Adventskalender für gute Werke:Viele kleine Hoffnungsschimmer

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Mit Hilfe der Leser konnte der SZ-Adventskalender für gute Werke auch heuer zahlreiche Menschen und Organisationen im Landkreis unterstützen. Gerade in schwierigen Zeiten können ihre Geschichten Mut machen

Von Florian J. Haamann,Ingrid Hügenellund Andreas Ostermeier, Fürstenfeldbruck

Geschichten, in denen die Redaktion auf das Schicksal notleidender Menschen aufmerksam macht, und SZ-Leser, die sie mit ihren Spenden unterstützen - es ist diese Kombination, die den Adventskalender für gute Werke der Süddeutschen Zeitung so besonders macht. Im vergangenen Jahr sind 8,2 Millionen Euro zusammen gekommen. Für diese große Hilfsbereitschaft gilt unseren Lesern ein großes Dankeschön. Wir verstehen das überwältigende Engagement auch als einen Auftrag: Weiter für die Menschen im Landkreis da zu sein, die dringend Hilfe benötigen - auch und vor allem in der Corona-Krise, die gerade ärmere Menschen vor besondere Herausforderungen stellt. Wie dringend nötig diese Unterstützung ist und wie viel selbst an sich kleine Zuschüsse bedürftigen Menschen bedeuten können, zeigt sich, wenn man kurz vor Beginn der Adventszeit noch einmal bei denjenigen nachfragt, denen das SZ-Hilfswerk in diesem Jahr geholfen hat. Es sind zwar nicht alle Probleme gelöst, oft nicht einmal die schlimmsten. Und doch hat die Hilfe der SZ-Leser den Betroffenen Momente, Stunden, Tage ermöglicht, die sonst nicht denkbar gewesen wären - Momente, die Kraft und Hoffnung geben. Unterstüzt worden sind dabei nicht nur Privatpersonen und Familien, sondern auch Einrichtungen wie das Café Zenja, die Koordinationsstelle Asyl und Migration der Caritas und die Teestube des KAP in Fürstenfeldbruck.

Endlich eine eigene Wohnung

Familie Ibo-Ahmed hat ein Jahr mit Widrigkeiten und Enttäuschungen hinter sich, das allerdings mit einem Erfolg geendet hat. Seit einer Woche wohnt die neunköpfige Familie in München. Dass sie die Asylunterkunft in Germering verlassen konnte, das habe sich durch mehrere Kontakte ergeben, erzählt Asylhelfer Peter Busch. Schon einmal war die Hoffnung auf eine eigene Wohnung groß. Die Familie hätte nach Minden in Nordrhein-Westfalen umziehen können. Doch die sogenannte Wohnsitzauflage verhinderte dies. Die Auflage, die die Familie im Landkreis hielt, ist mittlerweile ausgelaufen, so dass die syrische Familie umziehen konnte. Ein eigenes Bad, eine eigene Küche: Für die Eltern und ihre sieben Kinder hat sich einiges verbessert. In Germering hatte die Familie zwei übereinanderliegende Zimmer bewohnt. Beide Räume waren vollgestopft mit Stockbetten und Koffern, Rückzugsmöglichkeiten gab es ebenso wenig wie Platz für die Hausaufgaben der Kinder. Der Adventskalender schenkte der Familie ein Notebook. Das war der Wunsch von Kindern und Erwachsenen. Das Notebook (und dazu ein Drucker) sollte allen helfen, besser Deutsch zu lernen. Gerade in den Lockdown-Monaten haben die Geräte gute Dienste getan - und auch für den Umzug waren sie laut Busch sehr nützlich. Denn mit dem neuen Wohnort hat die Familie Ibo-Ahmed auch neue Behörden bekommen. Und die benötigen etliche Formulare und Urkunden, die ausgefüllt, kopiert und geschickt werden müssen. Freilich bereitet der Umzug auch Schwierigkeiten. So müssen sich die Kinder an neue Klassen gewöhnen und sich neue Freunde suchen. Für den 13 Jahre alten Nirosch bedeutet der Abschied von Germering auch den Abschied von seiner Fußball-Mannschaft. Er spielte beim SV Germering, so lange das in Corona-Zeiten noch möglich war. Sämtliche Verbindungen in den Landkreis sind allerdings nicht abgerissen. Die 20 Jahre alte Kasar kommt täglich aus München, sie macht eine Ausbildung zur Zahnarzthelferin.

Ausbildung im Krankenhaus

Eine Ausbildungsstelle im medizinischen Bereich hat auch Adeel Al-Qadhi gefunden. Auch der junge Flüchtling aus dem Jemen hat den Landkreis verlassen. Er arbeitet seit September im Kreisklinikum in Ebersberg. Vor einem Jahr war der heute 21-Jährige in Alling zu Hause. Versuche, im Brucker Klinikum eine Ausbildung zum Krankenpfleger machen zu können, hatten laut Ulrich Weindl, einem seiner Betreuer vom Asylhelferkreis, keinen Erfolg. Dazu machte die Corona-Pandemie Al-Qadhi das leben schwer. Um seine Deutschkenntnisse zu verbessern, hatte er in der Brucker Stadtbibliothek gelernt. Das fiel mit der Schließung der Bücherei im Frühjahr weg. In der Asylunterkunft aber fiel das Lernen nicht leicht, schließlich teilte Al-Qadhi sein Zimmer mit drei anderen Flüchtlingen. Wertvolle Dienste leistete dem jungen Mann aus dem Jemen das Notebook, das er aus den Spenden an den Adventskalender bekommen hat. Auch mithilfe dieses Geräts wurden Al-Qadhis Sprachkenntnisse so gut, dass er sämtliche Prüfungen bestand. Und noch eine Ausbildung absolvierte er erfolgreich. Der 21-Jährige darf sich Kulturdolmetscher nennen. Als solcher hilft er anderen Flüchtlingen, sich in Deutschland besser zurecht zu finden.

Familie bietet Hilfe an

Für Edna Amortegui hat das Jahr mit dem Umzug in eine eigene Wohnung begonnen. Sie lebt seit Anfang Januar bei dem Ehepaar Hanno Lang-Berens und Inge Berens in einer Einliegerwohnung in deren Puchheimer Haus. Das Ehepaar hatte sich auf den Artikel in der SZ über die junge Kolumbianerin gemeldet und ihr die günstige Bleibe angeboten. "Ich bin sehr glücklich mit der Familie", sagt Edna Amortegui. "Das Ehepaar ist sehr nett. Wenn ich etwas brauche, kann ich Bescheid sagen und bekomme Hilfe." Hanno Lang-Berens hat für die 29-Jährige sogar eine passende Stellenanzeige gefunden, für einen Ausbildungsplatz bei einer Puchheimer Firma, die auch in Südamerika tätig ist. Dass Amorteguis Muttersprache Spanisch ist, könnte ihr da helfen. In Kolumbien hat sie ein Wirtschaftsingenieurstudium absolviert, ihr Deutsch ist mittlerweile sehr gut. Nach dem Studium kam sie als Au-Pair-Mädchen nach München. Ein erster Schritt, um in Deutschland Fuß zu fassen und der schwierigen Situation in ihrem Heimatland zu entgehen. Als die Au-Pair-Stelle auslief, stand sie ohne Wohnung da, in München etwas Günstiges zu finden, erwies sich als unmöglich. Sie kam schließlich in einer Wohnung der Familie unter, bei der ihr Freund als Au-Pair tätig gewesen war. Doch die ist am Irschenberg, Amortegui hatte mittlerweile eine Stelle im Bundesfreiwilligendienst bei der Caritas in Fürstenfeldbruck. Die unsichere Situation und der dreistündige Arbeitsweg waren sehr anstrengend für die junge Frau. Nun lebt sie in Puchheim, ihre Bufdi-Stelle wurde verlängert, sie ist als Schulbegleitung tätig. Wenn sie den Ausbildungsplatz bekäme, könnte sie auch künftig ihre Familie finanziell unterstützen, sagt sie.

(Foto: SZ Grafik)

Von der Pandemie ausgebremst

Bei der Bürgerstiftung für den Landkreis war Silvia Ponath schon mitten in den Vorbereitungen für die vor zwei Jahren gegründete Deutschfreizeit. Doch dann kam der erste Lockdown und bei der Bürgerstiftung habe man schweren Herzens entschieden, das Projekt für dieses Jahr abzusagen. "Es hieß damals vom Kultusministerium, dass keine Schülerfahrten mehr stattfinden sollen und da sind wir auch angesiedelt. Jetzt hoffen wir, dass wir im Sommer 2021 weitermachen können", sagt Ponath. Die Deutschfreizeit richtet sich an Drittklässer und dauert insgesamt drei Wochen, eine in den Pfingst- und zwei in den Sommerferien. "Es wird viel wiederholt, was in diesem Jahr dran ist, die Grundlagen, die vielleicht noch nicht ganz so sitzen, Grammatik, Verbbildung, Satzstellung, Artikel, diese ganzen Dinge eben", beschreibt Ponath das Programm.

Die 29-Jährige Edna Amortegui (rechts)durfte in die Einliegerwohnung im Haus von Inge Berens in Puchheim einziehen. (Foto: Matthias F. Döring)

Dass die Freizeit gerade in diesem Jahr nicht stattfinden konnte, sei für die Kinder besonders unglücklich. "Die Lehrer haben uns erzählt, dass die Kinder seit dem ersten Lockdown richtig abgesackt sind. Zuhause wird oft nur die Muttersprache gesprochen, was ja total in Ordnung ist", erzählt Ponath.

Aktuell spiele man alle Optionen durch, wie die Deutschfreizeit im nächsten Jahr stattfinden könnte. Ein digitales Angebot sei dabei kein Ersatz, weil es vor allem um die Interaktion und das Beieinandersein gehe. "Es geht nicht nur um den Unterricht. Es wird auch gespielt und reflektiert, es gibt Abendrituale, ein Theaterstück. All das ist sehr wichtig fürs Lernen und kann die Kinder unheimlich fördern." Ponaths Hoffnung ist deshalb, dass sich die Lage entspannt und möglicherweise die Kinder vor Beginn getestet werden können. "Danach sind wir ja die ganze Woche wie in einer Blase unter uns." Aber es geht nicht nur ums hoffen, sondern vor allem ums machen. Deshalb ist für kommende Woche bereits die erste Konferenz mit mehr als 20 Lehrern angesetzt, bei der das Projekt erklärt wird. Die Lehrer können dann in ihren Klassen gezielt Kinder ansprechen, die für die Freizeit geeignet sind. "Wir haben gesagt, wir stoßen es jetzt einfach an. Absagen können wir immer noch kurzfristig", sagt Ponath.

© SZ vom 21.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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