25 .000 Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine sitzen bereits in bayerischen Klassenzimmern, insgesamt 1120 Willkommensklassen gibt es derzeit. Im Landkreis sind es gut 20 Willkommensgruppen an Grund- und Mittelschulen, Gymnasien und an einer Realschule. Nach drei Monaten aber gilt für die geflüchteten Kinder und Jugendliche eigentlich die Schulpflicht - und nun hat der bayerische Kultusminister Michael Piazolo ein Konzept für das neue Schuljahr vorgelegt. Grundschüler sollen dann direkt in die Klassen eingebunden werden, an den weiterführenden Schulen aber werde es für die Fünft- bis Neuntklässler sogenannte Brückenklassen geben. Noch ist aber nicht geklärt, wer die Tausenden Schüler - in Bayern werden es wohl etwa 35.000 sein - unterrichten soll. Zwar sollen 1620 neue Stellen geschaffen werden, aber dass es schwierig werde, diese auch zu besetzen, sagt selbst der Kultusminister.
Aufruf auf Facebook
Im Landkreis sind aktuell (Stand 22. Juni) 425 ukrainische Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 15 Jahren registriert, 196 sind es zwischen 15 und 21 Jahren, heißt es aus dem Landratsamt. Allerdings sei die Fluktuation hoch. Zumindest die 425 bis 15-Jährigen müssten vom kommenden Schuljahr an dann entweder eine Grundschulklasse oder eine Brückenklasse besuchen - sofern die dafür notwendigen Lehrkräfte gefunden werden. "Das wird schwierig werden", befürchtet Hanne Singer, stellvertretende Leiterin des Camerloher-Gymnasiums in Freising. Schon die Suche nach den geeigneten pädagogischen Kräften für die zwei Willkommensgruppen, die es derzeit an der Schule gibt, habe sich äußerst schwierig gestaltet. Die Schulleiterin habe deshalb sogar einen Aufruf auf Facebook gestartet, der letztendlich erfolgreich war. Zehn externe Kräfte, darunter auch Ukrainerinnen und Ukrainer, und einige Lehrer der Schule betreuen nun seit Ende der Osterferien die beiden Gruppen mit jeweils 20 Kindern und Jugendlichen zwischen elf und 17 Jahren. Der Fokus liegt auf Deutsch.
Noch ungeklärt sei auch, welche weiterführende Schule im Landkreis welche Jahrgangsstufe im kommenden Schuljahr übernehmen werde, berichtet Singer. Brückenklassen seien Schulart-unabhängig, noch wisse man nicht, welche Jahrgangsstufe man betreuen werde. "Organisatorisch bedeutet das alles einen sehr großen Aufwand."
Keine freien Kapazitäten
Rein rechnerisch zumindest müssen mindestens zwölf Brückenklassen im Landkreis geschaffen werden, angesichts der prognostizierten Zahlen aber werden es wohl noch mehr sein. Zehn Stunden sollen diese ab Mitte September dann in Deutsch unterrichtet werden, neun Stunden in Mathematik und Englisch und mindestens vier Schulstunden sollen sie am regulären Unterricht teilnehmen. Die Frage, wer diesen Unterricht übernehmen soll, kann auch Kerstin Rehm, Kreisvorsitzende des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), nicht beantworten. "Alle Lehrkräfte, die wir haben, sind bereits eingesetzt." Freie Kapazitäten gebe es nicht. Dass nun neue Stellen geschaffen werden sollen, sei zwar schön, aber: "Der Markt ist leergefegt - und wir können uns nun mal keine neuen Lehrkräfte auf die Schnelle herbeizaubern", sagt Rehm. Im gerade sehr gesuchten Bereich "Deutsch als Zweitsprache" beispielsweise sei kaum noch jemand zu finden, was nicht erstaunlich sei.
"Es ist ein Notstand"
Eine Lösung könne sein, nun weiterhin Pensionäre anzuschreiben oder Lehramtsstudierende von der Uni einzusetzen. "Beides aber stellt eine Bankrotterklärung hinsichtlich der vollmundig angekündigten Bildungsoffensive dar", sagt Rehm. Der Lehrermangel sei nicht neu, schon seit Langem habe der BLLV immer wieder darauf hingewiesen. "Es ist von Seiten der Staatsregierung einfach nicht vorausschauend geplant worden, es ist nichts passiert. Das ist kein Zustand, es ist ein Notstand", kritisiert Rehm. Nun seien es wohl wieder die ohnehin bereits überlasteten Schulleitungen, die zusätzlich zu ihren vielen anderen Aufgaben mühsam Kräfte für die Brückenklassen suchen müssen.
Falls es aber bis Schuljahresbeginn nicht gelingen sollte, diese zu finden, dann müssten die ukrainischen Schüler gleich in die regulären Klassen integriert werden - eventuell mit Unterstützung der Lehrkräfte aus der Ukraine, die Deutsch sprechen. Die Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine müssten beschult werden, sie dürften nicht die Leidtragenden der Fehlplanung der Staatsregierung sein, sagt Rehm.