"Für alle Lieben in der Welt":Immendorff-Ausstellung eröffnet im Haus der Kunst

Lesezeit: 1 min

Riesenbaby als Protest: Jörg Immendorffs „Für alle Lieben in der Welt“, 1966. (Foto: Jörg von Bruchhausen/Estate of Jörg Immendorff, Courtesy Galerie Michael Werner Märkisch Wilmersdorf, Köln & New York)

Im Haus der Kunst beginnt die erste große Überblicksausstellung nach dem Tod von Jörg Immendorff.

Von Evelyn Vogel

Womöglich wird diese Ausstellung "für alle Lieben in der Welt" von Jörg Immendorff das, was der im Sommer vorzeitig aus dem Amt geschiedene Direktor des Hauses der Kunst, Okwui Enwezor, nie so recht mochte: ein Blockbuster. Womöglich wird sie auch einfach nur besondere Aufmerksamkeit erfahren. In jedem Fall aber wird sie die Abschiedsausstellung des langjährigen Hauptkurators Ulrich Wilmes, der sich - wie dieser Tage vom Haus der Kunst bestätigt wurde - im November in den Ruhestand verabschiedet. Und sie ist die erste große Überblicksausstellung nach dem Tod des Malers Jörg Immendorff, der 2007 an den Folgen der Nervenerkrankung ALS starb.

Mit knapp 200 Werken (vor allem Gemälde, aber auch einige Skulpturen) spannt die Ausstellung im Münchner Haus der Kunst den Bogen von den Anfängen Immendorffs an der Akademie, unter anderem als Student von Joseph Beuys, bis in die späten Jahre, als er wegen seiner Erkrankung nicht mehr selbst den Pinsel führen konnte, sondern seine Assistenten dirigierte.

Dazwischen die künstlerischen Anti-Positionen der Sechziger- und Siebzigerjahre: Auflehnung gegen die kunsthistorische Tradition, die sich in Bildern wie "Hört auf zu malen" wiederfindet; seine gesellschaftspolitisch motivierten Arbeiten wie die gegen den Vietnamkrieg in Form der Riesenbabys (sie gaben der Ausstellung den Titel "Für alle Lieben in der Welt") oder die als "LIDL"-Aktion bekannt gewordenen Serien und die Agitprop-Arbeiten.

Dann Immendorff in den Achtziger- und Neunzigerjahren als Vertreter einer neuen Historienmalerei, der Beobachter der Teilung, der Visionär der Wiedervereinigung Deutschlands - herausragend der Zyklus "Café Deutschland", später die Gemälde der Serie "Café de Flore". Und schließlich, nachdem er 1998 die Diagnose ALS erhalten hatte, die späten, immer düsterer werdenden Arbeiten, bei denen der selbst zunehmend in den Mittelpunkt rückte: Selbstporträts der Selbstporträts.

Eingerichtet ist die Retrospektive nicht chronologisch, sondern in Kapiteln. Die Retrospektive von Jörg Immendorff wird an diesem Donnerstag, 13. September, um 19 Uhr eröffnet und wird schon wegen eines Gastredners besondere Aufmerksamkeit erfahren. Denn neben Kurator Ulrich Wilmes und der Bayerischen Kunstministerin Marion Kiechle spricht auch der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder, den Immendorff einst mit Hilfe seiner Assistenten für die Ahnengalerie der deutschen Bundeskanzler im Berliner Kanzleramt porträtierte.

Jörg Immendorff: Für alle Lieben in der Welt, Fr., 14.Sep., bis 27. Januar, Mo.-So. 10-20 Uhr, Do. bis 22 Uhr, Haus der Kunst, Prinzregentenstr.1.

© SZ Extra vom 13.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: