SZ-Adventskalender:Raus aus der Isolation

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Herr M. hat alles verloren, wofür er hart gearbeitet hat

Herr M. hatte eine schwierige Kindheit und Jugend. Schon in sehr jungem Alter zog er deshalb weg. Seit mehr als 25 Jahren lebt er nun schon in großer Entfernung zu seiner Familie.

Er baute sich ein neues, eigenes Leben auf: Er hatte eine Arbeit, die ihm Spaß machte, richtete sich eine kleine Wohnung ein und machte den Führerschein. Er hatte Kollegen, gute Bekannte, Hobbys. Herr M. hoffte auf eine ruhige Zukunft ohne die vielen Aufregungen, die ihn dauerhaft während seiner Kindheit und Jugendjahre begleitet hatten. Die Distanz zu seiner Familie tat ihm zunehmend gut - er konnte einer sicheren Zukunft entgegensehen.

Dann aber stand eine große Familienfeier an. Er wollte seiner Familie zeigen, dass er es geschafft hatte, sich ein eigenes, gutes Leben aufzubauen und fuhr zu seiner Familie. Entgegen seiner Befürchtung wurde er gut aufgenommen - und gab seine Vorsicht auf. Dass das ein großer Fehler gewesen war, zeigte sich erst einige Monate später: In seinem Namen und mit seinem Kontozugang waren sehr große Einkäufe getätigt worden. Er versuchte zwei Jahre lang, den Sachverhalt innerhalb seiner Familie aufzuklären. Er hoffte, dass diese die Verantwortung für die offenen Rechnungen übernehmen würde, was sie aber nicht tat. Im Laufe der Zeit wurden die Forderungen an ihn immer höher. Herr M. konnte sie nicht mehr begleichen, wegen der inzwischen erfolgten Schufa-Eintragungen erhielt er aber keine Kredite mehr. Schließlich musste Herr M. Privat-Insolvenz anmelden. Er verlor alles, wofür er so hart gearbeitet hatte: die Wohnung, das Auto - und schließlich sogar seine Arbeit.

(Foto: SZ)

Herr M. wurde krank, körperlich und psychisch. Er suchte viele Ärzte auf, machte psychosomatische stationäre Therapien. Aber er schaffte es nicht, die große Ungerechtigkeit, die ihm widerfahren war, zu verarbeiten und eine positive Einstellung für die Zeit nach der Insolvenz zu entwickeln. Sein Vertrauen in eine gute Lebensgestaltung war zerbrochen. Nach zwei Arbeitsversuchen, denen er sich nicht gewachsen fühlte, beantragte er eine Erwerbsminderungsrente.

Seit einigen Jahren lebt er nun sehr zurückgezogen, er versucht, seine angegriffene Gesundheit wieder in den Griff zu bekommen. Herr M. hat weder ein Handy, noch Festnetz oder Internet: Der Zugang zur Außenwelt ist im momentan nicht möglich. Eigentlich aber verfügt er noch gute Kenntnisse aus seinem Berufsleben und könnte mit der Außenwelt, die ihn so beängstigt, zumindest wieder einen virtuellen Kontakt aufnehmen.

Der "Adventskalender für gute Werke" der Süddeutschen Zeitung würde Herrn M. gerne mit einer Spende auf seinem Weg in ein neues Leben unterstützen. Er soll nach der langen, durch die Coronakrise noch einmal verstärkten Isolation endlich wieder Anschluss finden, um neuen Lebensmut zu gewinnen. Er soll sich ein neues Laptop, Handy und einen Internetzugang finanzieren können.

© SZ vom 27.12.2021 / regu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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