Starker Befall:Borkenkäfer-Alarm: Bäume raus aus dem Wald

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Obwohl es kühler geworden ist, raten Experten zu regelmäßigen Kontrollen der Wälder: Der Borkenkäfer ist stark in die Saison gestartet. (Foto: dpa)

Dank des warmen, trockenen Wetters hatten die Schädlinge zuletzt ideale Bedingungen. Trotz der derzeitigen Verschnaufpause raten Experten, regelmäßig zu kontrollieren und befallene Exemplare sofort zu entfernen.

Von Laura Dahmer, Freising

Die vergangenen Tage waren mal wieder kühler und nasser, und auch für die nächste Zeit ist Regen angesagt. Für die meisten keine schöne Nachricht, Waldbesitzer und Förster aber lässt das etwas aufatmen. Denn der Borkenkäfer, der seit April wieder unterwegs ist und eine Gefahr für Fichten darstellt, kann am besten bei warmen Temperaturen und Trockenheit brüten und sich vermehren. Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) und die Freisinger Förster appellieren trotzdem, von sofort an wieder regelmäßig auf die Suche zu gehen.

"Der Borkenkäfer ist stark in die neue Saison gegangen", beurteilt Ralf Petercord, Leiter der Abteilung Waldschutz bei der LWF. Was jetzt in den Freisinger Wäldern herumfliegt, ist die dritte Generation des vergangenen Jahres. Die ausgewachsenen Käfer haben unter den Baumrinden befallener Bäume überwintert und sind jetzt in ihre ersten Flüge gestartet. Dabei suchen sie neue Fichten, um ihre eigenen Nachkommen, die erste Generation dieses Jahres, zu brüten. Sechs bis zehn Wochen später, je nach Witterung, sind die neuen Larven voll entwickelt. Für die Brut haben die Borkenkäfer gerade gute Aussichten: Denn das zuletzt warme, trockene Wetter hat die Fichten geschwächt. Ihr Abwehrmechanismus gegen die Käfer, die Bildung von Harztröpfchen, funktioniert bei diesen Bedingungen nicht gut. Einmal befallen, sind die Bäume nicht mehr zu retten, letzten Endes sterben sie ab.

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Waldbesitzer sollen trotz des Regens kontrollieren

Trotz der kurzen Verschnaufpause durch den Niederschlag rät der staatliche Förster Hans Helmut Holzner, der für den nördlichen Bereich des Landkreises zuständig ist: "Waldbesitzer sollten auch jetzt einmal wöchentlich auf Fangkontrollen gehen." Denn im Moment seien 50 bis 60 Prozent mehr Schädlinge unterwegs als sonst. Ein Borkenkäferbefall, betont Holzner, sei grundsätzlich nicht zu verhindern und an sich auch nicht weiter beunruhigend - solange umgehend darauf reagiert werde. "Die Katastrophe, wenn befallene Bäume nicht entfernt werden, die ist hausgemacht." Was haben die Waldbesitzer also nun zu tun? "Bäume suchen, finden, schlagen und aus dem Wald entfernen", bringt es Petercord von der LWF auf den Punkt. Dabei ist ihm wichtig: "Die schon toten Bäume, die aus dem vergangenen Jahr noch stehen, sind jetzt erst einmal egal."

Gefahr gehe von den frisch befallenen Bäumen aus. Den Befall durch die vier bis fünf Millimeter großen Schädlinge erkennt man an dem Bohrmehl im unteren Stammbereich, das bei der Brutanlage ausgeworfen wird. Und dann heißt es rasch zu reagieren. Denn die Tiere vermehren sich schnell und exponentiell. Aus einem Borkenkäfer können laut Petercord leicht bis zu 100 000 neue entstehen.

Auch von gefällten Bäumen geht Gefahr aus

Da auch von einem gefällten Baum noch Gefahr ausgeht, empfiehlt Petercord den Abtransport in eine Holzlagerstätte. "Von dort aus kann man das Holz dann weiterverkaufen." Wie gut das geht, hängt von der jeweiligen Situation des Holzmarktes ab. Dem gehe es in Freising im regionalen Vergleich zwar gut, sagt Josef Denk, Vorsitzender der Waldbesitzervereinigung des Landkreises (WBV). Nichtsdestotrotz ist die Lage angespannt. Wer sein Holz deshalb nicht verkauft bekommt und es auch nicht schnell genug aus dem Wald bringen kann, hat trotzdem Optionen. "Zur Not kann man das Holz im Wald lagern und unter dem richtigen Einsatz von Insektizid behandeln", erklärt Petercord.

In den vergangenen vier Jahren beobachten die Experten eine Verschärfung der Borkenkäferproblematik, im vergangenen Jahr verursachten die Insekten in Bayern eine Schadholzmenge von 4,5 Millionen Festmetern. "Es war die größte Plage seit Ende das Zweiten Weltkriegs", so Ralf Petercord. Wie kritisch es in diesem Jahr wird, lässt sich aber nicht sagen. "Das Ausgangspotenzial für eine Gefährdungssituation ist hoch, aber alles andere gleicht dem Blick in die Glaskugel", sagt Holzner. Es hänge an den Waldbesitzern: Solange die befallenen Bäume rechtzeitig aus dem Wald entfernt würden, ließe sich die Situation im Griff behalten. Beim LWF gibt es in der Borkenkäfersaison deshalb sogar immer wieder Stellenausschreibungen für Fachleute, die dann in bestimmten Waldgebieten regelmäßig kontrollieren.

Die aktuelle Ausbreitung der Borkenkäfer lässt sich für die Region Bayern beim Borkenkäfermonitoring der LWF verfolgen, zu finden unter borkenkaefer.org.

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