20 Jahre Forstzentrum:Fit für den Klimawandel

Lesezeit: 3 min

Mehrere Dürrejahre haben auch auf Naturwaldflächen Spuren hinterlassen. Abgestorbene Bäume werden, wie hier im Nationalpark Hainich in Thüringen, anders als in Wirtschaftswäldern aber nicht entfernt. Für Wissenschaftler sind sie deshalb auch aus diesem Grund besonders interessant. (Foto: Thomas Stephan/oh)

Etwa 600 Köpfe forschen am Campus in Weihenstephan an Hochschule, Uni und Landesanstalt zu den Themen Wald und Nachhaltigkeit. Das Zentrum Wald-Forst-Holz erleichtert ihnen die Zusammenarbeit und sucht den Austausch mit der Praxis.

Von Petra Schnirch, Freising

In der Waldforschung haben die drei Partner gezeigt, wie die so oft beschworene Zusammenarbeit der verschiedenen Institutionen in Weihenstephan funktionieren kann. TU München (TUM), Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) und Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF), am Campus nur einen Steinwurf voneinander entfernt, haben vor 20 Jahren das Zentrum Wald-Forst-Holz gegründet - die wissenschaftliche Arbeit hat davon profitiert.

Ein Beispiel dafür ist das Projekt "Dynamik und Anpassung der Naturwälder an den Klimawandel", kurz "Dank". In 14 Naturwaldreservaten in Bayern, außerdem in den Nationalparks Berchtesgadener Land und Hainich in Thüringen untersuchen die Wissenschaftler die Auswirkungen von Hitze und Trockenheit auf Waldflächen, in die der Mensch seit Jahrzehnten nicht mehr eingegriffen hat. Jede der drei Weihenstephaner Institutionen bringt ihre Expertise ein, mit dabei sind zudem vier Partner aus dem Bundesgebiet. Die Leitung des Projekts liegt bei Jörg Ewald, Professor für Botanik und Vegetationskunde an der HSWT.

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Er schätzt die "Kultur des Sich-Kennens", die Gespräche "auf Augenhöhe", die durch das Zentrum Wald-Forst-Holz gepflegt werden, etwa bei dem traditionellen Jahresempfang. Es sei ein "tolles Netzwerk" entstanden. Eine Kooperation würde teilweise wohl auch ohne das verbindende Forstzentrum funktionieren, sagt Ewald. Allerdings treffe man sich im Tagesgeschäft zu wenig. Man würde sich "vielleicht Konkurrenz machen, wo man sich ergänzen kann", gibt er zu bedenken. Die räumliche Nähe von Hochschule, Uni und Landesanstalt sei etwas Besonderes, etwas Einzigartiges, sagt auch Markus Schaller, Geschäftsführer des Forstzentrums. Etwa 600 Mitarbeitende beschäftigen sich hier mit den Themen Wald, Forst, Holz und Nachhaltigkeit. Da könne nicht jeder jeden kennen. Deshalb sei die Vernetzung so wichtig.

Mit dem auf drei Jahre angelegten "Dank"-Projekt, das im November 2022 gestartet ist, wollen die Forschenden die Frage beantworten, ob Naturwälder weniger stark auf den Klimastress reagieren als Wirtschaftswälder oder aber ob die Schäden auch dort so groß sind, dass die Lücken kaum noch auf natürliche Weise geschlossen werden können. Das Ergebnis sei offen, sagt Ewald. Es gehe darum herauszufinden, was dort wirklich abläuft, um "in aller Vorsicht" Schlussfolgerungen zu ziehen.

Für Forscher wie Jörg Ewald sind Naturwälder ein "großes Freilandexperiment", für viele der Flächen gibt es seit den Achtzigerjahren umfangreiche Aufzeichnungen. Deshalb geben sie Zeugnis von den schleichenden Veränderungen, weil dort Schäden, anders als in Wirtschaftswäldern, nicht aufgearbeitet werden.

Digitalisierung auf höchstem Niveau betreiben

Hier kommt nun die Stärke der einzelnen Partner zum Tragen. Ewald bezeichnet die LWF als "Hüterin der Naturwaldreservate", ihr obliege die kontinuierliche Aufsicht und Grundbetreuung der geschützten Wälder. Deshalb verfüge sie über vielfältige Daten. TUM-Professor und Klimaforscher Rupert Seidl bringe die Expertise für eine satellitengestützte Auswertung und die Analyse von Fernerkundungsaufnahmen mit. Hier sei man im Bereich von "Big Data", dafür müsse man Digitalisierung auf höchstem Niveau betreiben. Das Konzept für das Projekt hat Jörg Ewald entwickelt, Koordinator ist HSWT-Mitarbeiter Timo Pampuch.

Ein anderes Gemeinschaftsprojekt, das die Geschäftsstelle des Forstzentrums selbst angestoßen hat, will den erst vor Kurzem ausgewiesenen Naturwald in den Isarauen zwischen dem Münchner Norden und Landshut untersuchen. Die Wege zur Datenaufnahme wären also nicht weit. Es soll im Frühjahr starten, die beantragte Förderung muss vom Bundesbildungsministerium aber noch bewilligt werden.

Wichtig für die Klammer-Funktion des Zentrums ist eben diese Geschäftsstelle am Campus. Mit zweieinhalb festen Stellen ist sie bisher allerdings nicht besonders üppig besetzt. Den größten Teil der Personalkosten übernimmt die Forstverwaltung, einen kleineren die TUM. Die HSWT stellt die Räume. Leiter des Forstzentrums ist aktuell Klaus Richter, Professor für Holzwissenschaft. Die Leitung wechselt alle zwei Jahre. Als er vor zwölf Jahren an die TU München gekommen sei, habe es ihm das Zentrum sehr erleichtert, Kontakte zu knüpfen und das ganze Spektrum am Campus kennenzulernen, sagt Richter. "Sonst lebt jeder in seiner Hülse."

Im Wettbewerb um die besten Köpfe

Auch die Sichtbarkeit des Standorts nach außen, "im Wettbewerb um die besten Köpfe" unter den Studierenden, soll die Öffentlichkeitsarbeit des Zentrums verbessern, schildert Schaller. Das geballte Wissen soll aber auch in die Forstwelt, zu den Praktikern gebracht werden, mit Tagungen, regionalen Waldbesitzertagen, Ausstellungen, Veröffentlichungen und einem Newsletter. Auch auf Instagram und Youtube informieren die Wald-Experten mit Erfolg, um ein junges Publikum zu erreichen. Auf bis zu 40 000 Klicks kommen die Beiträge. Auch den Kontakt zur Politik suchen Geschäftsführer und Leiter regelmäßig.

Von der Arbeit der Plattform hätten schon viele profitiert, bilanziert Richter, es gebe einen "Geist der Zusammenarbeit", in anderen Fachbereichen sei diese Kultur deutlich weniger ausgeprägt. Was er sich wünscht, ist mehr Personal für die Geschäftsstelle, um Angebote wie eine Ringvorlesung ausbauen zu können. Eine Idee, die Geschäftsführer Schaller noch vorschwebt, ist eine Exkursion in die "Wälder der Zukunft" in Osteuropa.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusLabradoodle-Zucht
:Elf Welpen auf einen Streich

Labradoodles sind Kreuzungen zwischen Labrador Retriever und Pudel - und äußerst freundlich. Wie Züchterin Marion Mendel einen ungewöhnlich großen Wurf durchgebracht hat und wie sie nun zu Therapiehunden werden.

Von Kerstin Vogel, Marco Einfeldt und Birgit Goormann-Prugger

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: