Einblick ins Stadtmuseum:Wirtshauskultur in Freising

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Womöglich hat die Kappe dem Freisinger Weichselbaumwirt gehört. (Foto: Sigrun Lenk; Römer/Stadtmuseum)

Das Bild zeigt Männer des Bürgervereins beim geselligen Beisammensein im Weichselbaumwirt.

Von Peter Becker, Freising

"100 Einblicke in das Freisinger Stadtmuseum", so lautet der Titel des 45. Sammelbandes des Historischen Vereins Freising. Er gibt mit ausgewählten Objekten einen Überblick über die vielfältige Sammlung des Stadtmuseums, die mehr als 6000 Objekte aufweist. Die Publikation zeigt einen Querschnitt durch die Freisinger Geschichte von der Steinzeit bis zur Gegenwart. Mit Vorfreude blickt der Historische Verein der Eröffnung des neuen Stadtmuseums entgegen, wenn diese Fundstücke wieder aus dem Depot ans Licht geholt werden. Einen Vorgeschmack darauf bietet eine Serie der SZ Freising , in der ausgewählte Exponate vorgestellt werden. Heute: Ölgemälde mit dem Bürgerverein beim Weichselbaumwirt.

Johann Pezzl (1756-1823) war ein antiklerikaler Aufklärer. Der in Mallersdorf in Niederbayern geborene Sohn eines Klosterbäckers wurde seinerzeit gar mit dem großen Philosophen Voltaire verglichen. Pezzl ging im Freisinger Lyzeum zur Schule. Der spätere Schriftsteller schrieb in seiner 1784 erschienenen Reise durch den Bairischen Kreis eine boshafte Bemerkung über Freising. "Das höchste Gut eines Freysingers", zitiert ihn Günther Lehrmann, Vorsitzender des Historischen Vereins, im aktuellen Sammelblatt, sei ein "unversiegender Bierkrug, und ein ungestörter Müßiggang".

Der Eindruck, den das Ölgemälde auf Kupferblech vermittelt, scheint diese Boshaftigkeit auf den ersten Blick zu bestätigen. Für Lehrmann stellt es aber ein "liebenswürdiges Zeugnis" der bürgerlichen Geselligkeit und Freisinger Wirtshauskultur im frühen 19. Jahrhundert dar. Gemalt haben soll es Ignaz Frey d.Ä. um 1827. Zu sehen sind darauf zwölf Männer in der einfach eingerichteten Gaststube des Weichselbaumwirts. Das Wirtshaus befand sich von 1772 bis 1876 dort, wo sich heute der Platz um den Roiderjacklbrunnen befindet.

Bei den zwölf Männern handelt es sich laut Lehrmann um eine Zusammenkunft des Freisinger Bürgervereins, der sich vermutlich 1825 zum ersten Mal zusammengefunden hat. Ein Mal in der Woche sollten die Mitglieder zusammenkommen, um sich in geselliger Runde zu unterhalten und "bürgerliche Angelegenheiten" besprechen. Vor den Männern stehen Bierkrüge aus Glas und Zinndeckel. Den lebendigen Gesten könne man entnehmen, dass sie eifrig miteinander diskutierten, schreibt Lehrmann. "Dem Müßiggang scheinen sie nicht zu frönen", urteilt der Vorsitzende des Historischen Vereins Freising.

Mit am Tisch befinden sich auch zwei Frauen. Die eine ist wohl die Wirtin, bei der anderen dürfte es sich um eine Bedienung handeln. Lehrmann mutmaßt, dass es aufgrund der lebendigen Gesichtszüge zur Entstehungszeit des Gemäldes möglich gewesen sei, die Personen zu identifizieren. Ihre Kleidung lasse auf wohlhabende Handwerksmeister schließen. "Der Maler hat nicht nur die Gesprächssituation bildhaft dargestellt, sondern auch die Atmosphäre in der Wirtsstube mit ihrem Licht- und Schattenspiel", urteilt Lehrmann. Die Bildtafel geriet spätestens unter dem Museumsleiter Karl Fellerer (amt. 1906-1947) in die Sammlung des Museums.

Für Verwirrung sorgt eine Inschrift auf der Rückseite der Gemäldetafel. Sie lautet: "Der Bürgerverein beim Weichselbaum, errichtet an(n)o 1825. reno(viert): an(n)o 1827." Demzufolge wäre das Gründungsjahr des Bürgervereins 1825 gewesen. Diese Jahreszahlen widersprechen aber der 1878 vom Freisinger Kunstmaler Albert Kromer gemalten Vereinsfahne zum 50-jährigen Bestehen des Bürgervereins.

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