen seien sehr wichtig, um "Wegweiser zu stellen", selbst wenn das, was beschlossen ist, nicht unbedingt eingehalten werde.
Die sehr eloquente junge Frau engagiert sich seit 2019 bei Fridays for Future - damals war sie 16 und besuchte das Brucker Viscardi-Gymnasium. Das Thema Nachhaltigkeit habe sie aber schon mit zwölf, 13 Jahren bewegt, sagt sie. Die Fürstenfeldbrucker Gruppe hat sie mitgegründet, die ersten Klimastreiks in der Kreisstadt mitorganisiert.
Es folgte ein Freiwilliges Ökologisches Jahr bei der Bund Naturschutz-Jugend. Voriges Jahr gehörte sie der Jury des Umwelt- und Klimapreises der Bürgerstiftung und der Süddeutschen Zeitung an.
Noch immer ist Reize ehrenamtlich in der Klimabewegung tätig, im Landesvorstand der BUND-Jugend Niedersachen, auf Bundesebene beim Arbeitskreis Klima, und auch noch immer als Delegierte der Ortsgruppe Fürstenfeldbruck von Fridays for Future. Zudem gehört sie der Jugend-Enquete-Kommission an, einem gemeinnützigen, ehrenamtlichen, bundesweit tätigen Verein, der sich für Jugend in der Politik einsetzt.
"Der Klimaschutz sollte über allem stehen", sagt sie, werde aber noch nicht ausreichend mitgedacht. Ihr gehe es darum, den Planeten so gut wie möglich zu hinterlassen. "Was mich antreibt, ist die Angst davor, was passiert, wenn wir nicht genug tun."
Die Fridays-for-Future-Bewegung habe viel erreicht, auch wenn noch immer nicht genug passiere. Aber das Thema sei in den Mittelpunkt gerückt. Das 1,5-Grad-Ziel noch zu erreichen sei eher unrealistisch, aber: "Es ist so viel mehr möglich um so viel mehr zu schaffen" - zum Beispiel müsse das Klimaschutzgesetz der alten Bundesregierung angepasst werden, wie es das Bundesverfassungsgericht angemahnt hat. Und die Erwärmung auf 1,6 Grad zu begrenzen sei eben viel besser als bei vier Grad zu enden.
Selbst lebt Alina Reize weitgehend vegan, sie fährt lange Strecken mit dem Zug, kurze mit dem Fahrrad, macht Urlaub mit Interrail. "Das sind aber persönliche Entscheidungen. Es ist total wichtig, die große Ebene zu sehen. In der Wirtschaft können viel mehr Treibhausgase eingespart werden."
Bei den Konzernen und der Landwirtschaft, aber auch bei manchen Menschen mit einem unverhältnismäßig hohem Treibhausgas-Ausstoß gebe es "viel Potenzial für Veränderungen. Eine echte CO₂-Steuer würde helfen."
Inzwischen studiert sie in Lüneburg Global Environmental and Sustainability Studies. "Das Studium verknüpft soziale und ökologische Themen", erklärt Reize. Denn die ökologischen Transformation müssten sozial abgefangen werden. Der englischsprachige Studiengang bildet interdisziplinär Vermittler mit dem Fokus auf die globalen Abläufe im Bezug auf die Erderhitzung aus.
Die Perspektive erweitert sich
Vom oberbayerischen Dorf in die niedersächsische Heide, das ist ein ziemlicher Schritt. Sie bereue ihn aber nicht, auch wenn sie natürlich Familie und Freunde vermisse. "Die Perspektive erweitert sich und ich kann viel Neues lernen."
Von der Teilnahme an den Zwischenverhandlungen in Bonn als Teil der Zivilgesellschaft erhofft sie sich Einblicke, wie so eine Konferenz abläuft, aber auch Kontakte mit Politikern.
Bei all der Beschäftigung mit der Klimakrise positiv zu bleiben, das ist nicht immer einfach. Hoffnung geben Alina Reize die Menschen, mit denen sie für den Klimaschutz zusammenarbeitet. "Aufgeben und nichts tun würde mich unglücklich machen." Ihr Appell und ihr Wunsch: Dass sich gemäß dem Motto "Global denken, lokal handeln" alle so gut es geht vor Ort engagieren, um den Klimaschutz voranzubringen.