SZ-Adventskalender:Armut macht krank - Krankheit macht arm

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Das Risiko, in Armut zu leben, ist für Alleinerziehende grundsätzlich groß. Kommt dann noch eine Krankheit dazu, kann das schnell zu einer finanziellen Notlage führen. (Foto: Marcel Kusch/dpa)

Frau S. kann wegen ihres kranken Kindes nicht arbeiten, die kleine Familie lebt vom Bürgergeld. Mittlerweile ist auch Frau S. erkrankt. Frau W. dagegen muss wegen ihrer Krebserkrankung ihren kleinen Betrieb aufgeben - inzwischen reicht ihr Geld kaum mehr zum Überleben.

Von Gudrun Regelein, Freising

Armut macht krank, denn sie belastet die Psyche. Sie kann aber nicht nur seelisch, sondern auch körperlich krank machen. Finanzielle Not, beengte Wohnverhältnisse, die zermürbende Perspektivlosigkeit zeigen Folgen. Ebenso kann eine Krankheit in die Armut führen, gerade wenn deshalb eine Berufsausübung nicht mehr möglich ist.

Susanne Noller von der Kirchlichen Allgemeinen Sozialarbeit (Kasa) der Diakonie Freising betreut in ihrer Beratung Menschen, die in diesem fatalen Kreislauf stecken. Wie Frau S., eine alleinerziehende Mutter, die durch ihre und die Krankheit ihres Kindes in extreme finanzielle Nöte geraten ist. Ihr fünfjähriges Kind hat einen Tumor, der zu schwerwiegenden körperlichen Folgen führt. Dazu kommen schwere Verhaltensauffälligkeiten. Das bedeutet für die Mutter, die selber gesundheitlich schwer angeschlagen ist, eine Rund-um-die Uhr-Betreuung. Auf sich und ihre eigenen Bedürfnisse nimmt Frau S. keine Rücksicht, sie gönnt sich keine Auszeit. Ihre eigene Gesundheit vernachlässigt sie. "Selbstfürsorge kennt sie nicht. Sie steht immer unter Stress", berichtet Noller.

(Foto: SZ)

Inzwischen leidet die alleinerziehende Mutter unter Diabetes. Sie hat keine Energie mehr. Rechnungen bleiben ungeöffnet liegen, die finanzielle Situation spannt sich immer mehr an. Eigentlich bräuchte ihr Kind für den Alltag verschiedene Pflegehilfsmittel, die Krankenkassen aber übernehmen dafür nicht die Kosten. Wie Frau S. diese bezahlen soll, weiß sie nicht. Sie selbst sollte wegen ihrer Diabeteserkrankung eigentlich auf ihr Essen achten, aber eine ausgewogene, gesunde Ernährung kann sie sich nicht leisten. Frau S. besucht schon lange die Tafel in Freising, um gespendete Lebensmittel abzuholen - das ist allerdings wegen des großen Ansturms nicht mehr wie früher wöchentlich, sondern nur noch alle zwei Wochen möglich.

Frau S. ist nicht berufstätig, das geht wegen des Kindes nicht. Die kleine Familie lebt vom Bürgergeld. "Eigentlich ist es gar nicht möglich, damit ihr Leben zu finanzieren", sagt Noller. Alle möglichen staatlichen Unterstützungen hat Frau S. mittlerweile schon beantragt. Aber die Bearbeitung dauert sehr lange - und das bedeutet für die ohnehin überlastete Frau zusätzlichen Stress. Eine Auszeit - ein kurzer Caféhausbesuch beispielsweise - sind ihr nicht möglich. Zum einen wegen des Kindes, das derzeit keinen Kindergarten besuchen kann, zum anderen fehlt ihr dafür einfach das Geld. "Es ist ein Wahnsinn, was sie leistet", sagt Noller.

Die Krankheit veränderte das Leben komplett

Bei Frau W. - auch sie ist eine alleinerziehende Mutter - führte dagegen die Krankheit in die Armut. Frau W. ist schon lange Zeit an Krebs erkrankt, sie hat dennoch versucht, ihr kleines Unternehmen, eine Wäscherei, am Leben zu erhalten - irgendwann ging das aber nicht mehr. Seit sie kein Krankengeld mehr bekommt, leben sie und ihre beiden Kinder vom Bürgergeld und einer sehr geringen Erwerbsminderungsrente.

"Diese Krankheit hat das Leben der Familie komplett verändert - sie sind jetzt an einem ganz anderen Punkt angelangt", sagt Noller. Was früher eine Selbstverständlichkeit war - wie der Kinobesuch der Kinder - ist heute eine absolute Ausnahme. Frau W. ist auch deshalb psychisch belastet, die extrem angespannte finanzielle Situation hinterlässt Spuren. Bevor die Kinder auf etwas verzichten müssen, ist es immer die Mutter, die verzichtet, sagt Noller. "Die Kinder sollen - soweit möglich - ein relativ normales Leben haben."

Die Kasa sei Anlaufstelle für Menschen in schwierigen Lebenslagen, es gebe viele Themen - immer neue kommen dazu, berichtet Noller. Viele Klienten leiden beispielsweise unter einer Lebensmittelunverträglichkeit, sie können sich wegen der zuletzt stark gestiegenen Preise die Lebensmittel, die sie eigentlich bräuchten, nicht leisten. Die Krankenkassen aber übernehmen dafür die Kosten nicht.

"Die Zahl der Klienten bei uns steigt, die Warteliste wird länger", berichtet Noller. Die dringendsten Fälle - existenziell bedrohliche Situationen - werden vorgezogen. In extremen Notlagen werde mit Stiftungs- und Spendengeld eine schnelle und unbürokratische Hilfe geleistet. Auch der "Adventskalender für gute Werke" der Süddeutschen Zeitung möchte Menschen in Not, wie die beiden alleinerziehenden Mütter Frau S. und Frau W., in ihrer schwierigen Situation unterstützen.

So können Sie spenden:

Adventskalender für gute Werke der Süddeutschen Zeitung e.V.

Stadtsparkasse München

IBAN: DE86 7015 0000 0000 600700

BIC: SSKMDEMMXXX

www.sz-adventskalender.de

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