Wasserwirtschaftsamt hat Pläne:Damit die Amper wieder fließt

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"Amper rhei" heißt das Projekt, das Naturschutz, Fischer, Landwirte und Hochwasserschutz vereinen soll. Beim Amperforum tauscht man sich aus.

Von Ingrid Hügenell, Freising

Die Amper soll wieder freier fließen. Der Fluss soll sich entwickeln und sein Bett selber suchen dürfen, wenigstens teilweise. Vom Ammersee bis zu ihrer Mündung in die Isar bei Moosburg legt die Amper 105 Kilometer durch die Landkreise Starnberg, Fürstenfeldbruck, Dachau und Freising zurück. Auf der Strecke liegen unter anderem zwei Kreisstädte und elf Wasserkraftwerke. Es gibt auch noch Bereiche, in denen der Fluss relativ frei fließen kann.

Das Wasserwirtschaftsamt München hat unter dem Namen "Amper rhei" ein Projekt ins Leben gerufen, in dem geregelt wird, wie dem Fluss, seinen Auen und den Tieren und Pflanzen mehr Raum gegeben werden kann. Amper rhei, das bedeutet: Amper fließt. Gleichzeitig sollen die Interessen der Menschen gewahrt werden: Schutz vor Hochwasser, Freizeit und Erholung an der Amper, Nutzung der Wasserkraft, Landwirtschaft. In Arbeitsgruppen wird seit Februar 2018 ein Konzept entwickelt, das vom kommenden Jahr an umgesetzt werden soll. Das Amt hat es nun erstmals vorgestellt.

"Gewässer brauchen Platz"

"Gewässer brauchen Platz. Wir als Menschen haben uns den Raum genommen", erklärt Stefan Homilius, stellvertretender Leiter des Münchner Wasserwirtschaftsamts. Der Fluss wurde begradigt, um Flächen für die Landwirte zu gewinnen, damit die wachsende Bevölkerung ernährt werden konnte. Auch seien so Krankheiten bekämpft worden, sagt Homilius. "Das war damals gesellschaftlicher Konsens." Dadurch sei jedoch die Natur im und um den Fluss sehr verarmt. "Nun geht es in die andere Richtung."

Das bedeutet zum Beispiel, dass Uferverbauungen entfernt werden. Die Steine werden zum Teil im Fluss belassen. Totholz soll ebenfalls im Fluss bleiben oder gezielt eingebracht werden. Durch die neue Dynamik können sich wieder Kiesbänke bilden, der Fluss gräbt sich nicht mehr so tief ein. Stellen, an denen das Wasser sehr schnell fließt, wechseln sich mit ruhigeren Zonen ab. Am Totholz können sich Insekten, Krebschen und junge Fische verstecken und entwickeln.

Flussauen sind vielfältige Lebensräume

Die Auen sollen stärker mit dem Fluss verbunden werden, etwa, indem man an geeigneten Stellen Überflutungen erlaubt, erklärt Jessica Schneider. Die Geografin leitet das Projekt des Amts. So entstehen wieder Lebensräume für eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen. Auen sind äußerst vielgestaltige Lebensräume. "60 Prozent der heimischen Vogelarten, 62 Prozent der Libellenarten und sogar 85 Prozent der Amphibienarten kommen in den Auen vor", erklärt Schneider. Gerade die Altwasser, von denen es an der Amper noch einige gebe, seien wichtig für die Artenvielfalt.

Aber auch Fischer, Landwirte, die Kommunen und die Betreiber der Wasserkraftwerke haben berechtigte Interessen. Vertreter all dieser Gruppen wurden zu zwei "Amperforen" eingeladen. In Arbeitsgruppen werden gemeinsam mit ihnen sowie mit Wissenschaftlern und Naturschützern Maßnahmen entwickelt, die von Ende kommenden Jahres an umgesetzt werden sollen. Für den Baustein Freizeit und Erholung sollen mit den Kommunen passende Lösungen gefunden werden. Hier sei das Ziel, den Fluss für die Menschen zugänglicher und attraktiver zu machen, im Einklang mit dem Schutz der Natur, erklärt Schreiber.

Wasserkraftwerke sollen fischfreundlich werden

Um die Nutzung der Wasserkraft naturverträglicher zu machen, sollen die Bauwerke, die Wanderungen von Fischen und anderen Tieren im Fluss unmöglich machen, überwindbar werden. Es geht aber auch um technische Innovationen.

Die Vision, die den Beteiligten für die Entwicklung zu einer nachhaltig intakten Flusslandschaft vorschwebt, klingt ambitioniert. Es sollen Lösungen entwickelt und mit Respekt für Mensch, Gewässer und Natur umgesetzt werden. An dieser Stelle, der Entwicklung von Lösungen, ist der Prozess gerade.

Das Interesse an der Mitarbeit sei groß, bis zu 18 Teilnehmer hätten sich für die einzelnen Arbeitsgruppen gemeldet, sagt Schneider. Während des gesamten Projekts sollen alle Interessensgruppen einbezogen und die Öffentlichkeit informiert werden. Die Umsetzung werde ein längerer Prozess über mehrere Jahre. Derzeit laufen für einige Pilotprojekte Schneider zufolge vorbereitende Gespräche, etwa im Bereich Freizeit und Erholung.

© SZ vom 09.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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