Landkreis Freising:"Auch stille Seen können gefährlich sein"

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Nach dem Badeunfall bei Kirchdorf mit zwei Toten warnt die Wasserwacht davor, die Gewässer im Landkreis zu unterschätzen und die eigenen Kräfte zu überschätzen.

Von Petra Schnirch, Freising

Auch die Gefahren kleiner Weiher sollte nicht unterschätzen, wer im Sommer Abkühlung sucht. Das hat der Badeunfall mit zwei Todesopfern an der Kieswasch bei Kirchdorf wieder vor Augen geführt. Trotz Reanimation starben zwei 38 und 47 Jahre alte Männer in der Nacht zum Sonntag im Krankenhaus. Warum sie im Wasser untergingen, dazu konnte das Polizeipräsidium Oberbayern-Nord am Montag noch keine Angaben machen. Derzeit werden die Bekannten befragt, die mit den beiden am Weiher gefeiert hatten.

Die Wasserwacht im Landkreis schiebt an den Wochenenden zwischen Mitte Mai und Mitte September bei schönem Wetter regelmäßig Dienst, möglich ist das allerdings nur an den größeren Badeseen wie Stoibermühle, Mühlsee oder Kranzberger See. Selbst für gut ausgebildete Wasserwachtler ist es oft nicht einfach zu erkennen, wenn ein Schwimmer, eine Schwimmerin in Not gerät. Anders, als man es aus vielen Filmen kennt, "gehen die Leute oft still unter", schildert Sabrina Rasp, stellvertretende Vorsitzende der Wasserwacht Neufahrn. Bei einem Schwächeanfall hätten sie gar nicht mehr die Kraft, um Hilfe zu rufen.

Badegäste sollen Beobachtungen melden

Am Mühlsee ist die Neufahrner Wasserwacht an den Wochenenden und an Feiertagen jeweils mit vier Aktiven - Wachleiter, Rettungsschwimmer, Bootsführer und Sanitäter - vertreten, die Freisinger Kollegen tun ebenfalls mit je vier Mitgliedern Dienst an der Stoibermühle und mit zwei im Fresch. Sie behalten die Wasserflächen im Blick, wichtig sei aber auch, dass andere Badegäste Beobachtungen melden, sagt Andreas Dörner, Vorstandsmitglied der Freisinger Wasserwacht.

Er war am Samstagabend als Einsatzleiter an der Kieswasch. Was zu dem Unglück bei Kirchdorf geführt hat, darüber wolle er nicht spekulieren, sagt er. Generell gilt: Teilweise überschätzten Badegäste ihre Kräfte und ihr Können, mitunter auch nach zu viel Alkoholgenuss - oder sie unterschätzten ein Gewässer. "Auch stille Seen können gefährlich sein", erklärt Dörner. Der Hitze-Kälte-Unterschied könne sich ebenfalls negativ auf die Schwimmfähigkeit auswirken. Den gleichen Effekt könnten kalte Strömungen haben, sagt Sabrina Rasp.

Ruhe bewahren und nicht rumstrampeln

Wichtig sei, sich in Notsituationen rechtzeitig bemerkbar machen, schildert Dörner. Man sollte Ruhe bewahren und nicht rumstrampeln - auch wenn er weiß, dass das "leicht gesagt ist", wenn man in Panik gerät.

Und was sollte man tun, wenn man bemerkt, dass jemand anderer in Schwierigkeiten gerät? Wolle man nicht auf die Helfer und Helferinnen der Wasserwacht warten, sollte man sich beispielsweise am Strand ein Badetier schnappen und mitnehmen, um es dem Hilfesuchenden hinzuschieben, sagt Dörner. Ähnlich mache es auch die Wasserwacht mit ihren Baywatch-Bojen. Ohne ein solches Hilfsmittel könne ein Rettungseinsatz sehr gefährlich sein, wenn der Ertrinkende nach dem Helfer greife und ihn nach unten drücke. "Wir gehen niemals ohne Sicherung raus", sagt Dörner, auch bei dem Einsatz in der Kirchdorfer Kieswasch nicht.

Besonders tragisch bei diesem Fall: Zunächst ging ein 38-Jähriger unter, drei seiner Freunde sprangen ins Wasser, um ihm zu helfen. Es gelang ihnen zwar, den Mann an Land zu bringen - einer der Retter aber versank ebenfalls im Weiher. Ein Mitglied der Freisinger Wasserwacht aus Kirchdorf, der am schnellsten vor Ort war, entdeckte den 47-Jährigen dann am Grund des Gewässers. Die Freiwillige Feuerwehr sicherte ihn bei der Suche mit einer Leine.

In Gesprächen werden Einsätze aufgearbeitet

Seit 25 Jahren ist Andreas Dörner bei der Wasserwacht dabei. Einmal konnte er einen Ertrinkenden retten, als er privat an der Stoibermühle war. Anders war dies am Samstag. Er versuche einen solchen Schicksalsschlag nicht mit nach Hause zu nehmen, schildert er. In Gesprächen würden solche Einsätze aufgearbeitet, bei Bedarf stehe auch eine psychologische Betreuung zur Verfügung. Die Aktiven sind gut geschult. Die Freisinger absolvierten 2021 insgesamt 1108 Stunden für Aus- und Fortbildungen, 29 Trainings (461 Stunden) und 60 Wachdienste (1195 Stunden). Insgesamt leisteten sie etwa 5500 Stunden, inklusive aller Dienste.

Nachwuchsprobleme haben weder die Freisinger noch die Neufahrner Wasserwacht. Im Gegenteil: Die Nachfrage sei enorm, sagt Rasp. Die Ortsgruppe könne gar nicht alle Jugendlichen aufnehmen, weil beim Training mittwochs im Neufun nur zwei Bahnen zur Verfügung stünden. Mit 50 bis 60 Aktiven sei die Neufahrner Wasserwacht "sehr gut aufgestellt". Ähnlich ist die Situation in Freising. Ein- bis zweimal im Monat habe man Dienst, sagt Dörner, hinzu kämen die Bereitschaften der SEG, der Sondereinsatzgruppe, die auch am Samstag angefordert worden war.

Wichtig ist wohl vor allem der Respekt vor dem Wasser. Sie sei eine gute Schwimmerin, sagt Sabrina Rasp, aber sie gehe nie allein zum Schwimmen. Außerdem sollte man nicht überhitzt ins Wasser gehen - und die gute alte Regel beachten, sich nicht kurz nach dem Essen in das kühle Nass zu stürzen.

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